Spitzeln für die Telekom: Der unsichtbare Datenhändler
Ralph Kühn und seine Mitarbeiter werteten im Auftrag der Telekom illegal beschaffte Telefondaten aus. Nun steht er im Zentrum des größten Datenschutzskandals Deutschlands.
BERLIN taz Diskretion gilt in Ralph Kühns Branche als Geschäftsprinzip. Mit seiner kleinen Berliner Firma Network.Deutschland hat er es in Sachen Datenrecherche weit gebracht. Seit vergangener Woche steht er im Zentrum des wohl größten Datenschutzskandals der Bundesrepublik. Da hatte er zugegeben, im Telekom-Auftrag illegal beschaffte Telefondaten ausgewertet zu haben.
Der im Jahr 1955 geborene Wirtschaftsprüfer gilt als ungewöhnlicher Geschäftsmann. Er lade Kunden nicht ein, heißt es in verschiedenen Medien. Auch Fernsehen schaue er nicht. Aufgeregt haben soll er sich, als Roland Koch einst über jüdische Vermächtnisse parlierte, um die Schwarzgelder der hessischen CDU zu verschleiern. Nach Kühns Ansicht ein Versagen der Journalisten, die Koch nicht genug unter Druck gesetzt haben. Immer wieder verlieren sich Kühns Spuren jedoch im Ungefähren. Viele reden über ihn, wollen jedoch nicht genannt werden.
Seine Zusammenarbeit mit der Telekom begann eher unspektakulär. Seit etwa fünf Jahren arbeitete Kühns Recherchedienst für den Bonner Telekommunikationsriesen. Mit bis zu sechs Mitarbeitern, darunter Informatiker und Mathematiker, beschaffte Network Daten und Auskünfte in Österreich und auf dem Balkan. Offenbar waren Kühns Dienste nicht nur bei der Telekom gefragt. Auch die Deutsche Bahn hat ihn wohl in Anspruch genommen. Mit einer Mischung aus Anerkennung und Schauer wird über Kühn gesprochen: Er besorge Daten, die man eigentlich gar nicht legal besorgen kann, berichten Informanten. In der Branche sei bekannt, wann man Kühn holen müsse.
Im Auftrag des Telekom-Ermittlungsdienstes forschte Kühn seit dem Jahr 2005 führende deutsche Wirtschaftsjournalisten aus. Die Operation trug den Namen "Rheingold" - nach einem Stück aus der Oper "Der Ring des Nibelungen." Es ging um deren Kontakte zu Mitgliedern des Telekom-Aufsichtsrates. Kühns Leute wurden tatsächlich fündig. Seitdem galt der Berliner Rechercheur in Telekom-Kreisen als Held. Auf der Suche nach undichten Stellen im eigenen Haus soll die Telekom dann einen Maulwurf beim Magazin Capital eingeschleust haben. Damit will Kühn dann zwar nichts zu tun gehabt haben. Dass er dennoch davon wusste, geht aus einem Fax hervor, das er Ende April der Konzernspitze schickte. Zu diesem Zeitpunkt war Kühn der Telekom wohl selbst nicht mehr geheuer. Es ging um Geld. In dem Fax mahnte der Network-Geschäftsführer auch 400.000 Euro offene Forderungen bei der Telekom an und forderte eine diskrete Beendigung der Geschäftsbeziehung. Damit zumindest ist er gescheitert.
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