Parteitag der Linken im Saarland: Oskar Lafontaine als Kaninchen

Bei dem Parteitag der Linkspartei wäre alles unter 100 Prozent für Lafontaine eine Sensation. Denn: Es gibt nur einen Kandidaten.

Lafontaine, hier allerdings nicht als Kaninchen. Bild: reuters

FRANKFURT AM MAIN Es ist alles vorbereitet für den großen Auftritt des kleinen Magiers aus der Villa der Gerechtigkeit in Wallerfangen auf dem Parteitag der Linken an der Saar an diesem Sonnabend in Neunkirchen. Kurz vor Mittag wird er auf einem Podest seinen Zauberstab kreisen lassen.

Dann werden die sieben Heilsversprechen des Oskar Lafontaine - wiedergeboren als Kaninchen - aus seinem Zylinder springen und die ganze Welt beglücken; wenigstens aber das Saarland: Arbeit und Wohlstand, Frieden und Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit für alle - und das Recht auf Einfalt. Nach dem Essen - "Hauptsach` gudd gess!", wie der Saarländer sagt - wird dann gewählt.

Eine leichte Übung zur Verdauung für die 160 Delegierten, denn es gibt nur einen Kandidaten: Oskar Lafontaine. Alles unter 100 Prozent bei seiner avisierten Schilderhebung zum Spitzenkandidaten der Linken für die Landtagswahl im Herbst nächsten Jahres wäre eine Sensation.

Dass Landesparteitage der Linken mit Lafontaine eigentlich "Gottesdienste" sind, war schon im vergangenen Jahr in Hessen zu bestaunen. Seine pointierte Abrechnung mit der SPD löste im Auditorium Jubelstürme aus; und seine verbalen nostalgischen Ausflüge in die gute alte Zeit der deutschen Sozialdemokratie noch ganz ohne Harz IV und "Kriegseinsätze" deutscher Soldaten in Afghanistan rührte alle Renegaten der SPD, denen die Linke neue Heimat wurde, zu Tränen: "Venceremos!" riefen Veteranen der DKP dazu und ballten die Faust. Und die "Oskar-Kids" mit Che` auf Hemd und Feuerzeug klatschten sich die Hände rot.

So wird es auch in Neunkirchen wieder sein; vielleicht ein bisschen proletarischer als 2007 in der Kapitalistenmetropole Frankfurt. Die alten (Veranstaltungs-) Scheunen im Saarland knarzen im Gebälk. Und mit Frikadelle an Senf und Brezel ist man dort schon gut bedient, aber sicher auch ein bisschen euphorischer gestimmt - mit Blick auf die nahe Zukunft. Denn mit Oskar Lafontaine als Frontmann rechnet sich die Linke an der Saar mehr aus als die zerstrittenen Genossen in Hessen damals, die dann im Januar mit sechs Prozent gerade einmal die Fünfprozenthürde knapp übersprangen.

"18,5 Prozent plus X" ist das Credo von Lafontaine und seinem Parteichef Rolf Linsler, der als ehemaliger Landeschef von Ver.di erst spät (2007) von der SPD zu Linken konvertiert ist. Auf 18,5 Prozent kam die Linke bei der Bundestagswahl 2005. Das war noch vor der Vereinigung von WASG und PDS (Linkspartei) an der Saar. Und vor der "ganz persönlichen Entscheidung" von Lafontaine, im Saarland bei den Landtagswahlen antreten und vor allem der SPD mit seinem inzwischen ungeliebten Ziehkind Heiko Maas an der Spitze Paroli zu bieten.

Bei schon 19 Prozent angelangt sahen die Demoskopen die Partei zuletzt im Frühsommer. Mit "weit über 20 Prozent" werde die Linke 2008 aus der Landtagswahl hervorgehen und wohl zweite Kraft hinter der CDU von Ministerpräsident Peter Müller werden, glaubt Lafontaine zu wissen.

Am Ende wird entscheidend sein, ob die Linke vor der SPD über die Ziellinie geht - oder eben doch nicht, wie Maas und seine Sozialdemokraten inständig hoffen. Liegt nämlich die SPD vorne ist eine Koalition aus SPD und Linken - eventuelle noch mit den Grünen – zwar immer noch machbar; aber nicht mehr mit Lafontaine. Vize unter Maas will und wird er nicht werden. Dann bleibt er in Berlin: als Bundesparteichef und Bundestagsabgeordneter. Umgekehrt will Maas nicht unter Lafontaine dienen. Und was dann? Ein Tabuthema bei der SPD.

Weitere Listenplätze werden in Neunkirchen nicht besetzt. Zu groß noch ist das Gerangel um die aussichtsreichsten Ränge. Lafontaine weiß genau: Streit goutiert der Wähler nicht; der wird hinter den Kulissen ausgefochten. Gewählt wird erst, wenn die Liste komplett ist. So ist das - im Sozialismus; aber auch bei CDU, SPD und FDP.

Ein Programm will die Linke in Neunkirchen aber schon noch verabschieden. Bislang nämlich hatte die Partei - zum Amüsement der Konkurrenz - noch keines. Dafür aber Mitgliederzulauf. Mehr als 2.500 sind es schon. Und der Menschenfischer Lafontaine wirft an der Saar weiter seine Netze aus; auch Sozis zappeln darin immer wieder, zuletzt Ende Juli ein SPD-Mann aus Saarlouis. Mit Joachim Schütz ist die Linke jetzt dort auch im Kreistag vertreten.

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