Neuwahlen in Mazedonien: Klarer Wahlsieg für Regierungschef
Mazedoniens Ministerpräsident Nikola Gruevski kann seine Koaltion fortsetzen. Albanische Parteien liefern sich bewaffnete Auseinandersetzungen.
Die Rechnung von Ministerpräsidenten Nikola Gruevski ist aufgegangen. Er hat mit seinem Parteienbündnis "Für ein besseres Mazedonien" am Sonntag mit deutlichem Abstand die Parlamentswahlen gewonnen. Mit 46,9 Prozent der Stimmen liegt das von seiner liberalen Partei VMRO-DPMNE dominierte Bündnis überraschend weit vorn. Die Sozialdemokraten mit ihrem Bündnis "Sonnen-Koalition für Europa" unterlagen mit rund 22,7 Prozent deutlich. Bei der vorgezogenen Wahl waren 1,7 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen, die Beteiligung lag bei knapp 60 Prozent.
Angetreten waren 1.540 Kandidaten für die 120 Sitze im Parlament. Der Wahlsonntag verlief in den von slawischen Mazedoniern bewohnten Gebieten ruhig. In den Albanergebieten des Nordens allerdings kam es zu schweren Auseinandersetzungen. Ein Mann wurde erschossen und mehrere verletzt, 13 Menschen verhaftet. In 20 Wahlkreisen musste die Wahl abgebrochen werden und wird deshalb wiederholt. Seit den letzten Wahlen 2006 sind sich die konkurrierenden albanischen Parteien spinnefeind.
Die aus der Befreiungsarmee UÇK hervorgegangene Demokratische Union für Integration (DUI) kam auf 11,2 Prozent, die traditionsreichere und mit Gruevski verbündete Demokratische Partei der Albaner (DPA) auf 10,1 Prozent der Stimmen. Die DPA wird auch in der nächsten Regierung Gruevski vertreten sein, obwohl sie die kleinere der beiden Parteien ist. Das haben Teile der DUI nicht hinnehmen wollen. "Es geht bei dieser Auseinandersetzung wohl vor allem um die Fleischtöpfe", hieß es in diplomatischen Kreisen in Mazedonien.
Ohnehin sind inhaltliche Unterschiede im Parteienspektrum kaum auszumachen. Sowohl die von 2002 bis 2006 regierenden Sozialdemokraten wie die jetzt regierende und mit dem komplizierten Namen ausgestattete Innere Mazedonische Revolutionären Organisation - Demokratische Partei für die Mazedonische Nationale Einheit (VMRO-DPMNE) haben vor allem ein Ziel: die Integration in die Nato und die Europäische Union. Auch bei den Albanern geht es nur um Nuancen. Die albanischen Parteien beklagen zwar die schleppende Umsetzung des Abkommens von Ohrid, das nach den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den beiden großen Volksgruppen, den slawischen (63 Prozent) und den albanischen Mazedoniern (25 Prozent), 2001 ausgehandelt und abgeschlossen wurde und einen Neuanfang im gemeinsamen Staate möglich gemacht hatte. Aber sie teilen ebenfalls die europäisch-atlantische Vision der slawisch-mazedonischen Parteien. Und deshalb ist für alle Mazedonier gleichermaßen der große Aufreger die Haltung Griechenlands zu dem 1991 von Jugoslawien unabhängig gewordenen Staat.
Gruevski hatte die Neuwahlen wegen des Scheiterns der Gespräche mit Griechenland während des Nato-Gipfels in Bukarest am 12. April dieses Jahres ausgerufen. Offiziell und von der UN abgesegnet heißt das Land immer noch "Former Yugoslavian Republik of Macedonia" (FYROM), möchte aber "Republik Mazedonien" heißen. Griechenland jedoch will den mit dem antiken Helden Alexander verbundenen Namen nicht so leicht an die slawischen und albanischen Mazedonier abtreten, schließlich heißt Nordgriechenland auch Mazedonien und der Name könnte Gebietsansprüche ausdrücken. Und so versucht das Nato- und EU-Mitglied Griechenland seit 16 Jahren die Anbindung des nördlichen Nachbarn an die Verteidigungsgemeinschaft und an Europa zu blockieren. Ein Kompromiss ist immer noch nicht in Sicht.
