Italiens Keeper Buffon: Der teuerste aller Torhüter

Auf Gianluigi Buffon ruhen Italiens Hoffnungen vor dem Viertelfinale gegen Spanien.

Kein Vorbild: Gigi, das irrlichternde Idol. Bild: dpa

OBERWALTERSDORF taz Wenn die Rückkehr der Italiener bei dieser EM mit einer Szene beschrieben werden sollte, dann lieferte diese ihr Torhüter: Gianluigi Buffon wehrte im Vorrundenspiel gegen Rumänien einen Elfmeter ab, buchstäblich mit Hand und Fuß. Dann sprang er hoch, plusterte sich auf, ballte die Faust und schrie, als würden ihn die Adrenalinstöße gleich zum Platzen bringen. Buffon hat 1.001 artistische Paraden in seiner Karriere vollbracht, mindestens, aber diese war vermutlich die wichtigste. Er sicherte das 1:1, bewahrte den Weltmeister vor dem Ausscheiden - und vor einer Identitätskrise.

Es ist nicht das erste Mal, dass Gianluigi Buffon, 30, als Erweckungskünstler auftritt. An Tagen, an denen bei den Italienern nichts zu klappen scheint, lässt er das Unerträgliche erträglicher erscheinen. Auch deshalb bittet ihn Pressesprecher Antonello Valentini öfter zu den Fragestunden als die Kollegen. Buffon, nach Fabio Cannavaros Verletzung zum Capitano ernannt, lacht gern und viel. Er ist nicht als feingeistiger Rhetoriker bekannt, aber ihm nehmen die italienischen Journalisten die Plattitüden eher ab, außerdem spurtet er nach der letzten Antwort nicht gleich davon. Die Reporter, die oft auch Fans sind, bitten um Autogramme und lassen Fotos von sich und ihrem heiteren Hüter schießen, und so ist Buffon nicht nur Spaßverderber für seine Gegner, sondern auch Spaßbeauftragter seiner Mannschaft. Am Sonntag im Viertelfinale gegen Spanien dürfte der "Heilige Buffon" (Gazzetta dello Sport) wieder im Mittelpunkt stehen. Bis dahin trägt er seine berühmte Gelassenheit zur Schau.

Die aber schlug bisweilen um in Sorglosigkeit.

Fast hätte Buffon die WM 2006 verpasst. Er war von der Staatsanwaltschaft in Parma verhört worden, der Manipulationsskandal um bestochene Schiedsrichter hatte ihn zeitweilig mitgerissen, doch er konnte die Vorwürfe entkräften. Zuvor hatte er mehr als 1,5 Millionen Euro bei Sportwetten verspielt, jedoch nie auf seinen eigenen Klub, wie er beteuerte. Auch auf anderen Ebenen griff er daneben. Bei seinem alten Klub, dem AC Parma, wollte er mit der Nummer 88 spielen, einem Symbol für Neonazis. Zudem ließ er sich von Fans ein Hemd schenken mit einem Schriftzug, den Faschisten schon zur Zeit Mussolinis benutzt hatten. Er wies die Anschuldigungen zurück, wie sollte er sich damit auskennen, er sei Fußballer? Ein weiteres Mal sorgte er für Schlagzeilen, als öffentlich wurde, dass er sich mit einem gefälschten Abiturzeugnis zum Jurastudium eingeschrieben hatte. Gigi, das irrlichternde Idol.

In Österreich und in der Schweiz sind diese Geschichten tabu. Stattdessen gelten die Zahlen des Erfolgs: Buffon wurde viermal zum Welttorhüter gekürt. 2001 zahlte Juventus für ihn eine Ablösesumme von 55 Millionen Euro an Parma, nie zuvor war ein Torwart so teuer. In Turin soll er mehr als 5 Millionen verdienen. Buffon, verheiratet mit einem tschechischen Model, zählt neben Dino Zoff und Walter Zenga zu den besten Torhütern der italienischen Geschichte - ein Vorbild aber ist er nicht. RONNY BLASCHKE

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