DIE WERBEPAUSE
: Farbe her!

Ein Aufprall, das Fahrwerk bricht weg, ein Flügel knickt ab, Funken sprühen, Passagiere schreien, das Flugzeug mit dem Alitalia-Logo auf Rumpf und Heckflosse schießt 300 Meter über die Piste hinaus. Nur knapp schrammte der Alitalia-Flug Pisa–Rom am Samstagabend an einer Katastrophe vorbei; am Ende wurden 16 Verletzte unter den 50 Personen an Bord gezählt.

Aber war es überhaupt ein Alitalia-Flug? Gewiss, die Flugnummer mit dem Kürzel „AZ“, die Bemalung des Fliegers, die Uniformen der Stewardessen – alles war im vertrauten Look gehalten. Doch wo Alitalia draufsteht, ist noch lange nicht Alitalia drin. Bedient wird die Strecke Pisa–Rom – genauso wie die Verbindung Ancona–Rom nämlich seit April 2012 von der rumänischen Linie Carpatair – bloß wissen sollte es keiner. Mit gutem Grund: Allein in den letzten Wochen vor dem Unfall fielen die Karpaten-Flieger durch fünf mittelschwere Zwischenfälle auf, Druckverlust an Bord, Treibstoffverlust und andere unschöne Dinge.

Doch am frühen Sonntagmorgen rückte eine Lackiererkolonne an, und ruck, zuck waren die Alitalia-Farben übertüncht, bloß das kleine Logo der Leihflieger von den Karpaten war noch auszumachen. „Das war doch nicht einmal eines unserer Flugzeuge“, rechtfertigte sich der Alitalia-Direktor für das operative Geschäft in einem TV-Interview, „es war von Carpatair, das war ihr Gerät, ihr Personal, und auch der eventuelle Irrtum ist ihrer“, kurzum: hier sei es darum gegangen, „Negativwerbung zu vermeiden“.

Gerade die aber ist mit der Malaktion aufs Beste geglückt. Jetzt, wo nicht mehr Alitalia auf dem Wrack draufsteht, ist sich Italien einig: So oder so war da Alitalia drin. Und der Verband der Flugbegleiter bilanziert: „Ein Pinselstrich reicht nicht, um die Schande aus der Welt zu schaffen.“ MICHAEL BRAUN, ROM