Grüne Absage an „Brautwerbung“

Grüne und CDU in Rheinland-Pfalz stimmen sich auf Landtagswahlen 2006 und Koalitionsspiele ein

MAINZ taz ■ Kurt Beck (SPD), Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und designierter stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei, strotzt in diesen Tagen vor Kraft. In der Bundespartei ist er jetzt unumstritten der zweite Mann hinter dem designierten neuen großen Vorsitzenden Matthias Platzeck. Und an diesem Wochenende auf dem Landesparteitag der SPD wurde Beck mit dem Traumergebnis von knapp 100 Prozent der Delegiertenstimmen erneut zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Frühjahr gewählt. Der populäre Pfälzer wird sich wohl auch nach der Landtagswahl erneut aussuchen können, mit welcher Partei er dann von Mainz aus das Land regiert. In den letzten drei Legislaturperioden war das die FDP.

Ise Thomas ist eine erfahrene Landespolitikerin. Als Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag bestreitet sie aktuell ihren zweiten Wahlkampf. Und sie glaubt schon jetzt zu wissen, dass ihrer Partei auch nach dieser Landtagswahl – so wie bislang schon immer – nur ein potenzieller Koalitionspartner zur Verfügung stehen wird: die SPD nämlich. Allerdings wohl wieder nur virtuell – wie auch schon immer. Thomas spricht dennoch tapfer von den „politischen Schnittmengen“ mit der SPD auch in Rheinland-Pfalz. Mit der CDU, deren Landes- und Fraktionsvorsitzender Christoph Böhr sich nach der Bundes- tagswahl überraschend für die Bildung einer „Schwampel“ in Berlin ausgesprochen hatte, verbindet die ewige Oppositionspartei dagegen „fast nichts“. Programmatische Kongruenz zwischen den Oppositionsparteien im Lande gab es in den vergangenen Jahren tatsächlich nur einmal. In einem gemeinsamen Antrag im Landtag sprach man sich gegen die Stammzellenforschung aus. An die Macht um jeden Preis wollen die Grünen jedenfalls nicht. Da sind sich Fraktions- und Parteiführung einig. Auch wenn die CDU ihrer Partei nach der Wahl entsprechende Avancen machen sollte, werde man sich einer solchen „Brautwerbung“ verschließen, sagt die eloquente Parteivorsitzende Tabea Rößner: „Unsere Wähler wollen das nicht; und unsere Basis auch nicht.“

Thomas und Rößner glauben aber auch, dass es nach der Wahl durchaus zu „interessanten Verhältnissen“ kommen könnte, denn erstmals bekomme die SPD mit der WASG Konkurrenz von ganz links. Und die CDU müsse sich der Freien Wählergemeinschaft (FWG) erwehren, die auf der kommunalen Ebene in einigen Regionen des Landes stark verankert sei.

Das ungefragt abgegebene Bekenntnis von Böhr zu einer „schwarzen Ampel“ in Berlin werteten einige seiner Parteifreunde in Mainz allerdings als ersten „dezenten Hinweis“ des „kleinen Professors“ (JU) auf eine mögliche neue Koalition nach den Landtagswahlen. Jetzt hat die Union erst einmal eine Umfrageaktion gestartet: „Was wollen die Wähler wirklich?“

Die grünen Frontfrauen sind sich ihrer Thematik hingegen sicher: Familienpolitik nicht nur für die „Vatermutterkindfamilie“, mehr Bildung für alle, eine „gescheite Schulreform“.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT