piwik no script img

Debatte Glauben und SäkularisierungZweierlei Religionskritik

Kommentar von Rudolf Walther

"Neue Atheisten" wie Richard Dawkins und eine plumpe "Islamkritik" liegen im Trend. Doch wer Religionen pauschal verdammt, der hat die Aufklärung nur halb verstanden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

15 Kommentare

 / 
  • GV
    Gereon Vogel-Sedlmayr

    "Was macht denn (eine) Religion aus(?)", das ist eine gute Vorfrage zu der Thematik des Artikels. Nachdem in der Religionswissenschaft einige Zeit die postmoderne Skepsis geherrscht hat, diese Frage beantworten zu können, zeichnet sich, wenn ich da richtig liege, ein Konsens ab: Religion ist ein Komplex von Kognitionen, Emotionen und Praktiken, die sich mit grundlegenden Bedingungen unseres Daseins befassen. Das heißt ganz grob gesagt, es geht in Religionen sowohl um den Ursprung des Seins als auch um bestimmte Grundgefühle (von Gottvertrauen bis Weltfremdheit) als auch um bestimmte Dinge, die man tut (von der Wiege bis zur Bahre, respektive von der Taufe bis zur Beerdigung). Was die Praktiken von Religionen angeht, wird von den Religionskritikern sicherlich zu Recht darauf hingewiesen, dass sie nicht immer altruistisch sind, auch wenn man Religionen üblicherweise für den in ihrem Umfeld gedeihenden Altruismus schätzt. - Ein gutes aktuelles Buch zum Thema finde ich "Warum denn Religion? Eine Begründung" von Andreas Feldtkeller.

  • C
    christoph

    @ Gereon

    Was macht denn eine Religion aus, der diffuse Glaube an etwas höheres, unerklärbares oder das von den Vertretern (wie Meisner) präsentierte Programm? Ich (weder getauft noch etwas vermissend)stehe dem Glauben sehr viel weniger skeptisch gegenüber als der Religion und mein Argwohn gilt eben dieser. Klar gibts überall Extreme, wenn diese jedoch die Richtung vorgeben kann man dies wohl nicht als Ausnahme abtun.

  • GV
    Gereon Vogel-Sedlmayr

    Tja, Herr Mertens, da überschütten Sie einen in antireligiöser Absicht mit allerlei doch recht obskuren Dingen mit denen ich nichts zu tun habe, von der Homophobie (die ja auch antireligiöse Faschisten pflegen) bis zu den bizarren Formen des amerikanischen Christentums (aber bizarre Dinge gibt es doch auch auch im nichtreligiösen Bereich); und Sie bezeichnen Kardinal (übrigens bin ich evangelisch) Meisner als Feudalherren (das Zeitalter der Feudalherrschaft ist meines Wissens längst vorbei). Und wozu führt das? Ich fürchte, dass man diesen Ergüssen zwar die Kraft Ihres Ressentiments abspüren kann, aber nicht die Kraft guter Argumente.

  • OM
    Olaf Mertens

    Herr Gereon Vogel-Sedlmayr, meinen Sie z.B. dieses Gefühl Homosexualität sei "contra naturam"? Oder die religiöse Dimension die eine Sarah Palin einer "gottgewollten" Pipeline durch Alaska beimisst? Danke, ich verzichte! Nächstenliebe beispielsweise ist ein menschlicher Wert, man muss ihn nicht in religiöse Dimensionen verpacken, die dann dazu führen, dass man im 21. Jahrhundert die feudale Herrschaft eines Kardinal Meisner zu Kölle akzeptiert. Da vertraue ich doch lieber der technischen Instanz meiner Rechtschreibprüfung - die kennt "Kölle" und "Meisner" hingegen nicht. ;-)

  • DS
    Dirk Schöllgen

    Was immer Habermas geritten haben mag, seine eigentümlichen Ansichten kundzutun über die angebliche Bedeutsamkeit spezifisch religiöser Beiträge für die öffentliche Diskussion einer Gesellschaft – für Gläubige jedenfalls dürfte das ein gefundenes Fressen gewesen sein. Der notorische „Linke“ sogar in teilweisem Konsens bezüglich der Relevanz des Religiösen mit Ratzinger! Das alles eignet sich vorzüglich, um geradezu als Monstranz – ähnlich wie bereits das in Teilen geistesverwandte „Böckenförde-Diktum“ – von religiös interessierter Seite bei vielerlei Gelegenheit vorneweg getragen zu werden; und publizistische Kolporteure wie der hiesige Kommentator Rudolf Walther finden sich immer.