Gruevski wollte mit größerem Rückhalt in eine neue Verhandlungsrunde mit Griechenland gehen. Das ist ihm mit seinem Wahlsieg gelungen. Die EU und die Nato möchten dem Land so schnell wie möglich ein Perspektive bieten. Nach wie vor hängt der Frieden im Land von dieser europäischen Perspektive ab.
Leser*innenkommentare
Kleopatra
Gast
Zitat von Prof. Kronsteiner: “Vor 1944 war man Makedonier nur der geographischen Herkunft nach, Bulgare aber nach dem Volkstum und der Sprache. So blieb bis heute bei allen makedonischen Emigranten in Bulgarien, Amerika, Australien oder sonstwo. Nach der Erfindung einer ‘makedonischen’ Schriftsprache durch kommunistische Funktionäre hat in der Republik Makedonien (damals sozialistische Republik Jugoslawiens) ein Ent- und Umnationalisierungsprozess eingesetzt, der zu einer völklichen und sprachlichen Verunsicherung von trauriger Qualität geführt hat.
und
Keiner wird Griechenland das Recht nehmen, mit friedlichen und diplomatischen Mitteln seine Geschichte und sein historisches Erbe zu verteidigen
Kleopatra
Gast
@ Gast
weil dies die historische Wahrheit entspricht.
Parmenion
Gast
"Wieso werden die Mazedonier hier immer wieder als Slawo-Mazedonier bezeichnet?"
Mir dünkt, das hat etwas mit den Helleno-Griechen zu tun.
;-)
gast
Gast
Wieso werden die Mazedonier hier immer wieder als Slawo-Mazedonier bezeichnet? Es ist mir ein Rätsel, wie sie auf diese Bezeichnung kommen. schließlich nennen sie ja die Serben auch nicht Slawo-Serben, die Bulgaren - Slawo-Bulgaren, die Kroaten - Slawo-Kroaten oder die Russen - Slawo-Russen!? Oder täusche ich mich hier?
Abate Fetel
Gast
Laut FAZ Bericherstattung war zB ein Grund für den massiven Polizeieinsatz in Aracinovo der, dass eine Gruppe Albaner das Wahllokal gestürmt hatte, und" massenweise vorbereitete Wahlzettel in die Urnen stopfen wollte"
Ähnliche Unruhen gab es auch woanders. Da IST drüber berichtet worden.
Wenn Sie sich quer durch die Berichte lesen, werden Sie feststellen, dass sich hier die 2 Albanischen Parteien gegenseitig bekriegen, was schon sehr skurril ist, angesichts der Tatsache, dass sie sich nicht mal in Albanien befinden. Ich weiß also nicht so recht, worauf Sie hinauswollen:
Das zu wenig gegen diese eben erwähnten Störungen der Wahl unternommen worden ist? Das mag wohl sein.
Desweitern: selbst die absolute Mehrheit von Grujoski wird nicht zu demokratischen Verhältnissen führen. Warum? Ahmeti hat längst erklärt, sollte er an der Regierung nicht beteiligt werden( und bei einer absoluten Mehrheit ist dies nicht nötig) würde das Land dies bereuen.
Somit kann man sagen, dass hier die Ergebnisse der Wahl nicht zu einer freiwilligen Regierungsbildung führen werden, sondern zu einer erpressten, die der Sicherung und Erhaltung des Friedens dient.
koudas
Gast
Wieso wird in diesem Artikel nicht darauf hingewiesen das die internationalen Beobachter die vor Ort waren nicht so überzeugt gewesen sind vom Verlauf der Wahlen??? Das zum Beispiel in Teilen des Landes um 7 Uhr morgens schon volle Wahlurnen zu beobachten waren. Aber das passt ja nicht ins Bild der Berichtererstattung dieses Blattes.