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Querelen angeblich beigelegtSPD spielt Feuerwehr

Hessens SPD-Chefin Ypsilanti versucht Konflikte zu beenden. Selbst Parteilinke beklagen Fehler.

Die Irritationen seien ausgeräumt, sagt Ypsilanti. Bild: dpa

Alles wieder gut bei der SPD in Hessen? Irritationen seien ausgeräumt und der Koalitionsvertrag sei von allen in der Fraktion für "gut" befunden worden, sagte SPD-Chefin Andrea Ypsilanti am Dienstag nach einer Fraktionssitzung in Wiesbaden. Auch ihr Rivale Jürgen Walter erklärte, der Konflikt sei "jetzt beendet".

Walter wollte nicht fürs rot-grüne Kabinett nominiert werden, nachdem ihm sein Wunsch versagt worden war, Wirtschaftsminister zu werden. Er hatte den Kompromiss zum Flughafenausbau in Frankfurt und Kassel im rot-grünen Koalitionsvertrag einen "Riesenfehler" genannt.

Die SPD-Fraktion stimmte allerdings nicht über den Koalitionsvertrag ab. Auf einem Parteitag der hessischen SPD am Sonnabend in Fulda drei Tage vor der avisierten Wahl Ypsilantis zur Ministerpräsidentin wird sich zeigen, ob die rote Feuerwehr unter dem Kommando von Generalsekretär Norbert Schmitt alle Brandherde erfolgreich gelöscht hat.

Ypsilanti habe es versäumt, Walter in die Regierung einzubinden, und damit "die Chance verpasst, die hessische SPD zu einigen", hatte die Landtagsabgeordnete Carmen Everts kritisiert. Mitglieder des linken Parteiflügels nannten die Brüskierung Walters durch das Angebot der Leitung eines "kastrierten Ministeriums" nur hinter vorgehaltener Hand einen "gravierenden Fehler". Der Widerstand der rechten Netzwerker gegen Ypsilanti und ihren "Wirtschaftsminister mit Verdrängungsvolumen" - gemeint ist Hermann Scheer - sei "geradezu provoziert" worden. Wirtschaftspolitiker in Partei und Fraktion glauben, dass die Beschlüsse zum Nachtflugverbot in Frankfurt die SPD in einen Streit mit der Flughafenbetreibergesellschaft zwinge.

Der FAZ sagte der Landtagsabgeordnete und Wirtschaftspolitiker Marius Weiß, dass am bedingungslos befürworteten Flughafenausbau nicht hätte "gerüttelt" werden dürfen. Zudem könnten die jetzt notwendig werdenden Verzögerungen beim Ausbau auch für das Land Hessen noch teuer werden. Auch bei den Nordhessen in der SPD gärt es. Das faktische "Aus" für den Flughafen Kassel und die Zeitverzögerung beim Weiterbau der Autobahnen A 4 und A 49 seien ein "Schlag ins Gesicht auch der Vertreter der SPD in Nordhessen", meinte der Chef der IHK Kassel. Manfred Schaub, Chef der SPD Hessen-Nord und designierter Innenminister, sprach zwar von "Falschmeldungen". Doch Ausbaugegner in der SPD, wie der frühere Kasseler Bundestagsabgeordnete Horst Peter, feierten schon mal. Dass der Regionalflughafen ausgebaut werde, sagte Peter, sei "realistisch, wie ein Flug zum Mars".

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