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Medieninitiative informiert ElternEntblößte Schüler

Im Online-Netzwerk "Schüler VZ" sind Kinder manchmal auf hunderten von Fotos zu sehen. Eine Initiative warnt Eltern: Passt auf, was eure Kinder im Internet machen

Coole Bilder von sich einzustellen, gehört bei Angeboten wie SchuelerVZ dazu. Bild: Screenshot: schuelervz.net

BERLIN taz Sie trägt nur einen knappen Bikini, räkelt ihren braungebrannten Körper am Strand. Sie schaut dabei lasziv in die Fotokamera. Dabei weiß sie selbst vielleicht noch gar nicht, was dieses Wort bedeutet, denn sie ist erst 14 Jahre alt. Ihre Urlaubsbilder hat sie ins Internet gestellt, so dass jeder sie anschauen kann: Ihre Klassenkameraden, ihre Freundinnen, fremde Männer - einfach jeder, der sich bei "Schüler VZ" einloggt.

"80 % aller Nutzer von Onlineportalen spähen Leute aus. Auch Menschen mit kriminellen Absichten oder Pädophile nutzen solche Seiten, um Kontakte herzustellen", warnt deshalb die Initiative "SCHAU HIN! Was Deine Kinder machen." Sie rät Eltern dringend, ihren Kindern über die Schultern zu schauen, wenn sie Fotos von sich und anderen online stellen.

Nicht zu unrecht, wie man merkt, wenn man sich auf den Seiten von Schüler VZ ein bißchen umschaut. Einige Jugendliche sind auf mehreren hundert Fotos zu sehen. Nicht nur auf solchen, die sie selbst ausgewählt haben, auch auf allen, die Freunde - oder Fremde - hochgeladen haben. Gerade junge Mädchen üben sich dabei auf ihren Fotos oft bewusst in Koketterie, lassen sich mit verführerischem Augenaufschlag und knappen T-Shirt fotografieren. In den persönlichen Fotoalben vieler 14-jährigen finden sich neben Schnappschüssen von der letzten Klassenfahrt auch Bilder, die ihre Eltern so gar nicht begeistern würden. Wenn sie davon wüssten.

Nur wissen die Eltern oft nicht mal, was "gruscheln" heißt. Und selbst wenn doch: Wenn ihre Kinder sie nicht gerade freiwillig neben sich am PC sitzen lassen, müssen die Eltern sich schon ins Schüler VZ reinschmuggeln, um ihren Nachwuchs zu kontrollieren. Denn offiziell dürfen nur Schüler ab 12 Jahren die Internetplattform nutzen, und sie können sich nur anmelden, nachdem sie eine Einladung von einem Mitglied erhalten haben. Dass es sich wirklich um eine reine Schüler-Seite handelt, ist aber natürlich eine Illusion: Jeder Erwachsene kann sich unter falschen Angaben einloggen.

Was erwartet einen Elternteil, der sich auf Spionage ins Schüler VZ begibt? Jedenfalls kein virtuelles Sodom und Gomorrha. Neben vielen Harmlosigkeiten aber auch Beunruhigendes: Es gibt Schüler, die ihre gesamten Kontaktdaten öffentlich einsehbar mache. Name, Alter, Schule, Wohnort mit Postleitzahl, manchmal sogar noch ihre ICQ-Nummer, mit der sie im Chat gezielt angesprochen werden können. Die Suchfunktion ermöglicht überdies eine explizite Suche nach bestimmten Personenkreisen, etwa die Suche nach 13-jährigen Mädchen in einem bestimmten Landkreis oder einer bestimmten Stadt.

Auch nach Gruppen kann man suchen: Die Suche nach Gruppen mit dem Wort "Porno" etwa ergibt 300 Treffer. Dass muss allerdings nicht all zu sehr alarmieren: "Porno" wird dabei in vielen Fällen nur als - für Jugendliche ganz harmloses - Adjektiv verwendet, wie in "Paderborn ist porno". Und auch Gruppen wie "Alle die so Porno sind wie wir können nur Pussys sein" sind in der Regel als Ironie zu verstehen - wenn es auch eine Ironie sein mag, die sich vielen Eltern entzieht.

Problematisch wird es allerdings bei Hass-Gruppen, die gegründet werden, um zum Beispiel über einen ganz bestimmten Schüler herzuziehen. Der betroffene Jugendliche wird oft schon im Gruppennamen namentlich genannt, aber auch der Vorname reicht, weil alle Beteiligten in der Regel die gleiche Schulklasse besuchen und somit wissen, wer gemeint ist. Mobbing gibt es nicht nur auf dem Schulhof.

