Energiekonzern RWE: Runter vom Gas

Innerhalb von zwei Jahren sollen die 4.100 Kilometer Gaspipelines an einen "unabhängigen Dritten" fallen, um den Streit mit Brüssel zu beenden. Auch die Konkurrenz prüft Verkauf

Röhren dieser Art wird man demnächst im Portfolio von RWE vergeblich suchen. Bild: dpa

BERLIN taz Der Energiekonzern RWE will sein Gasnetz verkaufen. Wie das Unternehmen am Samstag ankündigte, will es damit einen offenen Streit mit der EU-Kommission in Brüssel beilegen. Diese hatte im vergangenen Jahr ein kartellrechtliches Missbrauchsverfahren im Bereich Erdgas gegen den Energiekonzern eingeleitet. Die Vermutung der EU-Kommission: RWE baue nicht gerechtfertigte Hindernisse beim Zugang zum Erdgastransportsystem in Deutschland auf.

"Der Konzern wird sich nun verpflichten, innerhalb von zwei Jahren sein Gas-Übertragungsnetz in Deutschland an einen unabhängigen Dritten zu veräußern", erklärte das Unternehmen. Der Aufsichtsrat habe dem Verfahren bereits zugestimmt. RWE selbst sehe in dem Schritt allerdings kein Schuldeingeständnis. Das Unternehmen wolle lediglich einen langjährigen Rechtsstreit vermeiden. Und auch eine hohe Strafe: Bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes könnte die Brüsseler Behörde fordern, wenn sich der Vorwurf des kartellrechtlichen Missbrauchs als wahrheitsgetreu herausgestellt hätte.

Die Kommission will nun zunächst einen sogenannten Markttest - eine Befragung der zentralen Marktteilnehmer zu den Plänen - durchführen. Erst im Anschluss werde laut RWE die Zusage für bindend erklärt und das laufende Kartellverfahren beendet. In Deutschland betreiben elf Unternehmen rund 40.000 Kilometer Gasfernleitungen. RWE gehören mit 4.100 Kilometern gut 10 Prozent des Netzes.

Das Unternehmen suche für die Leitungen einen strategischen Käufer, hieß es. "Wir haben kein Interesse, unser Netz gegen Bargeld zu verkaufen", sagte RWE-Chef Jürgen Großmann der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Schließlich habe man keine Liquiditätssorgen. "Stattdessen versuchen wir, die Abgabe unseres Gasnetzes für strategisches Wachstum einzusetzen.".

Bereits Ende Februar hatte der Energiekonzern Eon überraschend den Verkauf seines Stromnetzes angekündigt - zu einem Zeitpunkt, als sich die Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission gegen eine Zerschlagung der deutschen Netzbetreiber starkmachen wollte. Die galt als wahrscheinlich, nachdem sich der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments für die eigentumsrechtliche Trennung des Netzes vom Energieerzeuger ausgesprochen hatte. Einen ähnlichen Schritt im Gasbereich schloss Eon aus.

In der vergangenen Woche deutete sich beim Strom nun ein neuer Kompromiss an: Demnach könnte die EU den deutschen Konzernen erlauben, eine gemeinsame Netzgesellschaft zu gründen. Am kommenden Freitag werden sich die EU-Energie- und Wirtschaftsminister in Luxemburg treffen, um eine Vorentscheidung über die zukünftige Eigentümerstruktur der europäischen Stromnetze zu fällen.

Nach einem Bericht der Welt prüft auch Konkurrent Vattenfall den Verkauf von Leitungen. Dabei setze der schwedische Mutterkonzern die deutsche Tochter unter Druck: Die Netze würden nicht ausreichend Rendite bringen.

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