Löws EM-Kader steht fest: Wir müssen draußen bleiben

Joachim Löw streicht die drei letzten Spieler aus dem Kader für die Europameisterschaft. Das Aus für Helmes, Jones und Marin sei sehr knapp gewesen, so der Bundestrainer.

Die Spieler Martin, Helmes und Jones beim Testspiel in Kaiserslautern. Bild: dpa

Einmal mehr war ihm etwas überaus Erstaunliches gelungen. David Odonkor schlug einen Flankenball, der irgendwie durch zwei gegnerische Spielerkörper hindurch in Richtung Strafraum segelte. Darüber war der weißrussische Verteidiger Wladimir Korytko wohl so erstaunt, dass er den Ball ins eigene Tor köpfte. David Odonkor ballte die Fäuste, suchte einen Mitspieler, von dem er sich abklatschen lassen wollte, machte einen kleinen Luftsprung. Seit der 20. Minute im müden Test gegen Weißrussland (2:2) war der kleinen "Wunderwaffe" (Michael Ballack) klar, dass er dabei sein wird bei der Euro. Gestern erhielt er die offizielle Bestätigung. Die drei ausgemusterten Spieler heißen: Partick Helmes, Jermaine Jones und Marko Marin. Über David Odonkor darf weiter gestaunt werden.

Am Tag nach dem Testspiel von Kaiserslautern, von dem aus das deutsche Team umgehend zurück ins Vorbereitungscamp auf Mallorca geflogen ist, musste Bundestrainer Joachim Löw Klartext sprechen. Bis zwölf Uhr Mittags musste der 23-köpfige EM-Kader bei der europäischen Fußballunion Uefa gemeldet sein. Die drei Loser in Löws nationaler Fußball-Casting-Show sind gestern nach Hause geflogen. Bereits am Vormittag hatte Löw ihnen mitgeteilt, dass sie raus sind. Vielleicht hat er den Spielern ja gesagt, weshalb sie nicht gut genug sind für das deutsche Unternehmen Euro 2008. Der Öffentlichkeit gegenüber sprach er zunächst nur von einer "Millimeterentscheidung", lobte Helmes, Marin und Jones für ihr Engagement im Trainingscamp und meinte, dass es jeder der drei verdient gehabt hätte, bei der EM dabei zu sein. "Es war jeweils nur ein Sandkorn, das die Waage zu einer Seite ausschlagen ließ", sagte Löw. Nach dem Rauswurf Timo Hildebrands aus dem EM-Kader hat Löw also erneut eine Entscheidung getroffen, über deren sportliche Begründung nur gemutmaßt werden kann. "Wir konnten halt nur 23 mitnehmen", erläuterte Joachim Löw.

War es nun jenes merkwürdige öffentlich ausgetragene Trainingsspiel von Kaiserslautern, das den Ausschlag für die Kader-Nominierung gab? Ein wenig ungerecht wäre das schon. Während die einen (Hitzlsperger, Metzelder, Frings, Lehmann et al.) schlecht spielen durften und mit der Begründung, sie seien übertrainiert gewesen aus dem Schneider waren, sollten die Wackelkandidaten zeigen, was sie drauf haben. Odonkor ist das ganz gut gelungen. Piotr Trochowski, der auf der Streichliste ganz oben stand, hat sich nicht so oft mit seinen für die eigene Verteidigung unberechenbaren Rückwärtsdribblings verzettelt wie üblich. Er ist dabei. Oliver Neuville, der erfahrene Zweitliga-Stürmer, darf nun zu seiner ersten EM fahren darf. Er hat einen coolen Auftritt hingelegt in Kaiserslautern. Mehr nicht.

Jones jedenfalls ist es nicht gelungen, Werbung für sich zu machen. Während die Fixstarter das Spiel an sich vorbeilaufen ließen, lief Jones wie eine angestochene Sau über das Spielfeld, wollte sich immer anbieten, wurde bisweilen auch angespielt und machte dann beinahe alles falsch. Der kleine (1,69 m) und junge (19) Marko Marin konnte zwar zeigen, dass er dribbeln kann, bei "Eins-zu-eins-Situationen stark ist" (Löw), doch wurde klar, dass er noch nicht weit genug ist. Löw: "Ihm gehört die Zukunft." Wer tief in der eigenen Hälfte versucht, drei Gegenspieler zu umdribbeln, der ist bei einem Turnier eher Risiko denn Verstärkung. Und dann ist da noch Patrick Helmes. Der hat es wieder einmal nicht geschafft, eine Größtchance zu verwerten. Die EM findet ohne den Null-Tore-Stürmer statt.

Der Kick im schwülen Kaiserslautern, vielleicht hat er dem Bundestrainer wirklich zu letzter Gewissheit für seine Entscheidung verholfen. Ob er denjenigen für den Formaufbau etwas gebracht hat, die völlig übersäuert über den Platz gestakst sind, darf bezweifelt werden. Beinahe mutet es waghalsig an, was Löw mit seinen Spielern treibt. Erst mussten sie so gut wie gar nicht trainieren. Dann hatten sie umso kräftiger ranzuklotzen und erst kurz vor dem Abflug durften sie zum ersten Mal mit Ball trainieren. Und ob der anstrengende Kurztrip zum ausverkauften Trainingsspiel in der Pfalz die Formkurve der Spieler in die Höhe schnellen lassen wird, das darf auch bezweifelt werden. Am Samstag in Gelsenkirchen (17.30 Uhr, ARD) wollen sie sich mit einem Sieg gegen Serbien nun ein wenig Rückenwind für die EM holen. Michael Ballack sagt: "Wir brauchen ein gutes Ergebnis, das weiß jeder." Dafür braucht es konzentrierte Verteidiger, ein sicheres Mittelfeld, zuverlässige Stürmer und einen Torhüter, auf den man sich verlassen kann. In Kaiserslautern war das alles nur zeitweise vorhanden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.