     

    "Der demokratische Staat" dürfe - unter dem Vorwand von Neutralität und Laizität - "die polyphone Komplexität der öffentlichen Stimmenvielfalt nicht vorschnell reduzieren." – zitiert Walther offenbar zustimmend Habermas. Wer um alles in der Welt – bezogen auf Christentum und Bundesrepublik – tut denn solches überhaupt? Einmal ganz abgesehen von der entsprechenden grundgesetzlichen Garantie freier religiöser Entfaltung gibt es eine Vielzahl staatsvertraglicher Vereinbarungen, die den diversen religiösen „Stimmen“ aus dieser Polyphonie komfortablen und vielgenutzten Einfluss in verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen und damit Gehör sichern. Ich vermag insbesondere nicht zu erkennen, dass der demokratische Staat - und zwar quer über das politische Personal bzw. die Parteien hinweg - überhaupt ansatzweise gewillt wäre (kleine aktuelle Ausnahme: Berlin), mit der eigenen Neutralität und Laizität ernst zu machen und insofern „institutionalisierte“ ungerechtfertigte Privilegien der diversen (christlichen) religiösen Stimmen zurückzuschneiden.

     

    Vom Staat insoweit unangefochten zu bleiben würde aber Kommentator Walther – wenn ich ihn richtig verstehe – für Religion auch noch nicht genügen. Walther möchte offenbar, dass der Schon- und Schutzraum fürs Religiöse bereits in die Gesellschaft hinein vorverlagert wird und sich säkulare Geister mit Blick aufs Religiöse bestimmter Umgangsregeln zu befleißigen hätten. Munter-apodiktisch behauptet der Kommentator in diesem Zusammenhang, dass ja „…die Folgen und Zumutungen der Säkularisierung für die Gläubigen größer sind als für Nichtgläubige …“; und stellt ferner fest, wenn „… die säkulare Gesellschaft und ihre Medien religiöse Glaubensinhalte pauschal als "irrational" oder "vorgestrig" abwerten, schüren sie Spannungen und Konflikte.“

    Immer wieder die alte Leier! Zwar beansprucht organisierte Religiosität in der Regel selbstverständlich für sich, Gesellschaft als Ganze offensiv im Sinne eigener Vorstellungen mitzugestalten – was ja grundsätzlich und grundrechtlich auch nicht zu beanstanden ist. Und wenn dies (mehr oder weniger) im politischen Prozess gelingt, sind die Resultate qua allgemeiner Gesetzgebung natürlich verbindlich für alle – Gläubige wie Ungläubige. Dass aber umgekehrt in diesem Kontext freier, öffentlicher Diskussion Religion legitimerweise von säkularer Seite ggf. auch radikal in Frage gestellt werden dürfe, stößt dann bei Walther (und anderen) urplötzlich auf Vorbehalte und löst Schuldzuweisungen aus, gerne auch unter dem Titel mangelnden Respekts. M.E. aber sind wechselseitige Zumutungen (im weitesten Sinne – schon der öffentliche Raum einer Gesellschaft bietet vor aller Diskussion „Zumutungen“ in Hülle und Fülle), resultierend aus weltanschaulicher Divergenz, in offenen, pluralen und demokratischen Gesellschaften unvermeidlich und unaufhebbar; und der einzige, allerdings für ein friedliches Miteinander geradezu „konstitutive“ Lernprozess, der auf jeden Fall jeglichem Beteiligten dabei abzufordern ist, ist der, diese Zumutungen, wenn schon nicht zu bejahen, so doch auszuhalten, ohne anderen Beteiligten eine quasi freiwillige Zurückhaltung in Sachen „Kritik“ (und als nächster Schritt: in Sachen „geübte Praxis“?) nahezulegen. In der Tat: "Toleranz heißt, dass sich Gläubige, Andersgläubige und Ungläubige gegenseitig Überzeugungen, Praktiken und Lebensformen zugestehen, die sie selbst ablehnen." Solches aber zuzugestehen bedeutet noch lange nicht den Verzicht darauf, in öffentlicher Rede Unsinn als solchen zu benennen, wenn man etwas dafür hält.

