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Birmas Junta wird immer paranoiderFlüchtlingslager geräumt

Trotz harscher Kritik der USA zeigen sich Birmas Militärs unbeeindruckt. Die Junta ordnet schlicht den Wiederaufbau an. Dazu sollen Sturmopfer ihre Lager verlassen - wenn nötig auch unter Zwang.

Diese Flüchtlinge möchte Birmas Regime am liebsten beim Reisanbau sehen - in zerstörten Dörfern ohne jede Infrastruktur. Bild: dpa

BANGKOK taz US-Verteidigungsminister Robert Gates nahm keine Rücksicht auf politische Befindlichkeiten: Birmas Militärs hätten sich wochenlang taub gestellt für internationale Hilfsangebote, so Gates während eines internationalen Treffens von Verteidigungsministern und Sicherheitsexperten am Wochenende in Singapur. Durch diese Blockade seien mehrere zehntausend Menschen ums Leben gekommen. Allein die USA hätten etliche Mal versucht, die Militärs dazu zu bewegen, mehr Hilfe anzunehmen, so Gates. Tatsächlich wurden in US-Frachtmaschinen immer wieder Hilfslieferungen nach Rangun geflogen. Doch den Einsatz von US-Marineschiffen und US-Hubschraubern in dem am schwersten betroffenen Irrawaddy-Delta lehnen die Generäle weiterhin ab.

Birmas Militär verwahrte sich gegen die Kritik der USA. Bereits einen Tag nach dem Zyklon seien Rettungsaktionen eingeleitet worden, parierte Vizeverteidigungsminister Aye Myint die von Gates geäußerten Vorwürfe. Die als paranoid geltenden Militärs, die eine US-Invasion fürchten, sind davon überzeugt, dass die ausländische Katastrophenhilfe nur ein Deckmantel für Versuche ist, Birma zu demokratisieren. Das Regime machte daher deutlich, es akzeptiere nur Hilfsleistungen, die nicht an Bedingungen geknüpft seien. In Singapur einigten sich die Konferenzteilnehmer zwar auf Verhaltensregeln für humanitäre Hilfe, doch das Abschlussdokument bleibt zwiespältig: Es betont die Notwendigkeit rascher Hilfe, aber auch das Recht der Regierung in dem betroffenen Land, ausländische Unterstützung zu kontrollieren. Und das ist ganz im Sinne von Birmas Junta.

Das Militärregime insistiert nun darauf, dass der Wiederaufbau beginnt. Sogar die Schulen sollen am Montag wieder öffnen. In diesem Zusammenhang verdichten sich Berichte über Zwangsräumungen von Flüchtlingslagern, Klöstern und Schulen. Organisationen wie Human Rights Watch und Refugees International erklärten, man habe glaubhafte Informationen erhalten, dass das Regime die Zyklonopfer zwinge, zurück zu ihren zerstörten Häusern zu gehen. Die Militärs wollen erreichen, dass die Menschen sich der Aussaat und der Bestellung der Felder widmeten. Das Irrawaddy-Delta gilt als Reiskammer Birmas. "Der landwirtschaftliche Wiederaufbau ist in der Tat lebenswichtig", so Refugees International. "Wenn die Menschen aber gezwungen werden zurückzukehren, dann wird es für die Hilfsorganisationen schwieriger, sie zu erreichen."

Damit wolle die Junta nicht nur demonstrieren, dass die Krise vorbei sei. Offensichtlich wolle Birmas Militärs nicht mehr Ausländer als unbedingt nötig im Flussdelta haben, so David Mathieson von Human Rights Watch gegenüber der taz. Nach Informationen von in Thailand lebenden Dissidenten haben die Behörden etwa 1.000 Flüchtlinge rund 20 Kilometer von Rangun entfernt angewiesen, das Camp zu verlassen. Dieses werde geschlossen, weil der Wiederaufbau beginne, hieß es. Auf taz-Anfrage bestätigten Exilbirmesen, dass viele Sturmopfer trotzdem bleiben wollten. Andere Flüchtlinge warteten an Straßen auf Spenden privater Helfer. Vier Wochen nach "Nargis" beklagen internationale Beobachter immer noch die unzureichende Hilfe für die Sturmopfer. Zwar hatte Juntachef Than Shwe UN-Generalsekretär Ban Ki-moon kürzlich zugesichert, alle ausländischen Experten ins Land zu lassen. Doch immer noch müssten Reisen in das schwerst betroffene Irrawaddy-Delta aufwendig beantragt werden, hieß es seitens der Hilfsorganisationen.

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