Telekom-Aufsichtsratmitglied Schröder: "Der Umgang wird immer ruppiger"

Im Fall der Telekom-Spitzelaffäre kündigt der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat eine neue Strafanzeige an - und fordert ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.

"In der Telekom ist das Klima sehr angespannt": Konzernzentrale in Bonn Bild: dpa

taz: Herr Schröder, nachdem Sie offenbar vom Konzern bespitzelt wurden - trauen Sie sich noch, mit Journalisten zu telefonieren?

Lothar Schröder: Klar, im Telekomkonzern sind zahlreiche Menschen damit beschäftigt, die Datensicherheit zu gewährleisten. Wenn wir jetzt eine Affäre haben, weil einige Personen im Konzern geglaubt haben, für sie gelten die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit nicht, darf das keine Auswirkungen auf die anderen haben, die einen guten Job machen.

Wie gehen Sie weiter in der Affäre vor?

Unsere Anwälte sind gerade dabei, eine Strafanzeige auszuarbeiten. Grund dafür ist: Im Datenschutzrecht werden manche Delikte nur auf Anzeige verfolgt. Wir werden der Staatsanwaltschaft, in deren Arbeit ich volles Vertrauen habe, noch einige Ermittlungshinweise geben. Unsere Anzeige, etwa wegen des Verstoßes gegen das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz, soll schon in den nächsten Tagen übermittelt werden.

Wie ist die Stimmung im Unternehmen?

Die Beschäftigten sind vielfach sauer, weil die Bespitzelungsaffäre ihre gute Arbeit entwertet. Sie sind auch verärgert darüber, dass die Telekom die Beschäftigten jetzt erneut auf Geheimhaltung verpflichten will. Ich glaube nicht, dass eine Datenlücke bei Monteuren im Kabelloch entstanden ist - da muss man sich eher weiter oben im Konzern umschauen, und dort ermittelt ja auch die Staatsanwaltschaft.

Sie sitzen als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Wie sehr beeinträchtigen mögliche Bespitzelungen grundsätzlich die Vertretung von Beschäftigteninteressen?

Als potenziell betroffene Person merkt man, wie die eigene Unbefangenheit in der Kommunikation leidet. Man macht sich schon Gedanken darüber, mit wem man telefoniert und wer Kenntnis davon bekommen könnte. Mit Blick auf die Mitbestimmung frage ich mich: Welches Klima herrscht eigentlich in einem Konzern, wenn die eigenen Mitbestimmungsträger, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, möglicherweise mit kriminellen Methoden ausspioniert werden? Da werden die Vorzeichen umgekehrt: Aufsichtsräte sind dafür da, Unternehmen zu kontrollieren; Unternehmen sind nicht dafür da, Aufsichtsräte zu kontrollieren.

Wie können in so einem Klima Betriebsräte arbeiten?

In der Telekom ist das Klima sehr angespannt, was aber nicht nur mit der Bespitzelungsaffäre zu tun hat. Derzeit wird der Konzern umgebaut auf dem Rücken des Personals. Bei dem soll immer mehr gespart werden, anstatt Wachstumsperspektiven zu suchen.

Die Telekom ist kein Einzelfall, wenn es um Angriffe auf Arbeitnehmervertretungen geht.

Ein wachsender Teil der deutschen Wirtschaft hat das Maß verloren im Umgang mit Beschäftigten und Gewerkschaften; es geht immer ruppiger zu. Das zeigten schon die Skandale bei Lidl, wo Mitarbeiter überwacht wurden, oder bei der Post, wo eine gelbe Gewerkschaft gegründet wurde, um den Mindestlohn zu verhindern.

Ist jetzt der Gesetzgeber gefragt, um der Ausspähpraxis von Unternehmen ein Ende zu setzen?

Zuallererst brauchen wir eine Rückbesinnung auf Anstand und Moral. Und dann brauchen wir endlich ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.

INTERVIEW: RICHARD ROTHER

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