Kommentar Chinesisch-tibetischer Dialog: Nur Reden reicht nicht

Peking spricht mit der "Dalai Clique" und das IOC kann aufatmen. So positiv die Ankündigung von Gesprächen auch ist, ihr Inhalt und Verlauf sind noch völlig offen.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die Sponsoren der Olympischen Spiele in Peking können aufatmen: Am Freitag hat Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua Gespräche der Regierung mit Vertretern des Oberhaupts der tibetischen Buddhisten angekündigt. Sie sollten "in Kürze" stattfinden. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung. Viele Regierungen und Institutionen hatten Peking in den letzten Wochen zum Dialog mit dem Dalai Lama aufgefordert. Lange schien es, als könne Peking es sich gerade in dieser wichtigen Zeit vor den prestigeträchtigen Spielen nicht leisten, dem Druck nachzugeben; dies käme einem besonderen Gesichtsverlust gleich.

Jetzt ermöglicht der Schritt Chinas Regierung, den internationalen Druck zu reduzieren und sich positiv darzustellen. Nicht zufällig erfolgte die Ankündigung beim Besuch der EU-Kommission in China. Pekings Schritt ist auch insofern bemerkenswert, als die sogenannte Dalai-Clique von der Propaganda zum Alleinschuldigen aller Probleme in Tibet gestempelt worden war. Diese Flexibilität aufseiten Chinas ist Balsam für all jene, die wie das IOC oder die Sponsoren in letzter Zeit wegen ihres Einsatzes für die Pekinger Spiele in die Kritik geraten waren. Auch die Sportler dürften es begrüßen, dass der politische Druck abnimmt und der Sport stärker in den Vordergrund rückt.

Doch beweist die jetzige Ankündigung, dass die Olympischen Spiele einen Beitrag zu Völkerverständigung und Frieden leisten? Das wäre schön, aber für eine Antwort ist es zu früh. So positiv die Ankündigung von Gesprächen auch ist, ihr Inhalt und Verlauf sind noch völlig offen. Schließlich hat es seit 2002 bereits sechs ergebnislose Gesprächsrunden zwischen beiden Seiten gegeben. Wenn Peking die Gespräche allein mit dem Ziel verfolgt, Tibeter in dieser heiklen Zeit von Protesten abzuhalten, ohne ihnen reale Autonomie einzuräumen, werden sie nicht zum Frieden beitragen. Beide Seiten werden sich bewegen müssen, damit die Dialogchance - vielleicht die letzte zu Lebzeiten des jetzigen Dalai Lama - erfolgreich wahrgenommen wird. Bis dahin ist es noch sehr weit. SVEN HANSEN

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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