CO2-Reduktion in der Praxis: Mythen der Automobilindustrie

Das Umweltbundesamt hält die EU-Ziele zur CO2-Reduktion bei bestehenden Fahrzeugen für erreichbar. Mehrkosten werden schnell wieder eingespart.

DAmit die "Planungssicherheit" der Autoindustrie gesichert ist, werden sparsame Modelle nur allmählich eingeführt. Bild: ap

BERLIN taz Sie verschieben ihre Ziele für die Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes nach hinten. Den dreijährigen Aufschub von verbindlichen CO2-Obergrenzen begründen Deutschland und Frankreich in ihrer Einigung mit einer notwendigen "Planungssicherheit" der Autoindustrie und den langen Entwicklungsperioden für neue, sparsame Techik. So argumentieren auch die Hersteller: Neue Motortechnik wie Hybridmodelle mit Elektro- und Benzinmotor oder die neuen sparsame Dieselmodelle, die unter dem Namen Bluetec oder Bluemotion vermarktet werden, könnten nur allmählich eingeführt werden, heißt es.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat hingegen ermittelt, dass das EU-Ziel selbst mit einfachen Technologien erreicht werden kann. Technologien zumal, die bis 2012 verfügbar sind und auch für die aktuell am Markt angebotenen Fahrzeuge einsetzbar wären. Am Beispiel eines VW-Golfs mit einer Leistung von 125 kW zeigte die Universität Aachen im Auftrag des Umweltbundesamtes, wie der CO2-Ausstoß von derzeit 172 Gramm pro Kilometer um 24 Prozent auf schließlich 131 Gramm reduziert werden könnte.

So bringen schmalere Reifen allein eine Einsparung von bis zu 11 Gramm CO2. Das um 70 Kilogramm reduzierte Gewicht, etwa durch leichtere Sitze, sparte bis zu 5 Gramm ein. Eine veränderte Übersetzung im Getriebe und eine Anzeige, die zum optimalen Zeitpunkt den Fahrer zum Schalten auffordert, konnte weitere 18 Gramm sparen. Ebenfalls verfügbar sind Wärmespeichersysteme und Bremskraft-Rückgewinnung, was die Emissionen um weitere 10 Gramm reduzierte. Eine Start-Stop-Funktion, die den Motor bei längerem Stillstand automatisch abschaltet, spart 7 Gramm CO2. Diese Technik hatte VW in der Vergangenheit bereits im Angebot; bei aktuellen Modellen ist sie nicht mehr verfügbar.

Noch größere Einsparungen sind möglich, wenn die Motorleistung und auch das Gewicht der Karosserie reduziert wird: Eine auf 50 kW verringerte Leistung, die noch immer Höchstgeschwindigkeiten von 160 Kilometern pro Stunde ermöglicht, würde beim Golf weitere 25 Prozent sparen. Kombiniert mit dem verringerten Gewicht ließe sich somit ein CO2-Ausstoß von unter 100 Gramm pro Kilometer erreichen.

Ähnliches hatte Greenpeace schon im Jahr 1996 am Renault Twingo gezeigt: Durch einfache Umbauten an der Karosserie und am Motor war es gelungen, den Verbrauch des Fahrzeugs pro 100 Kilometer auf drei Liter zu reduzieren - das entspricht 78 Gramm CO2. Serienmäßig gebaut wurde das Sparmobil aber nie.

Auch die höheren Kosten sind nach Ansicht des Umweltbundesamtes kein Hinderungsgrund, die sparsamen Techniken einzuführen. In einem Bericht für das Umweltministerium vom April dieses Jahres, welcher der taz vorliegt, wird berechnet, dass eine Senkung der Emissionen von 20 Prozent die Hersteller "durchschnittlich 280 bis 330 Euro" kosten. Dem steht jedoch der gesparte Kraftstoff von etwa 1,3 Liter auf 100 Kilometer gegenüber; bei den derzeitigen Preisen von über 1,50 Euro pro Liter ist ein Aufpreis von 300 Euro schon bei weniger als 20.000 gefahrenen Kilometern wieder eingespart. Über die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeugs betragen die Einsparungen nach UBA-Berechnungen je nach Fahrzeug rund 2000 bis 4000 Euro.

Noch einfacher reduzieren lassen sich der Verbrauch und damit die Treibstoffkosten, indem auf die Nutzung bestimmter energieintensiver Features verzichtet wird. Allein eine angeschaltete Klimaanlage sorgt nach Angaben des Verkehrsclubs Deutschland dafür, dass der Verbrauch im Stadtverkehr um bis zu 1,8 Liter auf 100 Kilometer steigt; die CO2-Emissionen pro Kilometer erhöhen sich entsprechend um 40 Gramm.

MALTE KREUTZFELDT

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