     

    Eine letzte Anmerkung: Eine „Zumutung“ eigener Art bietet Kommentator Walther mit seinem „Befehl“, dass „… sich säkulare Politik und säkulares Publikum sensibilisieren müssen für Meinungen, die in wichtigen ethischen Fragen - zum Beispiel der Grenze der Reproduktionsmedizin - von religiöser Seite und in religiöser Sprache in die Debatte eingebracht werden.“ Was könnte man von solchen Meinungen in religiöser (!) Sprache erwarten? Ich schlage vor, im Begründungsteil (wenn es einen gibt) solcher Meinungsäußerungen stets darauf zu achten, ob sich - beispielsweise - das Wort „Gott“ oder Formulierungen wie „die aus der Gottesebenbildlichkeit/Geschöpflichkeit entspringende Würde des Menschen“ oder (plumper) „es entspricht Gottes Willen“ in wesentlicher Begründungsfunktion dort finden. Wenn ja, ist diese Meinung für mich als Atheist per se nicht zustimmungsfähig, selbst wenn ich (z.B.) der dabei vorgeschlagenen Regelung aus anderen (!) Gründen zustimmen würde. Generell gesagt: Da organisierte Religiosität, wenn sie sich an der Diskussion gesellschaftlicher Themen beteiligt, in der Regel auf allgemeinverbindliche, für Gläubige und Ungläubige gültige und insoweit am Ende notwendig verrechtlichte Ergebnisse abzielt (s.o.), kann man m.E. auch mit Fug und Recht erwarten, dass die entsprechende Meinungsäußerung nicht in weltanschaulicher Sondersprache erfolgt. Wer – als Beispiel – liberalere Regelungen zur aktiven Sterbehilfe ablehnt ausschließlich mit dem Argument, „Gott“ erlaube hier keinen menschlichen Eingriff in den von ihm vorbestimmten Lauf der Dinge, dem ist selbstverständlich diese Meinung und – beschränkt auf sich selbst bzw. die eigene religiöse Klientel – die entsprechende Verhaltenspraxis zuzugestehen. Niemals aber dürfte m.E. eine solche Meinung zum politischen Entscheidungsgrund für eine gesamtgesellschaftliche Regelung dieses Themas werden.

  • GV
    Gereon Vogel-Sedlmayr

    Nicht nur religiöse Menschen sind bestrebt, anderen etwas entgegen zu halten. Sondern überhaupt alle, die diskutieren.

     

    Und natürlich müssen sich Agnostiker oder Atheisten fragen lassen, ob ihnen nicht Dimensionen des Gefühls fehlen, die religiöse Menschen haben.

     

    Genauso wie sich religiöse Menschen auch der kritischen Betrachtung ihrer eigenen Geschichte stellen müssen und sich fragen lassen müssen, ob man nicht irgendwo in schlechte alte Gewohnheiten zurückfällt.

  • B
    blakkorange

    Es ist wie Dawkins schreibt: religiöse Menschen sind

    immer bestrebt etwas entgegenzuhalten. Etwas was die nüchterne Sichtweise eines Atheisten als kalt und unmenschlich, entsolidarisiert gewissermassen darstellt. Dabei ist das nicht zwangsläufig so. Mitgefühl, Emphatie, Nächstenliebe(ohne Begrenzung) sind auch ohne Religion machbar.

    Ich hatte das Empfinden das darauf abzielt, wieder mal das häufig von mir gehörte "aber ohne Religion sind alle Egos und Unsolidarische" herzubeten=-)> . Denn die Frage was ist die Stärke der Religion? wird im meinem Umfeld immer beantwortet mit Haltgeben, Zuwendung(Kranke, Benachteiligte) und Ähnlichem. All das geht auch ohne Religion. Wie Dawkins herleitet: Der Mensch ist fähig "gut" zu sein auch ohne Religion....

