US-Raketenschutzschild in Tschechien: Moskau droht Nato mit Vergeltung

Gegen Bedrohung aus dem Iran: Die USA und Tschechien unterzeichnen endlich ein umstrittenes Abkommen über ein Raketenschutzschild. Moskau ist nicht amüsiert.

Das sieht Medwedjew nicht gerne: die Unterschrift zum Raketenschutzschild. Bild: dpa

WIEN taz Russlands Präsident Dmitri Medwedjew gab sich auf dem G-8-Gipfel in Japan gelassen: "Wir werden deswegen nicht in Hysterie ausbrechen. Aber Vergeltungsmaßnahmen werden wir uns überlegen." Es ging um die umstrittene Radaranlage, die im tschechischen Brdo, südwestlich von Prag, gebaut werden soll. US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte am Dienstag in Prag - während draußen Demonstranten marschierten - mit Amtskollege Karl Schwarzenberg das bilaterale Abkommen unterzeichnet. Gleichzeitig ließ das Außenministerium in Moskau verlauten, man wolle nicht mit diplomatischen, sondern "mit militärisch-technischen Aktionen" reagieren. Im Klartext: man werde eigene Raketen auf europäische Nato-Staaten richten.

Nach der Lesart der USA und der Prager Regierung geht es keineswegs um eine unfreundliche Geste gegen Moskau. Die Radaranlage, die durch eine Raketenbasis in Polen ergänzt werden soll, ist als Teil eines Schutzschildes gedacht, der Europa und die USA gegen Attacken aus "Schurkenstaaten" wie Iran oder Nordkorea schützen soll. Das Projekt, das 2,25 Milliarden Euro kosten wird, soll spätestens 2013 in Betrieb gehen. Tschechien soll laut Abkommen an Vorbereitungen für die Abwehr möglicher Angriffe beteiligt und bevorzugt geschützt werden.

Ein weiterer Vertrag sieht die Beteiligung tschechischer Wissenschaftler und Unternehmer an der US-Raketenabwehr vor. Noch nicht unterschriftsreif ist ein drittes Abkommen zum Status der US-Soldaten auf der Radaranlage. Schwarzenberg sagte dem österreichischen Radio Ö1, die Russen würden sich nicht wirklich bedroht fühlen, seien aber verärgert, weil sie zu militärischen Aufrüstungsschritten in ihrem Hinterhof zumindest konsultiert werden wollen.

Der Außenminister erklärte das Interesse seiner Regierung an der Anlage mit den Bündnisverpflichtungen als Nato-Staat. Er ist sich aber bewusst, dass der Plan unpopulär ist. Zwei Drittel der Bevölkerung haben sich negativ geäußert. Aktivisten haben über 100.000 Unterschriften gesammelt. Auch im Parlament ist die Opposition fast geschlossen gegen den Schutzschild. Die Regierung kann sich aber auf keine eigene Mehrheit stützen. Ohne einige Stimmen der Opposition geht nichts. Deswegen will sie den Vertrag erst nach den US-Wahlen zur Ratifikation ins Parlament bringen. Bis dahin müsse noch Aufklärungsarbeit geleistet werden. Schwarzenberg: "Das wird schwierig, aber ich hoffe, die Menschen zu überzeugen."

Auch die polnische Raketenbasis ist keineswegs unter Dach und Fach. Vor ihrem Abstecher nach Prag hatte Rice in Washington den polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski empfangen. "Wir haben unsere Positionen geklärt und eine produktive Idee entwickelt", erklärte Sikorski. "Die Gespräche gehen weiter." Warschau befürchtet russische Drohgebärden und will daher eine zusätzliche Modernisierung der Streitkräfte herausschlagen.

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