Tarifttreit in Berlins öffentlichem Dienst: Luftholen in der Streikpause
Während der Schulferien ist der Streik im öffentlichen Dienst ausgesetzt, die Lage in den Ämtern und Behörden normalisiert sich langsam wieder. Die Gewerkschaft Ver.di behält sich allerdings "punktuelle Aktionen" vor
Prügeleien um die letzten Wartenummern, Beleidigungen der Mitarbeiter nach stundenlangen Wartezeiten - während des Streiks im öffentlichen Dienst in den vergangenen Wochen war die Situation in den Ämtern wegen zu wenig Personals immer wieder eskaliert.
Daran erinnern an diesem Donnerstagmorgen nur noch zwei etwas angegraute Männer vom Sicherheitsdienst. Sie stehen in blauer Uniform unübersehbar am Eingang der Kfz-Zulassungsstelle in Kreuzberg. "Wir wurden vor etwa zwei Wochen angefordert, als die Stimmung in der Zulassungsstelle zunehmend aggressiver wurde", erzählt Dietmar Steinert, einer der Sicherheitsleute. "Seit der Streik am Mittwoch unterbrochen wurde, ist es deutlich entspannter hier", sagt er. Es sei zwar etwas mehr los als an normalen Tagen, allerdings sei das wenig verglichen mit der Masse an Menschen, die noch vor drei Tagen bis in den Hof gestanden hätten. "Gestern war ich schon nach 40 Minuten dran", erzählt die Mitarbeiterin eines Zulassungsdienstes, der Autokäufern das Kennzeichen besorgt. "Letzte Woche musste ich fünf Stunden warten. Man konnte froh sein, wenn man überhaupt drankam."
Seitdem die Gewerkschaften den Streik im öffentlichen Dienst am Mittwoch ausgesetzt haben, läuft der Betrieb in den Ämtern wieder weitgehend geregelt. "Die Zulassungsstelle ist ganz normal geöffnet", versichert Christoph Krause, der Abteilungsleiter für Kfz-Wesen in Berlin. Er ist erstaunt, wie schnell sich die Lage normalisiert hat. Auch die anderen Ämter haben wieder regulär geöffnet.
"Weitere Streiktage nach den Ferien sind geplant", erklärt indes Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann. Der Streik sei ausgesetzt worden, da viele Einrichtungen wie Kitas und Horte in den Schulferien sowieso geschlossen haben und zudem viele Angestellte in den Urlaub fahren würden. Zahlreiche Bürger bräuchten zudem neue Ausweise vor den Ferien. "Die Unterbrechung des Streiks soll auch guten Willen gegenüber dem Land signalisieren. Sie wurde schon vor dem Abbruch der Tarifverhandlungen beschlossen", so Splanemann. Einzelne Streikaktionen seien trotzdem möglich.
Anfang der Woche hatten das Land und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes die Verhandlungen für gescheitert erklärt. Am Dienstag hatte der Senat im Alleingang eine "freiwillige Einmalzahlung" an die Angestellten des öffentlichen Dienstes von 300 Euro für dieses und nächstes Jahr beschlossen. Diese war von Gewerkschaftsseite als "Almosen" bezeichnet worden. FRANKA NAGEL
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