Farce um Präsidentschaftskandidatin: Genossen linken sich selbst

Die Linke weiß selbst nicht, ob sie einen eigenen Kandidaten für die Wahl zum Bundespräsidenten gefunden hat oder nicht.

Nur der Schatten einer Ahnung: Die Linke kann sich nicht auf eine Präsidentschaftskandidatin einigen. Bild: dpa

BERLIN taz Vielleicht ist alles ja eine clevere Taktik gewiefter Politstrategen. Dieser Eindruck wäre den Führungsleuten der Linken sicher lieber als der, den die Partei derzeit bei der Frage nach ihrem Präsidentschaftskandidaten erweckt. Seit Tagen nämlich bemühen sich die Genossen, möglichst verwirrende Antworten auf die Frage zu geben, ob sie denn nun jemanden haben, der für sie im Mai 2009 gegen Horst Köhler und Gesine Schwan antritt.

Den Anfang machte am Dienstag einer, der eigentlich ein Experte für innerparteiliche Kommunikation ist. Der Bund-Länder-Koordinator der Linken, Bodo Ramelow, sagte einer Zeitung, seine Partei habe die Suche nach einem Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl erfolgreich beendet. Namen nannte er nicht, ließ aber durchblicken, es handele sich um eine Frau: "So war es verabredet."

Dies ließ die stellvertretende Parteivorsitzende Halina Wawzyniak nicht ruhen. Die gelernte Juristin sah die Entscheidungsgremien der Partei überrumpelt von einem Männerklub, der nach Belieben Absprachen im kleinen Kreis treffe. "Offensichtlich kennen die Herren über 50 so was wie Telefonkonferenzen oder E-Mail nicht", monierte Wawzyniak und schrieb den Genossen einen bösen Brief. Offiziell mit der Kandidatensuche beauftragt sind die beiden Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine und Lothar Bisky sowie Fraktionschef Gregor Gysi. In der nächsten Sitzung des Parteivorstands Ende August hätte Wawzyniak von diesen Herren gern eine Antwort auf die Frage, ob sie auch mal etwas erfahren dürfe, "oder ob ich mir den ganzen Quatsch sparen kann".

Seither versuchen die Gescholtenen und ihre Mitarbeiter zu retten, was zu retten ist. "Wir werden keine Entscheidung vor der Bayernwahl treffen", diktiert Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch nun jedem fragenden Journalisten in den Block - auch der taz. Erst nach der Bayernwahl Ende September werde die Partei ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten der Öffentlichkeit präsentieren. Dann steht die Zusammensetzung der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt, fest. In jedem der bis zu drei Wahlgänge werde sich die Partei um einheitliche Abstimmungen bemühen, kündigte Bartsch an.

Dies lässt sich deuten als Versuch, die Stimmen der Linken möglichst teuer zu verkaufen. In einem möglichen dritten Wahlgang könnten nämlich je nach Mehrheitsverhältnissen ihre Voten entscheidend sein - und bei geschlossener Stimmabgabe die SPD-Kandidatin Schwan gewinnen. Gar nicht erfreut zeigten sich Genossen daher, als Fraktions-Chef Gregor Gysi vorige Woche bei einem Geheimtreffen mit Schwan ertappt wurde. Die hatte Gysis Kollegen Oskar Lafontaine wiederholt als "Demagogen" bezeichnet und damit unter Linken nicht gerade Sympathien geweckt. Gerüchte über eine eigene Kandidatin kommen da gerade recht. Die PDS stellte nur im Jahr 1999 mit Uta Ranke-Heinemann eine eigene Kandidatin auf.

Wer der Theologin zehn Jahre später nachfolgen könnte, darüber schweigen führende Genossen nun so eisern, wie sie es am liebsten von vornherein getan hätten. Immerhin scheint klar, wer nicht antreten wird. Vor Monaten hatten Medien berichtet, die Partei erwäge, die Schriftstellerinnen Christa Wolf oder Daniela Dahn für eine Kandidatur zu gewinnen. Prompt bat Gysi öffentlich die Möchtegernkandidatinnen für diese Gerüchte um Entschuldigung.

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