„Kein Debattierclub“

Mit einem eigenen Landesverband will die „Demokratische Linke“ in der SPD wieder die großen politischen Debatten entfachen. Mit dabei: Fraktionschef Carsten Sieling. Bremische Themen stehen allerdings nicht auf der Tagesordnung

Derzeit sei für Diskussionen in der SPD „zu wenig Raum“, findet Schuster. „Machtpolitische Ambitionen“ mag er jedoch nicht formulieren

Bremen taz ■ Nein, eine neue innerparteiliche Opposition soll er nicht werden, der neue Landesverband der „Demokratischen Linken“ in der SPD, kurz DL 21 genannt. Das versichern jedenfalls die InitiatorInnen in Bremen. „Doch es gibt einen ganz erheblichen Diskussionsbedarf über die Entwicklung der SPD“, sagt Thomas Ehmke, Landesvorsitzender der Bremer JungsozialistInnen. „Krise und Zukunft der SPD – mit linker Politik zur Mehrheit 2009“ war denn auch der Titel der Auftaktveranstaltung von DL 21 am Freitagabend. Und Samstag. Rund 70 Menschen waren zu dem Abend gekommen, Lockvogel war Nils Annen vom SPD-Parteivorstand und einstiger Juso-Bundeschef. Weitere 30 Interessierte verbrachten auch den Samstag mit der Demokratischen Linken.

Bundesweit zählt DL 21 rund 300 Mitglieder, den Vorsitz führt die Beinahe-Generalsekretärin Andrea Nahles. Landesverbände gibt es bislang in Berlin, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg. In Bremen kommt DL 21 bislang auf rund 25 AnhängerInnen, zehn sind allein an diesem Wochenende dazugekommen. Bundesgeschäftsführer der Organisation ist Joachim Schuster, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Auch der neue SPD-Fraktionschef Carsten Sieling ist Mitglied bei DL 21. „Ein gutes Signal“, findet Ehmke.

Dass die Initiative zur Gründung eines eigenen Landesverbandes gerade jetzt kommt, habe nichts mit der Amtsübernahme des neuen Bürgermeisters Jens Böhrnsen (SPD) zu tun, versichert Schuster. Äußerer Anlass sei vielmehr der SPD-Bundesparteitag in der kommenden Woche. Dort wird auch über das Ergebnis der Koalitionsgespräche in Berlin diskutiert. Und das sei „sehr widersprüchlich“, findet Schuster. Zwar könne er mit einer „Reichensteuer“ gut leben. Doch einiges von dem, was in Berlin ausgehandelt wurde, sei „grauenhaft“. Dazu gehörten Kürzungen bei Hartz-IV-EmpfängerInnen. Auch an den Ergebnissen der Föderalismusreform wird bei Schuster Kritik laut. „In Bildungsfragen darf jetzt nicht wieder die Kleinstaaterei aufblühen.“

Ein Positionspapier hat die DL 21 am Wochenende in Bremen nicht verabschiedet. Die Parteilinken müssen sich erst einmal auf gemeinsame Themen einigen. Detailfragen bremischer Politik spielen dabei keine Rolle, sagt Ehmke. Vielmehr geht es um die großen Fragen: Wie sozialdemokratisch darf die SPD sein? Wie geht es mit dem Kapitalismus weiter? Was bedeutet soziale Gerechtigkeit heute?

Zu diesen und ähnlichen Fragen will die DL 21 ab 2006 vier Tagungen im Jahr anbieten. Und damit der SPD zu mehr inhaltlichen Debatten verhelfen. Derzeit jedenfalls sei für Diskussionen in der SPD „zu wenig Raum“, findet Schuster. „Machtpolitische Ambitionen“ mag er jedoch nicht formulieren. Anders Ulrike Hiller (SPD), Mitglied im Beirat Mitte: „Wir sind kein losgelöster Debattierclub.“ Man müsse seine Konzepte auch durchsetzen.

Doch so weit ist es noch nicht. „Wir finden uns gerade erst.“ Die 40-jährige Hiller – seit 1999 Mitglied in der SPD – sieht die DL 21 nicht zuletzt als Forum der Jüngeren in der Partei. „Und wenn es notwendig ist, müssen wir uns auch in die Landespolitik einmischen.“ Mit der sei sie momentan allerdings „ganz zufrieden“. Und Jens Böhrnsen als Bürgermeister „ist auch super“. Jan Zier