Rentner erklärt Unabhängigkeit seiner Insel: Robinson Crusoe im rauen Nordmeer

Vor sieben Jahren kenterte Stuart Hill nahe der winzigen britischen Insel Forvik, lebt seitdem als einziger Mensch dort. Jetzt hat er ihre Unabhängigkeit von Großbritannien erklärt.

Renter mit eigenem Land: Stuart Hill. Bild: taz

Wer sagt, dass Kleinstaaterei out ist? Die Insel Forvik hat am Samstag ihre Unabhängigkeit von Großbritannien erklärt. Forvik ist einen Hektar winzig und liegt westlich der schottischen Shetland-Inseln gleich neben der etwas größeren Insel Papa Stour. Forvik bedeutet "Bucht der Schafe", aber Schafe gibt es ebenso wenig wie Häuser. Der einzige Bewohner Stuart Hill, ein englischer Rentner, lebt in einem Zweimannzelt.

Der 65-Jährige schrieb an Königin Elisabeth, dass er seine Insel direkt der Krone unterstelle, womit sie den gleichen Status habe wie die Kanalinseln und die Isle of Man. Die gehören weder der EU an noch werden sie von London aus regiert. Hill will demnächst Münzen aus reinem Gold ausgeben, die "Gulden" heißen sollen. Er plant auch Briefmarken und eine Nationalflagge. Ein Wappentier hat er schon: Shiver, einen Elefanten. Diese Tiere seien stark und arbeiteten leise vor sich hin, wie die Menschen von Shetland. "Shiver" ist doppeldeutig: Zum einen bedeutet es "frösteln", passend zum rauen Klima. In der Shetland-Sprache heißt es dagegen "anstoßen", und genau das will Hill.

Er möchte die Shetlander anstoßen, sich ebenfalls für unabhängig zu erklären. Schließlich gehörte Shetland im 15. Jahrhundert zu Norwegen. Als die Tochter des Königs Christian den schottischen König Jakob III. heiraten sollte, wurde eine Mitgift von 8.000 Gulden fällig, die Christian nicht hatte. So bot er Shetland als Pfand an. An dem Status habe sich bis heute nichts geändert, behauptet Hill. Er kam durch Zufall auf die Insel: Vor sieben Jahren kenterte er bei Forvik mit seinem selbstgebauten Boot beim Versuch, Großbritannien zu umsegeln. Er wurde von einem Hubschrauber der Royal Air Force, den er zuvor fast mit seiner Leuchtpistole aus Versehen abgeschossen hatte, aus dem Meer gefischt. Seitdem trägt er den Spitznamen "Käptn Kalamität". Seine Frau Violet hatte danach die Nase voll. Sie verkaufte nach 33 Jahren Ehe das gemeinsame Haus in Essex, zog nach Frankreich und machte ihm klar, dass sie keinen Wert mehr auf seine Gesellschaft lege. Hill erwarb die sturmgeplagte Insel im Atlantik, die nun ein Steuerparadies werden soll.

Abgaben werden keine erhoben. So trudeln bereits alle zwei Minuten per E-Mail Anfragen zur Staatsbürgerschaft ein, sagt Hill. Die kostet 1 Forvik-Gulden, immerhin rund 100 Euro. Später will er auch Land verkaufen: Grundstücke in Größe eines Quadratmeters für 400 Euro. "Der Profit wird nach Gutdünken der Volksversammlung verwendet", heißt es in der Verfassung. Die Volksversammlung besteht aus einer Person: Hill, der gerade an einer etwas festeren Behausung baut. Ganz so närrisch ist Käptn Kalamität offenbar nicht. RALF SOTSCHECK

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.