Die Woche: "Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?"

Die Wahlnacht am Dienstag wird kurz, die Macht des Verbrauchers größer - und die SPD stürzt in eine Sinnkrise

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Neoliberale Broschüre Spiegel kündigt doll private Titelgeschichte über SS-Chef Himmler an: "Aus dem Leben eines Massenmörders".

Was wird besser in dieser?

Spiegel beginnt Planungen für neoliberalismuskritischen Titel für November 2068.

Gut für Deutschland, dass Horst Seehofer nicht mehr Landwirtschaftsminister ist?

Die Umdeutung des Hauses in das Künastsche "Verbraucherministerium" war ein Geniestreich mit weitreichenden Chancen. Heute hat kein Konzern mehr Angst vor der Gewerkschaft - wohl aber vor den Verbrauchern. Das hat diese Bundesregierung nicht begriffen.

Schauen wir auf Hessen. Andrea Ypsilanti möchte sich am Dienstag unter Tolerierung der Linkspartei zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Wo sehen Sie noch Gefahr?

Darin, das es klappt. Dann wird es die versammelten Klemmdemokraten in der SPD sofort in eine tiefe Sinnkrise stürzen; für ein rot-rotes oder rot-rot-grünes Projekt hat man ja gerade erst falsch geputscht. Wenig überraschend findet sich aber bereits ein Nachlassverwalter.

Bahn-Boni. Okay?

Absolut, wie soll ich meinen Enkeln denn sonst später mal erklären, warum in der DDR nicht alles schlecht war ? Also der grüne Pfeil für Rechtsabbieger und die Strafbarkeit von "Diebstahl von Volkseigentum". Die Konstruktion "Der Staat zahlt finanzpornografische Honorare für das Verramschen von Staatseigentum" nötigt einem da schon Respekt ab. Bei der Postbank argumentiert man, das scheue Wild Topmanager hätte sich ohne Extra-Fütterchen sonst im Wald verlaufen. Bei der Bahn und speziell Herrn Mehdorn scheint es sich noch etwas puristischer um eine neue Art von Existenzbelohnung zu handeln. Die Entkopplung von Salär und Arbeit ist der Versuch, das Bürgergeld von oben einzuführen. Weiter!

IG-Metall-Warnstreiks. Gibt es so etwas wie eine Gier der Gewerkschaften?

Bahn-Vorstand Suckale bekommt 37,5 % mehr nächstes Jahr. In ihre Gewerkschaft würde ich gehen, ja.

Am Dienstag wird in den USA gewählt. Wie werden Sie den Wahlabend verbringen?

Bin in der Tat gespannt wie lange nicht, oder na ja, immerhin nicht so resigniert wie die letzten zwei, drei Male. Treffen die günstigen Obama-Prognosen ein, ist das Ding - wie zuletzt bei Clinton - so früh entscheiden, dass man um zwei Uhr unserer Zeit im Wissen um den neuen US-Präsidenten ins Bett gehen kann.

Die Volkswagen-Aktie. Erst hält sie den DAX im Alleingang oben, dann stürzt sie ein, auf hohem Niveau. Zeit, einen Porsche zu kaufen?

Das Wertpapierhaus Porsche, zu seinen Merchandising-Artikeln gehören possierliche Schlüsselanhänger mit Viertaktmotor, dehnt seine Weihnachtspause, um 500 Einheiten davon weniger zu bauen. Vom 70-Mio-Jahresgehalt könnte Chef Wiedeking rund 700 Carreras kaufen - ein kleiner Mengenrabatt reingerechnet. Da Porsche sich allerdings den VW-Kauf wesentlich von Heuschrecken, Leerkäufern und Zockern bezahlen ließ, ist man schon wieder versucht, den ganzen Irrsinn auch noch sympathisch zu finden.

Ist es richtig, das Reglement des DAX zu ändern?

Der Glaser schmeißt die Scheiben ein und brüllt: "Da müssen neue rein!" Ich höre da allerhand sehr kluge Wortbeiträge von Leuten, die vorher nichts gesagt haben. Gegenfrage: Soll man Kot parfümieren?

Verstehen Sie inzwischen den Begriff "Leerverkauf"?

Ich leihe mir ein Auto und verkaufe es. Dann kaufe ich das gleiche Modell als Schrottmühle billiger zurück und gebe es dem Besitzer. Der hat - theoretisch - sein Auto wieder, ich - praktisch - eine Profitspanne. Geht schief, wenn Schrottmühlen immer teurer werden - das hat Porsche genutzt. Oder wenn wir auch in der Wirtschaft ein Rechtsstaat wären.

Nächstes Wochenende wird in Gorleben protestiert. Die Anti-AKW-Bewegung plant, Castoren zu blockieren. Schnee von vorgestern?

Ne, von morgen; Umweltminister Gabriel scheint ja Mut gefasst zu haben, mit der Endlagerfrage in den Wahlkampf zu ziehen.

Kim Jong Il. Krank? Tot? Egal?

Wurst.

Diego Maradona wird Trainer der argentinischen Nationalmannschaft. Müssen wir uns fürchten?

Vor Lothar Matthäus - immer.

Nun soll auch am Samstagabend Bundesliga-Fußball gespielt werden. Sinn oder Unsinn?

Bei Youtube kann man sich allerhand Ausschnitte anschauen, wie Ulli Hoeneß Reporter pro Frage feuert. Die ganze höfische Demut der Rechteempfänger ist den Sendern beim Radsport um die Ohren geflogen, und ich wünsche das dem Hoffenheim-Leverkusen-München-Fußball inzwischen auch. Gerne auch samstags zu egal welcher Uhrzeit.

Was macht eigentlich Borussia Dortmund?

Ist auf wundersame Weise der einzige Verein der Welt, für den das nicht gilt. FRAGEN: FRA, NAT

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