Kommentar Stromzuschüsse: Licht ist kein Luxus

Über die liberalisierte Energiewirtschaft und hohe Preise zu jammern, bringt nichts. Statt dessen müssen Hartz-IV-Empfänger staatliche Stromkostenzuschüsse bekommen.

Jeden Tag zwei Brötchen gratis; wer ein drittes will, muss dafür 1 Euro zahlen. Wer mit einer solchen Regelung auf die steigenden Getreidepreise regieren will, müsste viele Fragen beantworten. Wer will all die Bäcker kontrollieren? Wer will kontrollieren, ob die Käufer tatsächlich ihre Oma mitversorgen und daher zu Recht zwei Brötchen umsonst mitnehmen dürfen? Müssen wieder Lebensmittelkarten eingeführt werden? - Solange Bäcker nicht Staatsangestellte sind, so lange würde eine solche Budgetierung nicht funktionieren.

Im Kern wird aber derzeit in der Politik ein solches Modell für den Stromsektor diskutiert. Der SPD-Umweltpolitiker Hermann Scheer hat vorgeschlagen, dass allen Bürgern eine Grundmenge Strom kostenlos zugeteilt wird. Wer mehr verbraucht, muss mehr zahlen. Die abgeschwächte Variante wären Sozialtarife, die die Konzerne Geringverdienern einräumen. Die ökologisch Korrekten fordern Zuschüsse zum Kauf von neuen effizienten Geräten. Doch was nützt ein langfristig sinnvoller Zuschuss für den Superkühlschrank, wenn jetzt das Geld kaum reicht, ihn zu füllen?

Klar ist, es muss eine Lösung gefunden werden, die den einkommensschwachen Haushalten schnell hilft. Und denen hilft es nicht, über die liberalisierte Energiewirtschaft zu jammern. Die war schließlich politisch gewollt, und bis dieses Rad zurückgedreht ist, sitzen die Armen längst im Dunkeln. Daher müssen jetzt Stromkostenzuschüsse für Hartz-IV-Empfänger oder Wohngeldbezieher eingeführt werden. Und diese müssen selbstverständlich aus dem Staatshaushalt finanziert werden. Denn von Energiekonzernen, die privatisiert wurden, um Kosten zu sparen und nationale Champions für den Weltmarkt zu schmieden, soziale Tarife zu fordern, ist entweder ein populistischer Slogan zum Stimmenfang - oder es ist naiv. Für den sozialen Ausgleich aber ist der Staat zuständig, das Werkzeug heißt Steuerpolitik. Und um dafür Geld zu haben, könnte man zum Beispiel noch einmal die Unternehmensteuerreform überdenken, die deutschen Kapitalgesellschaften und damit auch den Energiekonzernen seit diesem Jahr milliardenschwere Sondererträge beschert.

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