     

    Aber mit Religion häufig sehr "böse".(Wieviele Kriege, Bürgerkriege sind religiös motiviert oder gefärbt?)

  • GV
    Gereon Vogel-Sedlmayr

    Was ich den Religionskritikern einmal ins Stammbuch schreiben möchte: Niemand lebt von seinen Schwächen. (Ich glaube, von Goethe stammt das Zitat) Auch die Religionen leben nicht von ihren Schwächen. Von da her greift jede allgemeine oder spezielle Religionskritik zu kurz, die sich jeweils auf die Schwächen einer Religion oder Religion schlechthin kapriziert und von da her deren Ablehnung herbeiführen möchte.

  • RB
    Robert Baumgarth

    "Wenn ich behaupten würde, dass es zwischen Erde und Mars eine Teekanne aus Porzellan gäbe, welche auf einer elliptischen Bahn um die Sonne kreise, so könnte niemand meine Behauptung widerlegen, vorausgesetzt, ich würde vorsichtshalber hinzufügen, dass diese Kanne zu klein sei, um selbst von unseren leistungsfähigsten Teleskopen entdeckt werden zu können. Aber wenn ich nun weiterhin auf dem Standpunkt beharrte, meine unwiderlegbare Behauptung zu bezweifeln sei eine unerträgliche Anmaßung menschlicher Vernunft, dann könnte man zu Recht meinen, ich würde Unsinn erzählen. Wenn jedoch in antiken Büchern die Existenz einer solchen Teekanne bekräftigt würde, dies jeden Sonntag als heilige Wahrheit gelehrt und in die Köpfe der Kinder in der Schule eingeimpft würde, dann würde das Anzweifeln ihrer Existenz zu einem Zeichen von Exzentrizität werden. Es würde dem Zweifler, in einem aufgeklärten Zeitalter, die Aufmerksamkeit eines Psychiaters oder, in einem früheren Zeitalter, die Aufmerksamkeit eines Inquisitors einbringen."

     

    Die bekannte Analogie "Russel’s teapot" (Russels Teekanne) des Mathematiker und Philosoph Bertrand Russell stellt die von fast allen Weltreligionen geforderten Unfehlbarkeitsansprüche geschickt in Frage.

     

    Das Paradoxon ist doch selbst heute noch, dass die Religion von der Wissenschaft Beweise für die Nicht-Existenz ihres Gottes erwartet.

     

    Wenn man über die Bücher von Hitchens und Dawkins urteilen möchte, sollte man sie wenigstens gelesen haben.

     

    Dawkins argumentiert z.B. richtig, dass durch die frühe Indoktriniation schon in den Schulen und in der Jugend, die Kinder auf die Religion eingestimmt werden. Genau deshalb haben wir auch die Konflikte in Berlin - die Kirche sieht das Geld dahinschwimmen. Er geht auf die Probleme Amerika ein. Ein ürsprünglich komplett säkularisierter Staat - heute eines der am sträksten religiös geprägten Länder der westlichen Welt. Allein die radikale, christliche Rechte, Evanglikale, die die Bibel wortwörtlich als Realität verstehen und meinen sie führen im Irak den „Heilgen Krieg“ gegen die "falschen" Religionen zeigt, welches Gewaltpotenzial Religion bietet und schon immer bot. Man sollte vielleicht auch erwähnen, dass in einigen Bundesstaaten der USA die Schöpfung gleichberechtigt zur Evolution, bzw. sogar ausschließlich unterrichtet wird - kurz. Da geht wirklich etwas schief.

    Er kritisiert damit auch stark Sonderstatus, den das Christentum einerseits und der Islam auf der anderen Seite heute noch immer in den westlichen Gesellschaften einnehmen (wollen).

