piwik no script img

Kolumne Die Lage am LagoDie Seilschaft

Sportjournalisten sind mondän und wichtig. Aber Repräsentanten der Sponsoren sind mondäner und wichtiger und zusätzlich mit der Nationalmannschaft verbandelt.

Sportjournalisten sind wichtig. Viele tun beinahe alles dafür, dass das jeder jederzeit sehen kann. Sie tragen ihre Akkreditierungen wie Orden, telefonieren mit ihren Heimatredaktionen immer ein wenig zu laut, bewegen sich, vor allem ihre Köpfe, als könnten sie, Erdmännchen gleich, den Blick nicht halten.

Andreas Rüttenauer ist Redakteur im taz-Ressort Leibesübungen.

Wir kennen das, wir sind ja selbst nicht anders. Doch es gibt Menschen, die noch wichtiger wirken können als wir. Vor allem eine Frau hat es uns angetan. Einer von uns ist sich sicher, dass die das - wie heißt das heute? - role model für die junge Frau aus der Jacobs-Kaffee-Light-Werbung ist. Eine, die schuften, sporteln, ausspannen und Kaffee genießen gleichzeitig kann.

Für die Automarke mit dem Stern organisiert sie die Zusammenarbeit mit dem DFB. Wenn sie spricht, dann spricht der Stolz aus ihr. Sie spricht dann von den Filmaufnahmen mit der Nationalmannschaft als Seilschaft auf der Bergtour. "Das war so schön, lieber Oliver", wendet sie sich an den Manager der Nationalmannschaft, "ich möchte dir als Dankeschön noch einen Bildband von den Filmaufnahmen schenken." Frau Wichtig ist der Luis Trenker von Mercedes Benz.

Wir fragen uns, wie groß der Einfluss der Sponsoren auf das Nationalteam ist. Die Filmaufnahmen haben Zeit gekostet, das wissen wir, Zeit, in der die Mannschaft auch trainieren hätte können. Ist der Hauptsponsor am Ende schuld, dass deutsche Ecken grundsätzlich ungefährlich sind? Oder steht am Ende doch eine tiefere Botschaft hinter dem Werbefilm mit Michael Ballack als schnauzbärtigem Bergfex in altem Loden? Wollte uns der Sponsor in Zusammenarbeit mit dem DFB auf ganz subtile Weise mitteilen, dass die Zeit des Fortschritts im deutschen Fußball vorbei ist? Die Retrobergsteiger aus dem Film spielen auf dem Platz deutschen Retrofußball.

An der Tür zum Pressezentrum erscheint ein alter Mann mit braun gegerbter Naturmenschenhaut. Einen Lodenjanker hat er an und einen alpinen Hut. Jetzt brauchen sie doch einen Extrembergsteiger, um das Team zu motivieren, vermuten wir. Wer ist das bloß? Ötzi? Nein, der ist doch tot. Wir recherchieren an unseren Rechnern, ob der wahre Luis Trenker wirklich schon gestorben ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • GC
    gerd cölfen

    wenn du schon mal in der gegend bist ( presse -

    zentrum), könntest du nicht mal recherchieren, warum general wamsler von der oberen raumfahrtbehörde aus "raumpatrouille" alle pressekonferenzen des dfb leitet?