Attac lädt zu Maitagen: Suche nach dem eigenen Profil

Ist Globalisierungskritik Mainstream geworden? Das führt nicht zwangsläufig zu massenhaftem Engagement. Attac diskutiert seine Zukunft auf den Leipziger Maitagen.

Heiner Geißler ist auch schon längst drin. Bild: dpa

LEIPZIG taz Wer vor ein paar Tagen in der Frankfurter Innenstadt beim Bäcker eingekauft hat, dürfte gestaunt haben über die Aufforderung auf seiner Brötchentüte: "Freuen Sie sich über steigende Preise? Mit dem Agriculture Euro Fonds haben Sie die Möglichkeit zu partizipieren. Investition in etwas Greifbares" stand da. Den darauffolgenden Ansturm mögen sich die werbenden Banken anders vorgestellt haben. Statt Spekulationswilliger zogen Mitglieder des globalisierungskritischen Netzwerks Attac vor die Deutsche-Bank-Zentrale, um dort gegen den Werbefeldzug zu protestieren. "Die Kampagne wurde daraufhin kurzfristig und ohne Angabe von Gründen eingestellt", sagt Attac-Sprecherin Frauke Distelrath.

Es sind auch diese kleinen Erfolge, über die sich Attac-Mitglieder - die sich selbst gern Attacis nennen - freuen. Neben den Anekdoten geht es bei den diesjährigen Maitagen in Leipzig aber vor allem um die vermeintlich großen Erfolge - und darum, wie es danach weitergehen kann.

"Ist der Neoliberalismus am Ende? Und wenn ja: Was bedeutet das für die Rolle von Attac?" So lautete am Donnerstag das Thema der Auftaktdiskussion mit rund 200 Teilnehmern. "Unsere Themen sind in der öffentlichen Debatte angekommen", sagt Pedram Shahyar vom Attac-Koordinierungskreis.

Gemeint sind Finanzmarktregulierung, Armutsbekämpfung und der Klimaschutz. Dass sich auch die offizielle Politik und die großen Medien diese Themen zu eigen gemacht haben, ist zwar nicht allein das Verdienst von Attac - "aber eben auch", sagt Distelrath. Aber wie geht es jetzt weiter? Shahyar sieht den Neoliberalismus in einer "dramatischen Funktionskrise". Nun gehe es darum, konkrete Alternativen in die öffentliche Debatte einzubringen. Anstatt nur darauf hinzuweisen, was falsch läuft, müsse man mehr positive Forderungen direkt in die Politik einbringen, sagt Shahyar.

"Globalisierungskritik ist Mainstream geworden", bestätigt auch Ulrich Brand, Professor für Internationale Politik an der Universität Wien und Mitglied des Attac-Beirats. So lasse sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Boulevardzeitungen als "Klima-Queen" feiern. Das zeige aber auch, wie wichtig es jetzt sei, das eigene Profil zu schärfen. "Wir dürfen das Feld nicht Merkel, Gabriel und der Bild überlassen", sagt Brand. Deshalb solle Attac in der öffentlichen Debatte nicht die Rolle des good guy übernehmen, sondern "durch Kampagnen und Wissensvermittlung weiter Empörung hervorrufen", sagt Brand.

Denn auch wenn Klimaschutz vielleicht in aller Munde sei, so führe das nicht zu massenhaftem Engagement. Zu großen Events wie dem G-8-Gipfel kämen viele, aber "wie hält man die Leute bei der Stange?", fragt Paula Rister, Mitglied der Grünen Jugend. Ein paar Antworten darauf erhofft sie sich von den am Sonntag zu Ende gehenden Maitagen. Schwerpunkt der Diskussionen und Workshops - zu denen gegen kleines Entgelt auch spontane Besucher eingeladen sind - ist die "demokratische Kontrolle der Wirtschaft und wie man die Eigentumsfrage neu stellen kann".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.