Mehr dazu, wie man Kinder im Internet schützt und Tipps zum Thema "Entblößt im Netz" gibt es auf der Seite schau-hin.info.

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5 Kommentare

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  • M
    MEMorian1024

    So liebe Eltern, ich bin 17 und selbst im SVZ und ich sag mal so...

    Wenn euere Kinder in EUEREM Schlafzimmer eine Kamera installieren, werden sie auch einige Dinge sehen, von denen ihr garantiert nicht wollt das sie das sehen ;)

     

    Und wenn ihr in UNSEREM VZ Spione einschleust wird da genau das selbe rauskommen.

    Es gehört zum erwachsen werden dazu sich eine eigene Meinung und vor allem ein „Image“ anzueignen.

    Und Kontrollieren könnt ihr diesen Prozess nicht, konnten euere Eltern doch wohl auch nicht oder?

    Das einzige was wirklichen Schutz für euere Kinder darstellt ist ein gutes Verhältnis.

    Dann wird (z.B euere Tochter) auch sagen das sie jemanden über ICQ/SVZ/MSN (whatever) kennen gelernt hat und sich mit dem Typen treffen will.

    Doch verbietet ihr schon vorne rein Treffen bzw. Chatten mit Personen aus dem Internet, werdet ihr wahrscheinlich nie dahinter kommen, das sich euere Tochter seit einem halben Jahr mit dem Typen trifft.

    Das gleiche gilt auch für Alkohol…lasst euere Kinder besser in euerem beisein probieren, anstatt sie sich beim „ersten“ Mal mit Freunden gleich ne Alkoholvergiftung zulegen, weil sie noch nie die Erfahrung gemacht haben.

     

    Denkt mal an eueren ersten Lungenzug, ersten Vollrausch, erstes mal, ich denke kaum das ihr dat eueren Eltern erzählt hab bzw. volljährig zu dem Zeitpunkt wart.

     

    Das einzige was ich als negativ am SVZ betrachte ist die Spionage seitens der Eltern bzw. der evt. Späteren Arbeitgeber.

    Das Internet vergisst nie!

     

    PS: Anke…Hut ab so muss eine Mutter sein!

  • R
    RNutzer

    Es geht ja nicht nnur darum, dass Eltern ihren Kindern hinterherspionieren sollen.

     

    Die Eltern sollen aufpassen, dass dem Kind kein Unrecht geschieht, was es selbst noch nicht sehen kann.

    Auch wenn ich nur ungern das Argument "Pädophile" benutzen möchte (wegen seines inflationären Gebrauchs in letzter Zeit), so ist es doch nicht von der Hand zu weisen, dass es eben solche Menschen gibt - mit all ihren bekannten Folgen.

    Die Kinder sollen nicht rund um die Uhr überwacht werden, aber es hilft, sie auf Probleme aufmerksam zu machen. Und die Erfahrung im StudiVZ zeigt, dass es sogar mancher Student - eher die meisten - nicht begriffen hat, was er da tut.

    Das Veröffentlichen der privatesten Daten - egal wo - kann und sollte nicht passieren, wenn man sich nicht auch den Gefahren bewusst ist.

  • J
    Jan

    Ich bin selber Schüler, 20 Jahre alt und auch im SchülerVZ angemeldet.

    Der Artikel ist ziemlich schlecht recherchiert und auch so geschrieben. Vielleicht sollte noch mal ein anderer Redakteur den Artikel redigieren, bevor er online gestellt wird. So stimmt es beispielsweise nicht, dass man nach Schülern eines bestimmten Alters in einer Stadt suchen kann. Man muss dafür auch noch die Schule eingeben.

    Wie Anke schon geschrieben, ist es völlig nebensächlich ob ein Schüler bei SchülerVZ gemobbt werden kann oder nicht, dass kann er auch in anderen Online-Foren oder auf dem Schulweg in der "realen Welt".

    Viel größer ist meiner Meinung nach das Problem von Rechtsradikalen die sich auch auf der Plattform tummeln, genauso wie Islamisten.

    Ein wirklich glorreicher Tipp das sich nun auch noch die Eltern bei SchülerVZ anmelden sollen...

  • M
    matthias

    Wenn ich mittlerweile "im Interesse der Kinder und Jugendlichen" lese oder höre, stellen sich sofort meine Ohren auf, was sich in Wahrheit dahinter verbergen könnte.

