Welt-Aids-Konferenz: UNO fürchtet zu viel Zuversicht

Die Aids-Konferenz in Mexiko-Stadt eröffnet mit Plädoyers für "langfristige und nachhaltige" Finanzierung. Denn die gestiegenen Ausgaben tragen Früchte.

Im Global Village malen Frauen ein Banner für die Welt-Aids-Konferenz. Bild: ap

Der Star der Konferenzeröffnung war eine 12-Jährige aus Honduras. "Ich will Sängerin werden", erklärte die HIV-positive Keren Dunaway-Gonzalez den Delegierten der 17. Welt-Aids-Konferenz in ihrer Auftaktrede in Mexiko-Stadt. "Viele von uns wollen Ärzte oder Lehrer werden. Aber diese Träume werden nur möglich, wenn wir Medikamente haben, wenn man uns zur Schule gehen lässt, und wenn wir in einem Klima ohne Gewalt, Stigmatisierung und Diskriminierung aufwachsen."

Mit 22.000 Delegierten ist die Welt-Aids-Konferenz in Mexiko, die am Sonntag begann und bis Freitag dauern sollte, die bisher zweitgrößte und die allererste in Lateinamerika, das von HIV/Aids relativ wenig betroffen ist. Das Konferenzthema "Universal Action Now" - Allgemeines Handeln jetzt - reflektiert den Willen der UN-Organisatoren, an politische Verantwortliche weltweit zu appellieren, in ihren Bemühungen zur Bekämpfung von Aids nicht nachzulassen. Denn als Ergebnis der Versechsfachung der Ausgaben für Prävention und Behandlung in armen Ländern sind die ersten deutlichen Erfolge jetzt sichtbar, wie die UN-Aidsbekämpfungsorganisation UN-Aids letzte Woche in ihrem neuen Welt-Aids-Bericht vorrechnete: Die Zahl der Aidstoten, die 2001 weltweit bei 1,7 Millionen lag und 2005 bei 2,2 Millionen, sank 2007 auf 2 Millionen; die Zahl der Neuinfektionen sank zwischen 2001 und 2007 von 3 auf 2,7 Millionen; die Zahl der HIV-Infizierten und Aidskranken liegt bei 33 Millionen weltweit und scheint sich zu stabilisieren. Die Zahl von Kindern, die an Aids sterben, sinkt seit 2003 ebenso kontinuierlich wie die von Kindern, die sich anstecken - diese Zahl lag 2007 noch bei 370.000, gegenüber 450.000 vor sieben Jahren.

Mit solchen kleinen Erfolgen gehen die UN-Verantwortlichen heute gegenüber der Öffentlichkeit viel vorsichtiger um als mit früheren apokalyptischen Prophezeiungen einer sich unkontrollierbar immer weiter ausbreitenden Pandemie. Denn sie fürchten, dass die erst jüngst gesteigerten Ausgabenprogramme zur Aidsbekämpfung dann gleich wieder zusammengestrichen werden könnten. Bei den Reden auf der Konferenz in Mexiko-Stadt dominieren daher Warnungen. "Das Ende von Aids ist nirgendwo in Sicht", erklärte in seiner Rede UN-Aids-Direktor Peter Piot: "Jeden Tag werden fast dreimal so viele Leute mit HIV infiziert wie neue antiretrovirale Behandlungen beginnen." UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, gerade die Erfolge bedeuteten, dass die Ausgaben weiter steigen müssten: "Die Antwort auf HIV und Aids bedarf langfristiger und nachhaltiger Finanzierung. Wenn mehr Menschen behandelt werden und länger leben, muss dafür über die nächsten Jahrzehnte viel mehr Geld eingeplant werden." 70 Prozent der Aidskranken erhalten keine antiretrovirale Therapie, erklärte Ärzte ohne Grenzen.

Nach dem G-8-Gipfel in Japan Anfang Juli hatten Hilfswerke protestiert, dass bisherige Zusagen für eine deutlich erhöhte Finanzierung des weltweiten Kampfes gegen Aids aufgeweicht worden seien. Die auf US-Initiative erfolgte Zusage des G-8-Gipfels von Heiligendamm 2007, die Hilfsgelder für den Kampf gegen Aids, Malaria und Tuberkulose auf 60 Milliarden Dollar zu verdoppeln, sei nun auf fünf Jahre gestreckt und auf das Gesundheitswesen allgemein ausgeweitet worden, kritisierte das Aktionsbündnis gegen Aids. Andererseits hat die US-Regierung inzwischen ihr Gesundheitsprogramm "Pepfar", das Ende dieses Jahres ausläuft, für die kommenden fünf Jahre von bisher 15 auf nunmehr 48 Milliarden Dollar erhöht - darunter zwei Milliarden Dollar jährlich für den Globalen Aidsfonds. Das sei "die größte Errungenschaft" der acht Jahre Bush-Präsidentschaft, lobte danach Joe Biden von den Demokraten, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats.

Aber die Welt-Aids-Konferenz ist keine Finanzierungskonferenz, sondern ein Treffen von Experten und Wissenschaftlern. Es gehe unter anderem um die Stärkung nationaler Gesundheitssysteme, den Dialog zwischen verschiedenen Weltregionen und bessere Synergien zwischen Prävention und Behandlung, heißt es im offiziellen Programm. Nicht schlagzeilenträchtig, aber für Praktiker zentral.

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