piwik no script img

Höhere Strafen gegen TelefonmarketingWenn der Werber dauernd klingelt

Firmen, die mit Anrufen nerven, drohen demnächst Geldbußen von bis zu 50.000 Euro. So will es jedenfalls das Bundeskabinett. Verbraucherschützern genügt das nicht.

Wir wäre es mit Terror zurück? "Warten Sie bitte, meine Frau kümmert sich um unsere Verträge..." Bild: dpa

BERLIN taz Das Problem kennt jeder: Man sitzt gemütlich am Esstisch, das Telefon klingelt - und wer ist dran? Ein Telefonwerber, der einem einen Handytarif, einen Kreditvertrag oder ein Lottoabo aufschwatzen möchte. Eigentlich ist diese Reklameform in Deutschland bereits verboten, wenn der Kunde dem nicht explizit zugestimmt hat. Das hindert die Branche jedoch nicht daran, es trotzdem zu versuchen: Der Strafrahmen ist eher gering.

Die Bundesregierung will das nun ändern. Am Mittwoch beschloss das Kabinett einen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums, laut dem Firmen, die unerlaubte Telefonwerbung durchführen, künftig Geldbußen in Höhe von bis zu 50.000 Euro drohen. Und es wird nochmal konkretisiert: Die Werber dürfen nur die Bürger anrufen, die ausdrücklich die Erlaubnis erteilt haben, das man sie anruft.

Noch wichtiger: Der von Justizministerin Brigitte Zypries erarbeitete Entwurf enthält ein Widerrufsrecht für alle Verträge und Geschäfte, die bei solchen Anrufen abgeschlossen wurden. Bis zu 14 Tage lang soll man es sich nach dem telefonischen Überfall noch einmal anders überlegen dürfen.

Zudem soll der Abschluss langfristiger Verträge nur dann möglich sein, wenn der Kunde dies zusätzlich schriftlich bestätigt - das betrifft etwa den Wechsel der Telefongesellschaft oder des Energieversorgers.

Zudem soll die Verschleierung der Identität des Anrufers per Rufnummernunterdrückung künftig nicht mehr erlaubt sein. Denjenigen, die sich nicht daran halten, drohen dann Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro.

Die neue Regelung, die noch von Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden muss, ist jedoch umstritten. Marketingfirmen beklagen, die Hürden in der Telefonwerbung seien zu hoch. Die Verbraucherzentralen halten sie dagegen für zu niedrig. Deren Bundesverband, der VZBV, urteilt: "leider nicht ausreichend". Die Branche verdiene Millionengewinne. Dem nun geplanten Bußgeldkatalog fehle deshalb das Abschreckungspotenzial.

Schätzungen zufolge werden entnervte Bürger bis zu 300 Millionen Mal im Jahr angeklingelt. Einige Politiker - wie der bayerische Verbraucherschutzminister Otmar Bernhard - hatten deshalb gefordert, dass telefonische Verträge und Bestellungen grundsätzlich schriftlich bestätigt werden müssten.

Zypries hatte dies allerdings abgelehnt, weil so ja "selbst die Bestellung einer Pizza" nur noch in Schriftform möglich sei. Die Verbraucherschützer können das nicht nachvollziehen: Schließlich gehe es um Werbeanrufe, nicht etwa Bestellungen, bei denen der Kunde selbst zum Hörer greift.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!