seine lordschaft von köpenick von RALF SOTSCHECK
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Lord Buckingham muss in den Knast. Ein Gericht in Canterbury verurteilte den englischen Aristokraten vorige Woche zu 21 Monaten Haft, weil er kein englischer Aristokrat ist. Christopher Edward Buckingham hat sich vor 23 Jahren die Identität eines toten Babys geklaut und sich selbst geadelt. Der wahre Christopher Buckingham war 1963 bei einem Campingurlaub seiner Eltern durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen. Er war damals neun Monate alt. Wie der falsche Buckingham an die Geburtsurkunde gekommen ist, will er nicht verraten. Jedenfalls heiratete er mit frischem blauem Blut 1983 die bürgerliche Jody-Lynn Doe und ließ sich 1997 wieder scheiden. Doe sagte vor Gericht, ihr Exmann habe immer mit einem israelischen oder südafrikanischen Akzent gesprochen.

Es ist erstaunlich, wie wenig eine Frau nach 13 Jahren Ehe von ihrem Mann weiß. Möglicherweise liegt das an der reservierten Art der Engländer. Eines Tages wird vielleicht auch Cherie Booth von ihrem Mann Tony Blair sagen: „Er sprach stets wie ein Prediger und behauptete, er werde in die Geschichte eingehen. Dass er das als Kriegsverbrecher tun würde, konnte ich nicht ahnen.“

Die Polizei hat Buckinghams DNS nun nach Israel und Südafrika geschickt – wegen seines angeblichen Akzents. Seine Exfrau sagte: „Ich bin enttäuscht, dass Chris seine wahre Identität nicht preisgibt.“ Noch enttäuschter sind die Kinder der beiden, die inzwischen 17 und 19 Jahre alt sind. Ihre Reisepässe wurden eingezogen, weil sie auch auf den Namen Buckingham ausgestellt sind.

Der Vater bleibt jedenfalls dabei, dass er Lord Buckingham sei. Die Polizei rauft sich die Haare. Der Polizeibeamte David Sprigg, der für den Fall zuständig ist, sagte: „Ich nehme an, dass er ein dunkles Geheimnis verbirgt, und er will nicht, dass wir es herausfinden.“ Scharfsinniger hätte es auch Sherlock Holmes nicht formulieren können. Auf die Spur sind ihm die Behörden bei einer Routinekontrolle in Dover gekommen, als Buckingham aus Calais einreiste. Die Beamten fanden in seinem Auto elegantes Briefpapier mit einem Wappen, dass der Herzog von Buckingham zuletzt im 18. Jahrhundert benutzt hatte.

Der falsche Lord behauptete, seine Eltern seien 1982 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen und er habe den Adelstitel von seinem Vater geerbt. Seitdem habe er das Recht, im Oberhaus zu sitzen. Nun ist es selbst in England mit dem Respekt vor der Aristokratie nicht mehr weit her, seit die Windsors sich auch nicht besser benehmen als das gemeine Volk. So forschten die Beamten zu Buckinghams Leidwesen nach.

Sein Anwalt, Matthew Sherratt, sagte in der Hoffnung auf ein mildes Urteil, dass sein Mandant England verlassen werde, wenn er seine Strafe abgesessen habe. „Wie denn“, höhnte die Richterin Adele Williams. „Er hat ja gar keine gültigen Papiere.“ Aber er hat aristokratisches Benehmen: Bei der Urteilsverkündung zog er im Stil der Queen indigniert eine Augenbraue hoch. Sie sollte ihn adoptieren. Sie hätte an ihm mehr Freude als an ihren eigenen missratenen Blagen, und der Name des falschen Lords passt vortrefflich zu ihrem feinen Häuschen in London.