     

    Diese Tendenz Jugendliche/Kinder vorzuschieben, um das eigene Gefühl des Unwohlseins gegenüber einem unvertrauten Terrain dahinter zu verstecken, ist für mich ein typischer Ausdruck Symptom von Generationenkonflikten. Da existiert eine exklusive virtuelle Parallelwelt, die für viele Eltern schon längst nicht mehr zugänglich ist; die aber ganz sicher "nicht das richtige, echte Leben ist" - unkontrollierbar, geheimnisvoll, möglicherweise auch sexuell aufgeladen - da muss man doch dringend etwas gegen tun oder wenigstens ein sehr wachsames Auge darauf werfen. Und es gilt: Je weniger vertraut die Leute mit den wirklichen Gepflogenheiten des Netzes sind, desto mehr neigen sie zu einer Dramatisierung des drohenden Missbrauchpotentials, der unvermeidlichen Suchteffekte, der Vereinsamung und nicht zuletzt der Entfremdung gegenüber den wohlwollenden Erziehungsberechtigten. Dass das alles keine neuen gesellschaftlichen Symptome sind, interessiert dabei meist nur ganz am Rande, wenn überhaupt. In den 70ern waren es die Drogen, in den 80ern die Videos und jetzt sind es die Online- und Killerspiele bzw. eigentlich ist ja der damit einhergehende exklusive Freiraum gemeint, diese unkontrollierbare Lücke und plötzlich geschaffene Distanz zwischen Kind und Mama/Papa, wo möglicherweise Dinge geschehen, an denen Eltern nicht teilhaben dürfen.

  • A
    anke

    Mit Spionage gegen Spione - jeder Vater, jede Mutter ein/e kleine/r Schäuble!

     

    Ist die taz jetzt auch noch unter die Erzieher gegangen? Und wenn ja, wieso widmet sie sich dann nicht ganz speziell der Zielgruppe der unter 18-Jährigen? Hat sie Angst, dass von denen niemand die taz liest? Dann ist vielleicht die Tatsache intressant für euch, liebe taz-ler, dass Teenager nicht nur keine Zeitung lesen, sie hören auch nicht auf ihre Eltern. Es nützt mir als Mutter deshalb überhaupt nichts, wenn ich mich von euch moralisch aufmunitionieren lasse .

     

    Ich weiß ganz genau, dass meine Kinder gruscheln. Soll ich ihnen vielleicht um einer vagen Gefahr willen das Internet abdrehen? Und wenn ich einmal dabei bin: wieviel elterliche Autorität werde ich wohl anschließend aufbringen müssen, um ihre Fluchtfantasien zu unterbinden? Welchen Sinn hat ein Wettrüsten Moral versus Trotz? Sollte ich dann vielleicht meine Wählerstimme nächstens all den Parteien antragen, die mir im Wahlkampf ein Verbot des Verkaufs digitaler Kameras an unter 18-jährige versprechen? Und wenn ja, ist dann der übernächste demokratische Akt die Heraufsetzung des Mündigkeitsalters auf 30, später auf 40 oder 50 Jahre?

     

    Es gibt wohl einfach Dinge, die kann man nicht verbieten. Das Leben selbst, nur zum Beispiel, wird sich auch von mir nicht daran hindern lassen, gefährlich zu sein. Ob nun auf dem Schuhlhof gemobbt wird oder im Internet - der Akt an sich bereitet den Menschen lediglich auf das Leben in freier Wildbahn vor. Ob man später eher Opfer oder eher Täter sein wird, entscheidet sich anderswo. Im Kopf nämlich. Und weil ich weiß, dass alle Theorie mausegrau ist, kann ich einstweilen nur dreierlei tun: Ich kann a) darauf vertrauen, dass die ersten 12 Jahre nicht umsonst gewesen sind und ich kann mich b) bemühen, meinen Kindern das Fehlermachen so einfach und so gefahrlos wie irgend möglich zu gestalten. Und c) kann ich anschließend für sie da sein. Dann nämlich, wenn sie endlich beginnen von selbst zu begreifen - und bei mir um Rat nachzufragen.

     

    Meinen Teenagerkindern, das habe ich inzwischen herausgefunden, helfen keine Verbote und keine Vorwürfe, sondern nur möglichst viel praktische Kompetenz meinerseits. Ich werde also wohl doch völlig anders an das Problem herangehen müssen, als Lana Stille.