Kommentar Russlands Hegemonieansprüche: Unbedingter Wille zur Macht

Russland schreckt nicht davor zurück seine Hegemonieansprüche durchzusetzen. Südossetien könnte so zum gefährlichen Präzedenzfall werden.

Das militärische Vorgehen Moskaus in der Kaukasusrepublik Georgien ist absolut unverhältnismäßig. Es bedeutet einen eklatanten Bruch der Rechte eines souveränen Staates und ist deshalb zu verurteilen - ohne Wenn und Aber.

Russland erhebt immer noch den Anspruch, in den ehemaligen Sowjetrepubliken die alleinige Ordnungsmacht zu sein. Jetzt fühlt sich Moskau provoziert - durch das Drängen Georgiens, der Nato beizutreten, US-Militärhilfe für die georgische Armee sowie Pipelines, die den Transport von Gas und Öl unter Umgehung Russlands ermöglichen. Daher demonstriert es in aller Härte, dass es nicht davor zurückschreckt, seine Hegemonieansprüche im sogenannten nahen Ausland geltend zu machen und auch durchzusetzen. Gelingt es nicht, in den früheren Sowjetrepubliken moskaufreundliche Regierungen zu installieren oder durch die Drosselung von Gaslieferungen Wohlverhalten zu erzwingen, werden widerspenstige einstige Verbündete mit Bomben zur Räson gebracht.

Entscheidend ist jetzt, wie sich die internationale Staatengemeinschaft und dabei vor allem die Europäische Union positioniert. Mit wachsweichen Friedensappellen wird es nicht getan sein. Denn sollte - was absehbar ist - Südossetien aus dem georgischen Staatsverband herausgelöst und in die Russische Föderation integriert werden, würde im postsowjetischen Raum ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. Ebenso gut könnten russische Panzer in Richtung Kiew oder Chisinau rollen, um ihre "bedrängten" Brüder und Schwestern auf der Krim oder in Transnistrien zu schützen.

Derartige Entwicklungen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft kann die EU nicht wollen und darf ihnen daher nicht tatenlos zusehen. Einer eindeutigen Stellungnahme an die Adresse Russlands müssen in einem zweiten Schritt konkrete Überlegungen folgen, welchen Beitrag die EU zur Absicherung der Waffenruhe in Georgien leisten kann. Ob darüber ein Konsens erzielt werden kann, ist fraglich. Sollte jedoch ein notwendiges einheitliches Vorgehen wieder den strategischen Interessen einzelner EU-Mitglieder geopfert werden, wäre das für Moskau ein weiterer Sieg.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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