piwik no script img

Microsofts neuestes BetriebssystemDas nächste Windows wird geöffnet

Mit Vista landete Microsoft einen Flop. Eine neue Version namens Windows 7 soll alles besser machen. Auch diesmal orientiert sich der Konzern an der Konkurrenz.

Die Microsoft-Oberen Julie Larson-Green und Steven Sinofsky präsentieren das neue Betriebssystem. Bill Gates ist nur noch auf der Leinwand zu sehen. Bild: rtr

Es gibt böse Zungen bei der Konkurrenz des Softwareriesen, die behaupten, dass Microsofts Marketingabteilung gerade beschlossen habe, das "V"-Wort in seiner Außenkommunikation nicht mehr zu nutzen - V wie Vista. Die aktuelle Inkarnation des marktführenden Betriebssystems Windows verkaufte sich tatsächlich zwar millionenfach, doch blieb sie bei vielen Kunden ungeliebt. Der allgemeine Tenor: Die Technologie biete wenig Neues, belaste die Nutzerschaft aber dafür mit mehr Komplexität und Langsamkeit insbesondere auf älteren Rechnern. Da war es auch kein Wunder, dass es vor einigen Monaten eine wahre Protestwelle gab, als Microsoft beschloss, den Vista-Vorgänger XP endgültig vom Markt zu nehmen.

Doch der IT-Konzern wäre nicht er selbst, hätte er nicht einen weiteren Trumpf in der Hand. Der hört auf den Namen "Windows 7", soll, wenn alles gut geht, 2010 erscheinen und all die Probleme lösen, die Vista aufwies. Einen ersten Blick auf die neue Technik gewährte Microsoft am Dienstag auf seiner Entwicklerkonferenz "PDC" im kalifornischen Los Angeles. Zahlende Teilnehmer der Veranstaltung durften sogar eine "Alpha" des Vista-Nachfolgers mitnehmen. Dies sei eine neue Generation von Betriebssystem, hieß es dazu von Microsoft stolz.

Die Veränderungen wirken in der auf der PDC verteilten Vorabversion zunächst allerdings recht kosmetisch. Eine neue Taskleiste erlaubt es, schneller an einzelne Fenster zu gelangen - sie zeigt eine Übersicht aller offener Anwendungen am unteren Bildschirmrand, was mit vielen Fenstern allerdings recht schnell unübersichtlich werden kann. Die Oberfläche der Windows-Anwendungen selbst wurde mit so genannten "Ribbons", wie man sie bereits aus der aktuellen Version des Büropakets Office kennt, ausgestattet - sie sollen eine einfachere Navigation durch die Menüs ermöglichen, sind bei Nutzern allerdings nicht unumstritten. Kleine Mini-Programme, so genannte "Gadgets", darf der Windows 7-Nutzer künftig auf dem ganzen Bildschirm platzieren, was unter Vista nur in einem bestimmten Bereich möglich war. In Sachen Internet hat Microsoft den neuen Browser Internet Explorer 8 integriert, der mehr Sicherheit beim Surfen bieten soll und Fachleuten inzwischen als würdiger Gegner von Firefox gilt.

Hardware-Problemen will der Softwareriese mit einer neuen Verwaltungszentrale namens "Device Stage" begegnen, über die sich alle angeschlossenen Geräte künftig gebündelt einstellen lassen. Auch soll die "Plug & Play"-Unterstützung verbessert worden sein, die manchen Peripherieartikel, der unter XP problemlos lief, unter Vista zum Nichtstun verdammte. Verbesserungen gibt es außerdem bei den Modulen für die Heimvernetzung, so sollen sich etwa Drucker von mehreren Geräten aus leichter ansprechen lassen, was bislang recht hakelig läuft.

Bereits angekündigt hatte Microsoft, dass das nächste Windows sich auch mit den Fingern im so genannten "Multitouch"-Modus bedienen lassen wird. Berührungsempfindliche Bildschirme ermöglichen die Auswahl von Objekten und unterstützen Gesten, wie man sie von Apples iPhone kennt. Besonders bequem ist das allerdings nur, wenn man den Rechner als Tablett auf den Knien benutzt, die Multitouch-Bedienung am Schreibtischmonitor sorgt hingegen schnell für Armkrämpfe. Die wichtigsten Veränderungen hat Microsoft jedoch im Inneren von Windows 7 vorgenommen. Ein neuer Systemkern soll deutlich weniger Prozessorlast erzeugen als der von Vista - ob davon auch die heute ausgebremsten älteren Rechner profitieren, bleibt allerdings fraglich, bis Microsoft die offiziellen Systemanforderungen veröffentlicht.

Vista wurde häufig vorgeworfen, es orientiere sich stark am Konkurrenten Apple mit seinem Betriebssystem Mac OS X. Diesen Vorwurf muss sich auch Windows 7 gefallen lassen - so könnte man die neue Taskleiste als Microsoft-Version des bekannten "Dock" interpretieren und auch die neuen "Desktop Gadgets" erinnern an die Apple-Funktion "Dashboard". Auch was die Vermarktung anbetrifft, dürfte Microsoft einmal mehr auf Apple treffen: Dessen nächste Mac OS X-Version "Snow Leopard" wird einige Monate vor Windows 7 erscheinen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • C
    codeschnipsel

    Es wäre insgesamt ein riesen fortschritt, wenn pc's zukünftig ohne betriebssystem ausgeliefert werden, denn schließlich sollte der nutzer entscheiden können, für welches klicki-bunti system, er bereit ist hunderte € bezahlen. Alternativ lässt sich immer noch für lau ein solaris, linux oder free-bsd installieren

