Die Besten hinken

Beim Masters Cup der Tennisprofis in Schanghai haben sich nach Marat Safin, Lleyton Hewitt und Andy Roddick nun auch Rafael Nadal und Andre Agassi verletzungsbedingt zurückgezogen

AUS SCHANGHAI DORIS HENKEL

Da haben sie so ein wunderschönes Tennisstadion in Schanghai gebaut, aber schon nach dem zweiten Tag des Masters Cups macht sich gewaltige Leere breit. Weniger in der Arena selbst als im Turnier, das nach den Absagen von Marat Safin, Lleyton Hewitt und Andy Roddick nun auch noch den Rückzug von Rafael Nadal und Andre Agassi verkraften muss. Nadal, mit elf Turniersiegen in diesem Jahr und dem Triumph bei den French Open in Paris der große Herausforderer des Schweizer Primus Roger Federer, verkündete kurz vor seinem geplanten ersten Spiel, er könne leider nicht antreten. Agassi rang sich zumindest einen Versuch ab, erklärte dann aber nach der Niederlage gegen Nikolai Dawidenko (4:6, 2:6), die Schmerzen im lädierten Fußgelenk seien zu stark und in dieser Verfassung habe die Geschichte für ihn keinen Sinn mehr.

Nadal hatte sich die Bänderverletzung im linken Sprunggelenk beim Sieg im Finale des Turniers in Madrid vor drei Wochen zugezogen, hatte daraufhin Starts in Basel und Paris-Bercy abgesagt und war mit einiger Unsicherheit in Schanghai gelandet. Beim Training auf dem extrem stumpfen Terraflexboden hatten die Schmerzen wieder zugenommen, am Abend vor dem ersten Spiel hatte er sich daraufhin im Krankenhaus noch mal untersuchen lassen. Erkenntnis: Dem Fuß besser keine weitere Belastung zumuten.

In einer kleinen Ansprache in der Arena erklärte der Spanier den enttäuschten Fans, es tue ihm sehr leid. Von Andre Agassis Rückzug erfuhren sie erst am nächsten Tag aus der Zeitung. Denn er erschien zwar zur Partie gegen Dawidenko, spielte aber desolat und sagte hinterher, er habe dieses Spiel als eine Art Test betrachtet, was er sich und dem Fuß zumuten könne nach der schweren Stauchung des linken Sprunggelenks vor vier Wochen beim Racquetball daheim in Las Vegas. Doch es ging nicht. Der Knöchel sei immer noch geschwollen und schmerze stark. „Keiner will mich in einer solchen Verfassung auf dem Platz sehen“, meinte er, „darüber hinaus ist es gefährlich, und ich riskiere meine Zukunft.“

Nun fehlen in Schanghai also fünf der besten Acht des so genannten Champions Race, jener Weltrangliste, in der die Ergebnisse des Jahres addiert werden. Nachrücker sind der Argentinier Mariano Puerta – kurioserweise der dritte Ersatzmann aus Argentinien nach Gaston Gaudio und David Nalbandian – und Fernando Gonzales aus Chile, der Agassis Platz einnehmen wird. Einen Ersatzmann, der in der Rangliste nur die Nummer 13 ist, hat es beim Masters Cup wohl noch nie gegeben, und das wirft ganz sicher kein gutes Licht auf ein Turnier, bei dem sich die Besten der Besten messen sollten. Der Chilene jedenfalls hatte zunächst wenig Neigung gezeigt, den Part des Ersatzmanns zu übernehmen, obwohl doch allein die Anwesenheit beim Masters Cup mit 50.000 Dollar vergütet wird. Es bedurfte guten Zuredens seines Coaches, der meinte: Da fährst du besser hin; wer weiß, was in Schanghai passiert.

Tja, wer weiß das noch. Fest steht einstweilen nur, dass Roger Federer am Montag zum zweiten Mal nach 2004 mit dem gläsernen Pokal für die Nummer eins im Champions Race ausgezeichnet wurde und dass er versprach, er werde versuchen, auch in 365 Tagen noch der Beste zu sein. Dass er vier Wochen nach seinem Bänderriss im rechten Sprunggelenk in Schanghai bereit zum Spiel ist, wie beim Sieg zum Auftakt gegen Nalbandian gesehen und wie die zweite Partie Dienstag (12 Uhr MEZ) gegen den Kroaten Ivan Ljubicic zeigen soll, gewinnt angesichts der Probleme der Kollegen Nadal und Agassi nach ähnlichen Verletzungen besondere Bedeutung.