Auswirkungen des steigenden Ölpreises: Im Sinkflug

Entlassungen und dünnere Flugpläne: Fluggesellschaften kappen ihre Linienflüge. Grund ist der steigende Ölpreis. Auch andere Branchen reagieren.

Kostbares Gut: Erdöl. Bild: dpa

Wegen steigender Ölpreise dünnen deutsche Fluggesellschaften jetzt ihre Flugpläne aus. Das kündigen die zweitgrößte deutsche Fluglinie Air Berlin und der Billigflieger TUIfly an. Air Berlin plant bislang, 14 Flugzeuge stillzulegen, 52 Mitarbeiter zu entlassen und die Kapazitäten bei Langstrecken um 30 Prozent zu kürzen. Das Problem: Innerhalb eines Jahres hat sich der Preis für Öl verdoppelt, am Montag hatte er den Rekordwert von knapp 140 US-Dollar pro Barrel, also 159 Liter, erreicht. Gestern pendelte er um 137 Dollar. Der Kerosinpreis stieg in dem Jahr sogar um 90 Prozent.

Bereits mehrfach haben die Flugunternehmen ihre Kerosinzuschläge und andere Gebühren erhöht, um die Verteuerung an die Passagiere weiterzureichen.

Miserabel geht es auch den Fluggesellschaften in den USA. Ob Delta, American Airlines oder andere - sie alle haben ihre Streckennetze bereits um zehn bis 15 Prozent reduziert. Allein Continental Airlines will 3.000 Jobs streichen.

US-Linien fehlt der Puffer durch den hohen Euro, der die Preissteigerungen beim in Dollar gehandelten Öl abfedert. Nicht zuletzt rächt es sich, dass sie ältere und verbrauchsintensivere Maschinen fliegen. Ein ähnliches Problem hat Air Berlin. Mit den Übernahmen des Ferienfliegers LTU und der deutschen British-Airways-Tochter dba hat das Unternehmen eine Reihe älterer Jets bekommen, deren Betrieb nun teuer geworden ist.

Außerdem ist das Geschäftsmodell von Air Berlin eine Mischung aus Linien-, Charter- und Billigflieger. Und Billigflieger wie TUIfly sind sensibler gegenüber steigenden Energiepreisen: Weil sie weniger und schlechter bezahlte Mitarbeiter beschäftigen, macht der Treibstoff hier gut 40 Prozent der Kosten aus. Bei Lufthansa ist es halb so viel. Selbst der weltgrößte Billigflieger Ryanair bekommt die Abhängigkeit zu spüren: Im ersten Quartal 2008 schrieb das Unternehmen erstmals seit vier Jahren Verluste.

Weltweit haben 24 Fluglinien im ersten Halbjahr Konkurs angemeldet, das ist mehr als doppelt so viel wie üblich. Statt eines Jahresgewinns von 3,4 Milliarden Euro erwartet der Weltluftfahrtverband IATA für seine 200 Mitgliedsunternehmen in diesem Jahr einen Gesamtverlust von 2,3 Milliarden Euro.

American Airlines investiert nun auch in energieeffizientere Maschinen. Trotz der knappen Finanzen hat die Linie bis 2009 70 sparsamere Boeing-737-800-Jets geordert.

Auch andere Branchen müssen reagieren. Nachdem der Absatz von spritschluckenden Gelände- und Sportwagen inzwischen sogar in den USA eingebrochen ist, sichern sich die Autohersteller zweigleisig ab: Sie setzen auf kleinere, leichtere Modelle, die weniger verbrauchen, und sie basteln unter Hochdruck an sparsameren oder alternativen Antrieben wie Hybrid-, Elektro- und Brennstoffzellenmotoren.

Die Unternehmen der Chemieindustrie forschen hektisch an energiesparenden Produktionsprozessen und nachwachsenden Alternativen für ihren Rohstoff Öl.

Die Schifffahrtindustrie lässt es dagegen langsamer angehen: Sie drosselt das Tempo der Frachter - nach Angaben des Reederverbandes VDR spart eine Geschwindigkeit von 20 statt 25 Knoten bis zu 50 Prozent Treibstoff. Andere Reedereien sollen mit zusätzlichen Segeln experimentieren.

Auch die Ölkonzerne selbst lässt die Hausse nicht kalt. Zwar verdienen sie derzeit viel Geld. Aber angesichts zunehmender Ölknappheit suchen sie auch nach neuen Quellen. Eine Chance bietet sich ihnen nun im Irak, der erstmals seit dem Angriff der USA im März 2003 wieder ausländische Ölkonzerne ins Land lassen will, wie Spiegel Online berichtet. Die Regierung würde gern mehr Öl fördern, ihr fehlen aber die technischen Möglichkeiten. Ende Juni sollen Verträge mit Exxon Mobil, Shell, Total, BP, Chevron und kleineren Ölunternehmen unterzeichnet werden.

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