Leben in Robert Mugabes Pleitestaat: Die armen Milliardäre von Simbabwe
In Simbabwe versuchen illegale Geldwechsler aus ihrer Staatswährung Geld zu machen. Durch die Hyperinflation hat sich ein florierender Devisenschwarzmarkt entwickelt.
HARARE taz Jeden Tag fährt B. Makoni frühmorgens zum zentralen Busbahnhof von Simbabwes Hauptstadt. Wo die Busse zu Dutzenden Richtung Botswana, Malawi, Mosambik, Südafrika oder Sambia aufbrechen oder Reisende ankommen, macht der 24jährige arbeitslose Exstudent seine Geschäfte: aus Simbabwes wertloser Landeswährung richtiges Geld zu machen. Makoni ist einer der vielen illegalen Geldwechsler in Harare, ohne die die Wirtschaft des Landes längst noch kompletter zusammengebrochen wäre als sie es schon ist.
"Unternehmer schicken ihre Angestellten hierher, um US-Dollar oder südafrikanische Rand zu kaufen", erklärt Makoni. "Auch Nigerianer, die Autowerkstätten führen, oder Kongolesen mit Frisörläden und Handygeschäften gehören zu meinen Kunden." Je höher Simbabwes Hyperinflation wird, desto schneller wollen Simbabwer, die in der Landeswährung bezahlt werden, Devisen kaufen. Fast niemand mehr tut in Simbabwe sein Geld auf die Bank. Die Devisen kriegen Makoni und seine Kollegen wiederum von den Überweisungen aus Simbabwes Diaspora - mehr als fünf Millionen Menschen, drei Millionen davon in Südafrika.
"All diese Leute schicken ihren Familien in der Heimat Geld", sagt der Geldwechsler. "Sie investieren auch in Immobilien und Unternehmen." Das sichert einen stetigen Strom von ausländischer Währung nach Harare. "Wir stellen keine Fragen", so Makoni. "Du brigst deine harte Währung und kriegst den Tageskurs. Sogar die kleinen Geldwechsler kommen zu uns und tauschen ihre Einkünfte um."
Er selbst begann ganz unten - mit 100 britischen Pfund, die ihm sein Bruder aus Großbritannien schickte. Da er seit seinem Studienabschluss vor zwei Jahren keinen Job gefunden hat, nutzte er dieses Starkapital, um in den illegalen Markt mit Devisen einzusteigen. Alle Waren in Simbabwe sind in US-Dollar ausgepreist, weil der Zim-Dollar täglich an Wert verliert - rund die Hälfte pro Woche, bei einer geschätzten Jahresinflationsrate von neun Millionen Prozent, offiziell 2,2 Millionen.
Jahrelang galt ein inzwischen völlig lächerlicher offizieller Wechselkurs von 35.000 Zim-Dollar pro US-Dollar - bei einem realen Wechselkurs von 12 Milliarden Ende Juni und 60 Milliarden heute. Damit konnte die Elite, die Zugang zum offiziellen Kurs hatte, Luxuseinkäufe praktisch zum Nulltarif tätigen. Im Mai hat Zentralbankchef den offiziellen Wechselkurs liberalisiert; er stieg sofort auf 160 Millionen Zim-Dollar für einen US-Dollar. Das hat immer noch nichts mit dem Parallelkurs auf der Straße zu tun.
Mit dem neuen offiziellen Kurs dürfen jetz Importe nach einer staatlich festgesetzten Prioritätsliste gekauft werden. Ganz oben auf der Liste sind Getreide, Düngemittel, Saatgut, Tiermedikamente und landwirtschaftliche Maschinerie. Dann kommen Treibstoffe und Strom und andere Maschinen. Die Liberalisierung hat den Schwarzmarkt eher weiter angeheizt, weil nur geringe Mengen von Geld zu diesem Kurs zur Verfügung zu gestellt werden. Obwohl die Zentralbank die Obergrenze für Abhebungen an Geldautomaten erst vor wenigen Wochen von 25 auf 100 Milliarden Zim-Dollar pro Tag erhöhte, kommen die meisten Menschen kaum noch an Geld heran und wenden sich den Geldwechslern zu.
"Das ist, wo wir unser Geschäft machen", sagt ein Geldwechsler. "Wenn jemand 100 US-Dollar über die Bank umtauschen will, muss er über drei Monate lang jeden Tag die Obergrenze ausschöpfen, bevor er den Gegenwert in lokaler Währung zusammenhat." Zumal wird lokale Währung knapp, seit die deutsche Druckerei Giesecke & Devrient auf Druck der deutschen Regierung die Lieferung von Banknotenpapier nach Simbabwe eingestellt hat und daher nicht mehr ständig neue Scheine gedruckt werden können.
Gewinne machen die Geldwechsler dadurch, dass sie Zim-Dollar besonders günstig im Gros einkaufen. Viele Unternehmen, beispielsweise Speditionsfirmen, häufen regelmäßig gigantische Mengen an simbabwischen Geldscheinen an, die sie bereit sind, mit bis zu 20 Prozent Abschlag zu verkaufen. Damit kommen sie schnell an Devisen heran und die Geldwechsler haben lokale Währung, die sie gewinnbringend auf dem Schwarzmarkt verkaufen können. Meist gibt es feste Geschäftsbezeihungen zwischen einzelnen Firmen und Geldwechslern.
Sogar die Regierung und Zentralbank nutzen den Schwarzmarkt. Schließlich muss auch der Staat seine Rechnungen bezahlen, und die Zentralbank kauft gerne Devisen ein. Einzelne regierungstreue Geschäftsleute bekommen immer wieder Landeswährung in Billionensummen zugeteilt, um auf der Straße Devisen einzukaufen und damit den Schwarzmarkt praktisch auszutrocknen - was natürlich nicht vollständig gelingen kann. Ein solcher "Cash Baron" erzählt, dass er immer wieder von der Zentralbank große Summen Landeswährung auf Kommission erhält, um damit möglichst viel harte Währung einzukaufen. Damit geht er nach Mutare, der Grenzstadt zu Mosambik und Hochburg des illegalen Diamantenhandels. Die Diamanten kauft er dann im Staatsauftrag gegen Devisen ein.
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