EU-Medienmarkt soll liberaler werden: Premier League schießt Eigentor
Medienkonzerne können TV-Rechte bislang länderweise nutzen. Die EU-Kommission will das nun ändern. Anlass ist eine Klage der britischen Premier League.
Von wegen Binnenmarkt: Wer Serien, Filme und Sport per Satellit sehen will, darf sich bislang nur bei seinem örtlichen Anbieter mit einem Pay-TV-Abo eindecken. So beackert Premiere den deutschsprachigen Markt, BSkyB tummelt sich in Großbritannien, Sky in Italien, Canal Sat in Frankreich oder Cyfra+ in Polen. Will man als Deutscher das hervorragende Angebot der BBC in voller Pracht haben, schaut man in die Röhre: BSkyB, der britische Übertrager, erlaubt den Zugang nur Bürgern aus dem Gebiet des eigenen Landes. Dabei sendet die Kette des Medienkonzerns News Corporation problemlos auch in Westdeutschland empfangbar über den Satelliten Astra. Während man über das Internet an nahezu alle Inhalte herankommt, herrscht in der Fernsehwelt ein digitaler eiserner Vorhang.
Ein Rechtstreit könnte die Situation nun grundlegend ändern. Wie das Handelsblatt am Mittwoch berichtete, soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) bald zwischen einer Eckkneipe in Portsmouth und der britischen obersten Fußballliga, der Premiere League, vermitteln. Pub-Besitzerin Karen Murphy hatte sich ihr Fußball-Abo statt für 6.000 Pfund in Großbritannien bei BSkyB für nur 800 Pfund bei dem griechischen TV-Anbieter TV Nova besorgt. Der ließ sich dank Originalton-Option prima nutzen. Die Premiere League klagte.
Der Londoner High Court gab den Fall nun an den EuGH weiter. In einem EuGH-Urteil findet sich nämlich auch der Ausgangspunkt der aktuellen Lage: 1980 hatte der Gerichtshof entschieden, die kreativen Wirtschaftsbereiche dürften, damit es nicht zu einem zerstörerischen Preiskampf kommt, die eigentlich geltende Freizügigkeit von Waren und Dienstleistungen einschränken und Übertragungs- und Aufführungsrechte somit länderweise vermarkten. Auf diesem Urteil baut die Strategie der Medienkonzerne auch heute noch auf, so nimmt die Bundesliga mit Auslandsrechten jährlich zweistellige Millionenbeträge ein.
EU-Medienkommissarin Viviane Reding, die sich schon lange für Wettbewerbserleichterungen einsetzt, hat ein Auge auf den Kneipenfall geworfen. Europa müsse ein Raum mit einheitlichen Wettbewerbsbedingungen für Medieninhalte werden. In der Unterhaltungsbranche sieht man das naturgemäß ganz anders - und dort wird nun gezittert. Dort fürchtet man, dass bei einer EuGH-Entscheidung für die Kneipenwirtin bestehende Geschäftsmodelle gefährdet wären oder komplett umgebaut werden müssten.
Reding hatte schon bei Internet-Rechten versucht, Druck auszuüben. So kann etwa iTunes, der Marktführer bei den Musik-Downloadangeboten, keinen EU-übergreifenden Onlineladen aufbauen, jedes EU-Land hat seine eigene Version (einige, etwa Polen, hingegen noch gar keine). Die britische BBC blockiert aufgrund der Rechtefragen ihr im Internet veröffentlichtes TV-Programm für alle Nutzer, die nicht aus dem Vereinigten Königreich zugreifen. Für Reding ist das aktuelle Urheberrecht mit seinen Landesgrenzen das Haupthindernis zu einem von ihr angestrebten "digitalen Binnenmarkt". Die EU-Bürger würden ihn ihr sicher danken.
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