     

    Hitchens, selbst katholisch aufgewachsen und erzogen, stellte schon früh die vermeindlichen christlichen Werte (Liebe deinen Nächsten, solange er so ist wie du) in Frage, geht in seinem Buch objektiv, entgegen der allgemeinem Anti-Islam-Stimmung, auch auf die Verbrechen im Namen des Christentums begangen wurden ein. Dabei überspitzt er wohlweislich einige Aussagen, kommt jedoch aufgrund von Argumenten (die selbst Hr. Walther nicht leugnen können wird) immer wieder zum gleichen Ergebnis:

     

    Religion hat und wird immer wieder zu radikalen, fundamentalistischen Ansichten führen, genau diese Kräfte werden versuchen zu polarisieren, missionieren und versuchen ihre Ziele machtpolitisch durchzusetzen.

     

    Immer, sobald sich Religion in Politik einmischt oder sich mit ihr vermischt, muss eingegriffen werden. Niemand kann im 21. Jahrhundert ernsthaft eine politische Entscheidung mit einem 2000 Jahre alten, nachweislich von Menschen erschaffenen Buch oder sonstiger Religiösität begründen.

    Man kann diese Bücher als überspitzt und sehr liberal bezeichnen, aber sicher nicht als simpel. Sie stellen viel mehr eine rationale, objektive Auseinandersetzung mit allen Religionen und deren Einflussnahme auf das gesellschaftliche und politische Leben dar. Sie zeigen auf, wie Religion immer wieder missbraucht wird und wurde, um Menschen für machtpolitische Zwecke zu nutzen.

     

    Ich betrachte die religiösen Veränderungen in Amerika mit großer Sorge. Die sogenannten Evanglikalen, d.h. Christen die die Bibel wortwörtlich nehmen - somit auch die Schöpfung, machen Stimmung gegen Homosexualität, Abtreibung, etc. Sie demonstrieren vor Gerichten, sie verbreiten ihren Kreationismus und bringen damit sämtliche wissenschaftlichen Erkenntnisse ungerechtfertigt in die Kritik, entbehrend jeder Beweise. Durch Bush haben sie zwei rechtskonservative, christliche Richter in den Supreme Court gedrückt und können sich nun bei der Durchsetzung eines Kreationismus an allgemeinbildenen Schulen gleichberechtigt zur Evolution sicher sein. Das macht mir mindestens genauso viel Angst wie jeder islamistische Terrorist.

     

    Jedoch sieht es in Deutschland mit Trennung von Kirche und Staat kaum besser aus.

    So sagt auch schon das Grundgesetz in Artikel 1 (1) "Die Würde des Menschen ist unantastbar." und weiter in Artikel 4 (1) "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich."

     

    Ganz anders sieht aber die Realität aus. Kinder werden gegen ihren Willen, ohne dass sie sich wehren könnten, getauft (so sichern sich die Kirchen schon im frühren Kindesalter die Steuern). Sie werden teilweise von den Eltern zum Religionsunterricht gezwungen, in die Kirchen getrieben. Es gibt in Deutschland Gebiete, wo Kinder an Schulen durch einen Priester befragt werden, wenn sie Ethik statt Religion wählen: Wieso mein Kind?

     

    Um nicht mit dem Grundgesetz in Konflikt zu geraten, werden Kinder einfach bis zum 16. Lebenjahr für religionunmündig erklärt. Da stellt saich doch die Frage, wieso wir das mit anderen Lebensgebieten nicht auch so halten?

     

    An öffentlichen, staatlichen Schulen wird Religion unterrichtet, die dort einfach überhaupt NICHTS zu suchen hat.

     

    Falls sich doch einige Länder wie Berlin und Brandenburg erdreisten, dem Grundgesetz Folge zu leisten und eine Philosophie- und Religionskundeunterricht für alle verbindlich einzuführen, die sich (vor allem) objektiv mit allen Religionen auseinandersetzt, hagelt es selbstverständlich Protest von den Kirchen, weil sie ihre Gelder dahinschwimmen sehen. Gleichwohl diese Länder nur das einhalten, was das Grundgesetz vorschreibt. Religion ist Privatsache, wer das machen will, kann das gern tun, aber dann auch privat und nicht an einer allgemeinbildenden, öffentlichen Schule. (Wobei man beim Beispiel Berlin natürlich erwähnen muss, dass Religion noch immer angeboten wird, nur kein Kind freiwillig mehr Stunden belegt als es muss.)

