Randsportart Softball: Außenseiter unter Außenseitern

Zum letzten Mal bei Olympischen Spielen gibt es einen Softball-Wettbewerb. Abschreiben darf man aber die Randsportart nicht.

Schlimmer als Kugelstoßen sieht es auch nicht aus. Bild: reuters

PEKING taz Wenn das Vogelnest das Herz der Olympischen Spiele sein soll, dann ist das Softballstadion ihr kleiner Zeh. Das Fengtai Sports Center, wo an diesem Dienstag der Wettbewerb der acht Teams beginnt, liegt im Südwesten Pekings, kaum eine Sportstätte ist vom Olympiastadion schwerer zu erreichen. Ein Zufall? Oder doch Methode? Der Softball ist der Außenseiter unter den Außenseitern bei den Sommerspielen. Zum vierten Mal wird in China ein Olympiasieger in dieser Disziplin gekürt, die als eine von drei Sportarten, neben dem Synchronschwimmen und der Rhythmischen Sportgymnastik, ausschließlich den Frauen vorbehalten ist. Zum letzten Mal ist Softball im Programm, vorerst. Es gibt nicht viele Nationen, die deshalb trauern, eine aber umso mehr: die USA, Sieger der bisherigen Turniere und Favorit in Peking.

Der amerikanische Trainer Mike Candrea und seine 15 Spielerinnen sind in diesen Tagen nicht nur auf Goldmission, sondern auch auf Wahlkampftour. Manchmal wird daraus auch eine Rechtfertigungsarie. 2004 wurden die USA ungeschlagen Olympiasieger. In den drei Sommerspielen verlor das Team lediglich viermal, in den elf Weltmeisterschaften seit 1965 nur zehnmal. Die Dominanz der Amerikanerinnen hat die Etablierung einer spannenden und ausgewogenen Sportart bei Olympia blockiert. "Aber was können wir dafür?", fragte Spielerin Stacey Nuveman auf einer Pressekonferenz. "Wir sind Athleten. Auf dem ganzen Planeten gibt es keinen Sportler, der verlieren möchte."

Softball ist, ebenso wie sein männlicher Bruder Baseball, ein amerikanisches Heiligtum. In den USA werfen Millionen in ihrer Freizeit die 167 Gramm schwere Kugel mit gestrecktem Arm von unten auf den Fänger, die Profis mit bis zu hundert Stundenkilometern. Softballerinnen wie Jennie Finch aus Bellflower, Kalifornien, werden zu Stars stilisiert, hin und wieder lässt sie sich auch im Bikini ablichten. Auch in Australien und Japan wird Softball zumindest wahrgenommen, in Europa dagegen ist er eine Nische geblieben, in Deutschland spielen gut 6.000 Mädchen und Frauen. Bundestrainerin Claudia Effenberg, die Schwester des ehemaligen Profis Stefan Effenberg, hatte einmal gesagt, das deutsche Team habe erst wieder eine Chance auf eine Olympiateilnahme bei Spielen im eigenen Land.

Viele deutsche Spielerinnen bilden sich in den USA fort. Andere Mannschaften rekrutieren in den Staaten ihr Nationalteam. Gastgeber Griechenland spielte 2004 in Athen zum Beispiel mit zwölf gebürtigen Amerikanerinnen, denen griechische Wurzeln nachgewiesen worden waren. "Wir verabschieden uns, aber wir verabschieden uns nicht für immer", sagte die amerikanische Spielerin Jessica Mendoza. Nach den Spielen in London 2012 kann sich Softball, ebenso wie Baseball, für eine Rückkehr bewerben. Dabei ist der Einfluss des amerikanischen Fernsehens nicht zu unterschätzen, erst recht nicht, sofern Chicago zum Austragungsort 2016 ernannt werden sollte. Der amerikanische TV-Riese NBC, einer der wichtigsten Geldgeber des IOC, hat für 2016 noch keinen Vertrag unterschrieben. Das dürfte den Chinesen herzlich egal sein. Sie haben das Problem, das frühere Gastgeber auch hatten. Was soll Peking nach dem Finale mit dem riesigen Fengtai Sports Center anstellen?

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