  • CS
    Christian Steyfen

    Die Kopierfrage ist nicht die wichtige Frage, sondern die Komponierfrage. Apple gelingt es intuitive Systeme sowohl für Profis als auch Laien zu entwickeln, aber letztlich wird auch hier kopiert. Das Dashboard ist z.B. stark von den Konfabulator-Widgets inspiriert worden und viele der kleinen aber nützlichen Features stammen aus verschiedensten Winkeln der Softwarelandschaft. Apple schafft es hiermit sowohl Unix-Anwender als auch Klickfetischisten in Ihrer gewohnten Umgebung abzuholen und mit weiteren Möglichkeiten und einem smarteren Arbeitsablauf für die recht hohe Investition zu belohnen. Viele der Linux-Desktops leiden unter schwerwiegender Featuritis, zu lange Menüs, unhandliche Bedienelemente und eine Menge von Apple abgekupfertes Eye-Candy machen hier das Arbeiten zur Qual. Oder Open-Office: Prima nachgebautes Office-Paket, ein paar nette Schnittstellen und offene Formate in der Bedienung genauso hakelig wie das Orignal aus Redmond. Emacs und Vi sind Gold dagegen.

  • K
    kubaorange

    Es schockiert mich immer wieder, dass auf allen gesellschaftlichen Ebenen alle von Windows abhängig zu sein scheinen. Wenn man es schon wagt ein anderes Betriebssystem ins Gespräch zu bringen, wird man schnell in die ungeliebte Ecke geschoben, auch von den Linken, Ökos etc., die sich zwar eine Welt ohne Windows wünschen, aber aus Angst von (nervenraubenden) Neuerungen übersehen, dass es mittlerweile viel bessere Alternativen gibt: Einerseits natürlich das bereits erwähnete Mac OS. Andererseits das erstaunlich nutzerfreundliche Ubuntu/Linux als kostenlose, legale, nicht-kapitalistische open source Variante. Gerade dieses Ubuntu-Betreibssystem könnte mehr mediale Aufmerksamkeit gebrauchen!

  • TS
    Tobias Schmitt

    ... und die Beetles haben auch alles den Bigbands aus den 1920ern nachgemacht, weil sie elektrisch verstärkte Gitarren benutzt haben...

     

    Leute, was soll diese Diskussion. Viel wichtiger ist doch, wie gut oder schlecht diese Funktionen eingebunden sind. Auch Apple oder die Linux-Dist. haben mit Sicherheit nicht alle funktionen die sie einbauen erfunden...

     

    Bin aber mal sehr gespannt wie "rechnerfreundlich" Windows 7 wirklich wird...

     

    LG

  • A
    ADE

    Wann wird die Welt endlich kapieren, dass Apple schon längst- für Profis, aber auch Computerlaien-intuitiv bedienbare Geräte (incl.Software) "baut" ?

    Vor allem an Schulen, wurde und wird viel Zeit für überwiegend unhandlich programmierte Software und Microsoft-Systeme verschwendet, anstatt sich auf einen guten Unterricht zu konzentrieren, in dem der Rechner (aus eigener Erfahrung :Apple-Systeme) in den Hintergrund rücken und produktorientierter Unterricht im Vordergrund steht. (Die Schüler sollen nicht wissen, wie XP, Vista, Linux oder gar Mac OS X funktioniert, sondern wie man sinnvoll und zeitsparend mit einem Betriebssystem und seiner installierten Softwar umgeht. Bei Microsoft-Produkten, behaupte ich, stimmt der sog. gewünschte "Workflow" nicht.

    Denn, immer bedenken: Der Rechner ist ein Werkzeug und sollte vom User beherrscht werden, nicht anders herum !

    Apple und viel Softwarehersteller die auf dieses System aufsetzen macht auch Fehler, ohne Frage, aber längst nicht so viele wie Microsoft.

    Alternativen bieten ganz klar auch (zum Glück) Open-Source Produkte.

  • JS
    Jonas S.

    "Der hört auf den Namen "Windows 7", soll, wenn alles gut geht, 2010 erscheinen und all die Probleme lösen, die Vista aufwies."

     

    Na, da kann man auch einfach auf WinXP steigen... :p

  • CS
    Christian Scholz

    Ein Fehler: Die Gadgets lassen sich bei Vista auch überall platzieren, per Drag&Drop, sind aber zuerst in der Sidebar. Neu ist, dass sich ihre Größe verändern lässt und sie nicht grundsätzlich in eine Seitenleiste platziert werden.

  • TB
    Thomas Böttiger

    Ich weiß nicht, ich halte diese Vergleiche mit anderen Betriebssystemen für gewagt, vor allem dieser "sportliche" vergleich, wer wann was schon früher hatte. Letztendlich geht es darum, die immer komplexeren Programme und Rechner mit einer möglichst intuitiven Schnittstelle (dem User Interface) zu versehen, um möglichst vielen potenziellen Benutzern die Bedienung zu erleichtern. Darin hatte -- zugegebenermaßen --Microsoft lange keine besondere Priorität gesehen. Da sich nun aber eine Art Gewohnheit bei der Benutzung quer über alle Betriebssysteme breit gemacht hat, ist es nur nahe liegend, dass auch Microsoft nicht alles "anders" machen kann -- vor allem vor dem Hintergrund der Internet-Applikationen.

    Interessanter als die Frage, wer was von wem wann "abkupfert", ist die Frage, wie gut es sich in die Benutzerführung integriert.

  • BH
    Banjo Hansen

    Alles Schnee von gestern. Ein Hoch auf Opensource!

  • L
    Linker

    Ich gehe mal davon aus, dass auch Windows 7 mich nicht dazu bringen wird, meinen Mac zu verkaufen :-)