  • M
    molosovsky

    Die Bücher von Sloterdijk und Dawkins sind NOCH SIMPLER gestrickt als die Wortmeldungen von Wagner und Broder?

     

    Staun staun.

  • E
    Eugenson

    Der Artikel suggeriert, dass spezielle metaphysische Ideologien, wie der Islam oder das Christentum einen Sonderstatus im Vergleich zu Subkulturen wie Minigolfspielervereinen, Star Trek Conventions, der Goth-Szene oder der UFOlogen einnehme, weil sie über: Eine große Zahl politischer Lobbyisten, mehr Anhänger als diverse Subkulturen beinhalten und letztlich auch das suggerieren, was der aufgeklärte Mensch aus sich selbst zu schöpfen vermag: SINNHAFTIGKEIT.

     

    Die derzeitige Religionskritik stellt nur eines da: Die zügelose Gleichberechtigung und die Auslöschung aller Missionsansprüche und politische Bevormundung jeder Ideologie, ob Metaphysisch/Sinnstiftend oder Politisch/Wirtschaftlich.

     

    @vic

    "Und ich wünsche mir, Menschen akzeptieren sich endlich wie sie sind.

    Nämlich verschieden, im Glauben, in der Nationalität und in der Hautfarbe."

     

    Das ist ein schöner Wunsch, allerdings wird dies niemals geschehen, wenn nicht der Papst oder Obermufti aktzeptiert, dass Religion nur EINE mögliche sinnstiftende Instanz ist: Werden sie dies tun? - Wer das glaubt lebt in der Babyblümchenwelt, nicht in der Realität.

  • M
    Martin

    Als Ergänzung und als Widerlegung sowohl von Herrn Habermas als auch seines fleißigen "Abschreibers" Herrn Walther, möchte ich auf diesen schönen Artikel von Paolo Flores d’Arcais in der Zeit verweisen: http://www.zeit.de/2007/48/Habermas

     

    Jedenfalls wieder mal ein schöner Versuch von religiöser Seite, dich durch Dampfplauderei nicht vorhandene Tiefe und Substanz anzudichten.

  • Z
    zynankarlie

    Hier entlarvt sich der im Ausblenden unliebsamer Wahrheiten bestens geschulte Apologet:

     

    "Die "Renaissance des Religiösen löst kein Problem, macht jedes Problem noch größer." Der Autor liefert für diesen Befund nicht den Hauch eines empirisch belastbaren Belegs."

     

    Wer sowas schreibt muss schon ein Großmeister der Verdrängung sein!

  • M
    Martin

    Genau, so ist es. Nur Kritik, die nicht kritisiert, bewegt sich "intellektuell und politisch auf dem Niveau der Probleme". Was für ein hanebücherner Dreck. Ist doch grade Habermas letzter Apologie ohne großen Aufwand intellektuelle Inkonsistenz nachzuweisen.

    Und natürlich wieder der wohlfeile Vorwurf an -ausgerechnet- Dawkins und Sloterdijks der simplen geistigen Strickkunst.

    Vermutlich sind auch Hans Albert und andere kritische Rationalisten halt einfach simpel gestrickt.

     

    Religiöser Glaube ist nur eines: Die Glorifizierung des absolut banalen, primitiven und dumpfen. Die Fragen, die religiöse stellen, mögen ja in gewissserweise "tief" und "substantiell" sein. Allein, sowohl die Antworten als auch schon die "Methode" des Glaubens sind primitiver, oberflächlicher Dreck.

     

    Und damit das nicht ganz so offenkundig ist, wird die Substanz und Tiefe und das "Geheimnis des Glaubens" von Menschen wie Ratzinger, Walther und Habermas halt eben mit einer Unmasse von wertlosem Geschwurbel herbeifabuliert.

     

    Wieder mal: angewidert.

  • V
    vic

    Ich bin Agnostiker. Ich habe nichts gegen Religionen, ich brauch nur keine.

    Und ich wünsche mir, Menschen akzeptieren sich endlich wie sie sind.

    Nämlich verschieden, im Glauben, in der Nationalität und in der Hautfarbe.