Kommentar EU-Krise: Mit Zuckerbrot und Peitsche

Die Iren könnten es übel aufnehmen, wenn sie bei einem erneuten Referendum die saure Pille EU-Vertrag mit dem Zuckerstückchen Kroatien herunterschlucken sollen.

Nicolas Sarkozy kommt die europäische Krise gar nicht ungelegen. Gibt sie ihm doch die Chance, als Retter der Europäischen Union deutlich mehr Lorbeeren zu sammeln, als er es als Manager eines x-beliebigen Präsidentschaftshalbjahres hätte tun können. Zehn Tage nach Amtsantritt scheint er seine Handlungsoptionen in der Verfassungskrise bereits abgewogen und sich für einen Lösungsweg entschieden zu haben.

Am 21. Juli reist Sarkozy nach Dublin. Dort wird er wohl der irischen Regierung nahe legen, das Referendum über den EU-Vertrag zu wiederholen und es mit der Frage zu verknüpfen, ob Kroatien der EU beitreten darf. Was Irlands Premier Brian Cowen von der Idee hält, ist bislang nicht bekannt. Er hat sich Bedenkzeit bis zum Dezembergipfel erbeten. Doch Sarkozy will schon Mitte Oktober eine Antwort. Bis Dezember kann er nicht warten, weil dann seine Amtszeit als EU-Ratspräsident schon wieder abläuft. Es wäre eine Pointe, wie sie für die Europäische Union typisch ist, wenn sein Nachfolger Topolanek die Früchte von Sarkozys diplomatischen Mühen ernten würde. Der tschechische Regierungschef, der am 1. Januar die Ratsgeschäfte für sechs Monate übernimmt, ist nämlich selbst ein Gegner des Lissabonvertrags.

Doch selbst wenn es Sarkozy gelingt, in Dublin aufs Tempo zu drücken, hat er damit noch längst nicht alle Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt. Die Iren könnten es übel aufnehmen, wenn sie bei einem erneuten Referendum die saure Pille EU-Vertrag mit dem Zuckerstückchen Kroatien herunterschlucken sollen. Wenn sie ein zweites Mal Nein sagen, wäre es mit der institutionellen Reform und mit der Balkanerweiterung auf Jahre hinaus vorbei. Denn Sarkozy hat mehrfach klargemacht, dass die Reform nicht ohne Irland beschlossen werden kann, dass es aber auch keine Erweiterung ohne Vertragsreform geben wird. Mit seinen deutlichen Worten hat der französische Präsident dafür gesorgt, dass alle wissen, woran sie mit ihm sind. Er könnte aber in den kommenden sechs Monaten noch bereuen, sich nicht ein paar Hintertürchen offen gehalten zu haben. DANIELA WEINGÄRTNER

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