Und wieder nicht getroffen

ZWEITKLASSIG Gegen Cottbus gelingt dem FC St. Pauli zu Hause ein Unentschieden – aber kein Tor

Es ist fast schon ein Flehen: „Give us a goal“ haben die Hamburger Südkurven-Ultras auf ein großes, rotes Transparent geschrieben – gebt uns ein Tor. Kurz vor Anpfiff gegen den FC Energie Cottbus hielt der FC St. Pauli einen Liga-Minusrekord: nur 18 Treffer in 19 Zweitligapartien. Und: Die Mannschaft tat in den folgenden 90 Minuten alles dafür, dass das auch so blieb.

Dabei war alles angerichtet: Zum ersten Mal überhaupt drängelten sich mehr als 26.000 Zuschauer – 26.587 genau – im Stadion am Millerntor, ein Rekord. Die neue Gegengerade, die 13.000 Personen Platz bietet, konnte erstmals voll genutzt werden. So war also alles ein bisschen lauter, ein bisschen größer, ein bisschen mehr als sonst. Nur das mit den Toren: wie immer.

Jungbulle im Einsatz

Für Treffer und Fehlschüsse fast allein verantwortlich ist beim FC St. Pauli zurzeit Daniel Ginczek, ein stämmiges, von Borussia Dortmund ausgeliehenes Stürmertalent, das entfernt an einen Jungbullen erinnert. Erstaunliche acht Mal hat er in dieser Spielzeit schon für St. Pauli getroffen – aber im selben Zeitraum auch gefühlte 100 Großchancen versemmelt. Ihm fehle noch Erfahrung, sagen seine Gönner, während Kritiker finden, es mangele ihm schlicht an Qualität.

Auch gestern stand Ginczek oft richtig – und machte vieles falsch. Einen Traumpass von Dennis Daube ließ er mit der Sohle zum gegnerischen Torwart abprallen, als er zusammen mit Sebastian Schachten auf das Tor zulief, vergaß er zu passen, ließ sich stattdessen vom Gegner einholen und das Leder wegstibitzen. Als kurz darauf ein Cottbusser Verteidiger den Ball unterlief, reagierte er zu spät.

Nur einmal, nach einer knappen halben Stunde, tat Ginczek fast perfekt, was zu tun war – seinen platzierten Drehschuss jedoch lenkte der Cottbusser Schlussmann Kirschstein noch mit den Fingerspitzen gegen den Pfosten.

Wohlgemerkt: Das war die beste Chance der Hamburger in dieser Begegnung, denn Ginczeks Mitspieler kombinierten durchaus gefällig bis zur Strafraumkante – um den Ball dann umso planloser vor das gegnerische Tor zu schlagen. Und die Cottbusser? Waren mit Tempogegenstößen immer wieder gefährlich – scheiterten aber ihrerseits am eigenen Unvermögen oder auch mal am Hamburger Torwart Philipp Tschauner.

Leidenschaftliche Partie

So lief eine durchaus leidenschaftliche Partie auf ein leistungsgerechtes 0:0 hinaus, bis der eingewechselte Cottbusser John Jairo Mosquera zehn Minuten vor Schluss Abwehrspieler Markus Thorandt enteilte. Dieser, kein Verfechter filigraner Spielkunst, machte, was er in solchen Szenen eigentlich immer macht: Er holte im Strafraum aus und traf alles, was sich bewegt: Ball und Gegner, ja, sogar der Rasen trug eine Narbe davon.

Der fällige Elfmeterpfiff des Schiedsrichters blieb aus, stattdessen erging irgendwann der Schlusspfiff – und St. Pauli hatte einmal mehr trotz null Toren einen Punkt ergattert.  MAC