Trotz ausgefallener Georgien-Pipeline: Erdölbranche im Geldrausch

Ölstaaten und Energiekonzerne verzeichnen Rekordgewinne. Und das Geschäft wird hoch profitabel bleiben, meinen Analysten - trotz des Ausfalls einer wichtigen Pipeline durch Georgien.

Das Geschäft mit Öl lohnt sich: Exxon hat mit 11,7 Milliarden US-Dollar den höchsten Quartalsgewinn aller Zeiten eines US-Unternehmens erzielt. : ap

Die hohen Energiepreise füllen die Kassen der Erdölproduzenten wie noch nie. Nach Berechnungen des US-Energieministeriums haben die 13 Opec-Staaten im ersten Halbjahr 2008 mit ihren Ölexporten schon fast so viel eingenommen wie im gesamten Jahr 2007. "In den ersten sechs Monaten haben die Opec-Staaten geschätzte Einkünfte über 645 Milliarden US-Dollar mit ihren Ölexporten erzielt", heißt es in dem Bericht der Energy Information Administration (EIA). 2007 betrugen die gesamten Erdöl-Exporterlöse der Opec 671 Milliarden US-Dollar. Für das laufende Jahr erwartet die EIA nahezu eine Verdoppelung der Opec-Einnahmen: Sie sollen 1.251 Milliarden US-Dollar betragen, ein Jahr später 1.322 Milliarden US-Dollar. Allein die sechs Golfstaaten werden von 2006 bis 2010 so viel Geld mit ihrem Erdöl verdienen wie in den 20 Jahren zuvor, schätzt die britische Bank HSBC.

Auch die Ölkonzerne haben massiv von der Ölpreisrallye profitiert: Allein die Ölkonzerne Exxon und Shell setzten im zweiten Quartal 173 Milliarden US-Dollar um. Das ist mehr als die gesamte Wirtschaftsleistung Portugals. Für diesen Zeitraum hat Exxon, der größte börsennotierte Ölkonzern der Welt, mit 11,7 Milliarden US-Dollar den höchsten Quartalsgewinn aller Zeiten eines US-Unternehmens bekanntgegeben.

Mit den Petrodollars gehen die Erdölstaaten vor allem in Asien auf Einkaufstour. Die Importe der Opec-Staaten legten im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent zu. Zudem haben sich staatliche Investmentfonds aus den Golfstaaten mit Milliardenbeträgen in der Citibank und anderen Konzernen eingekauft. Darüber hinaus investieren die Golfstaaten Milliarden Dollar in eigene Mega-Infrastrukturprojekte.

Selbst der jüngste Einbruch des Ölpreises um 20 Prozent auf knapp 120 Dollar pro Barrel dürfte den Geldrausch der Ölexporteure kaum beenden, denn die Nachfrage wird weiter zulegen. 2009 werde die tägliche Nachfrage um 70.000 Barrel (à 159 Liter) auf 87,8 Millionen Barrel steigen, schreibt die Internationale Energieagentur IEA in ihrem am Dienstag veröffentlichten Monatsbericht. Auch der aktuelle Ausfall der wichtigen BTC-Ölpipeline, die durch die georgische Krisenregion verläuft, zeigt keine spürbare Auswirkung auf den Ölpreis. Dabei transportiert sie normalerweise täglich knapp 1 Million Barrel Rohöl. Noch vor Monaten schickten selbst Meldungen über kleine Versorgungsengpässe den Ölpreis stets steil nach oben.

Analyst Timo Graucob von der Privatbank Merck Finck & Co sieht für den aktuellen Rückgang des Ölpreises vor allem konjunkturelle Gründe. "Der Rückgang spiegelt die Abkühlung der Konjunktur in Europa und den USA wider", sagte Graucob der taz. Schlechtere Wachstumserwartungen drosseln schon seit Monaten die Nachfrage nach Rohstoffen und damit ihren Preis. Nach einer Phase überhitzter Spekulationen folge nun auch der Ölpreis.

Sinkende Rohstoffpreise könnten den Zentralbanken bei der Bekämpfung der Inflation helfen. In der Eurozone erreichte die Inflationsrate im Juli die historische Höchstmarke von 4,1 Prozent. "Sinkende Rohstoffpreise können den Preisanstieg dämpfen. Die Hoffnung der Zentralbank, dadurch den Konsum in Europa und den USA wieder in Schwung zu bringen, ist aber gewagt, denn das verfügbare Einkommen bleibt durch das Preisniveau belastet", sagte Graucob. Auch die Atempause beim Erdöl sei nur von kurzer Dauer."Erdöl wird immer knapper. Niemand sollte darauf hoffen, dass der Preis für ein Barrel Rohöl wieder auf 60 Dollar fällt", sagte Analyst Graucob.

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