Stoiber versinkt im Stimmungstief

CSU-Chef Stoiber droht der Aufstand in den eigenen Reihen. Junge Parteikollegen fordern offen einen Putsch. In der Parteizentrale kursiert nach Medienberichten eine schmerzhafte Umfrage: Nur noch 39 Prozent würden CSU wählen

AUS MÜNCHEN MAX HÄGLER

Beim Deutschlandtag der Jungen Union Ende Oktober stellte sich Bayerns JU-Chef Manfred Weber noch schützend vor seinen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Durch gut inszenierte Standing Ovations verhinderte er einen Eklat.

Doch jetzt ist es auch Weber zu viel geworden. Offen fordert er im Focus zum „Putsch“ gegen Stoiber auf. Sollte das Grummeln der Basis nicht abnehmen, müsse einer in einem halben Jahr den Aufstand wagen, sagte Weber und verlangte bereits am heutigen kleinen Parteitag eine Diskussion um die Zukunft der Partei: „Sie darf nicht mehr länger nur der Transmissionsriemen der Staatskanzlei sein, sondern muss wieder zur Ideenwerkstatt werden.“ Joachim Herrmann, Chef der bayerischen CSU-Fraktion, konterte den Gedanken heftig: „Von einem Putsch zu reden, das ist Unsinn.“

Doch zumindest die Randerscheinungen deuten auf eine anstehende Palastrevolution hin. So beteuerte Staatskanzleichef Erwin Huber offensiv seine Unschuld: Er selbst sei an „derartigen Spielchen in keiner Weise beteiligt“. Nach dem überraschenden Rückzug Stoibers ist die Partei zutiefst verunsichert.

Aber auch das Volk mag wohl nicht mehr. Laut Bild am Sonntag kursiert in der CSU-Zentrale eine schmerzhafte Umfrage. Demnach würden nur noch 39 Prozent der Wähler für die bisher absolute Volkspartei stimmen. CSU-Generalsekretär Markus Söder widersprach und erklärte, die CSU habe „definitiv keine Umfrage in Auftrag gegeben“. Er sieht seine Partei derzeit bei knapp 50 Prozent. Bereits diese Zahl ist unschön für die Christsozialen, waren sie doch bei der Landtagswahl 2003 noch auf 61 Prozent gekommen.

Doch Stoiber gibt nicht auf. Nachdem die Klärungsgespräche in der Münchner Fraktion nicht sonderlich nachhaltig waren, krempelt er jetzt ganz pragmatisch um, was noch in seiner absoluten Richtlinienkompetenz liegt. Das Kabinett soll attraktiver und jünger werden. Die Minister Werner Schnappauf (Umwelt) und Josef Miller (Agrar) sollen ersetzt werden und Staatskanzleichef Huber dem scheidenden Wirtschaftsminister Otto Wiesheu nachfolgen. Dessen Wechsel in den Vorstand der Deutschen Bahn bezeichnet FDP-Chef Guido Westerwelle als „handfesten politischen Skandal“. Es sei „ein Tiefpunkt der politischen Kultur“, wenn „ein Lobbyist“ zunächst über seine Partei an Koalitionsverhandlungen teilnehme und dann in das Unternehmen wechsle, dem gerade noch Verträge und Pfründen zugeschanzt worden seien.