Vorstoß Niedersachsens Innenminister: NPD soll Geldhahn zugedreht werden

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will die staatliche Finanzierung der NPD stoppen. Doch die Reaktionen seiner Kollegen sind verhalten.

Feinde der Verfassung sollen keine Steuergelder mehr bekommen, meint Schünemann - und meint damit auch die NPD. Bild: dpa

BERLIN taz Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will der NPD die staatliche Finanzierung entziehen: "Es muss eine Ende haben, dass die Feinde der Verfassung mit Steuergeldern alimentiert werden", sagte er. Die Bürger könnten nicht nachvollziehen, dass rund 40 Prozent der Parteigelder auf Steuergelder zurückgingen.

Die rechtsextreme Partei erhält rund 1,45 Millionen Euro vom Staat. Am Mittwoch stellte Schünemann in Berlin ein Gutachten vor, das einen möglichen Ausschluss der NPD aus der Parteienfinanzierung aufzeigt. Dafür sollen Grundgesetz und Parteiengesetz geändert werden. Gutachter Volker Epping von der Leibniz-Universität Hannover schlägt vor, Artikel 21 des Grundgesetzes zu ergänzen und darin eine "Teilfinanzierung" der Parteien zu ermöglichen. Parteien, "die Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung" verfolgten, sollen von der Finanzierung ausgeschlossen werden können. Im Artikel 18 des Parteiengesetzes sollte eine ähnliche Passage eingefügt werden. Es wäre einfacher, allein das Parteiengesetz zu ändern, so Epping. Er fürchte aber, dass das nicht bei allen Parteien Zuspruch finden würde.

Nach einer Innenministerkonferenz Ende 2007 hatte Schünemann bei Epping das Gutachten in Auftrag gegeben. Der Innenminister betonte: "Wir haben Denkblockaden aufgebrochen." Er kritisierte, dass man bisher lediglich auf Verbotsverfahren gesetzt habe, um die Rechtsextremisten zu bekämpfen. Doch mit den jetzt empfohlenen Gesetzesänderungen würde ein Dreiklang für die wehrhafte Demokratie möglich, um extremistische Parteien "zu beobachten, die Finanzierung zu entziehen oder zu verbieten".

Epping betonte, dass nach den Änderungen alleine der Nachweis von "konkreten Bestrebungen" genüge, um die staatliche Alimentierung einzustellen. "Diese Voraussetzungen liegen unterhalb der Schwelle, wie sie das Bundesverfassungsgericht für ein Parteienverbot formuliert hat", hob er hervor. "Ein milderes Mittel als ein Verbot", urteilte Minister Schünemann.

Nicht nur er sieht keine Schwierigkeiten der Beweisführung. Auch Niedersachsens Verfassungsschutzchef Günter Heize denkt, dass der Nachweis der Bestrebungen schnell erbracht werden könne. Bereits die "offenen" Quellen würden die Verfassungsfeindlichkeit offenbaren. Allein schon die von den Rechtsextremen immer wieder hervorgebrachte Idee einer homogenen Volksgemeinschaft stünde dem Grundgesetz entgegen.

Ab Donnerstag beschäftigt sich die Innenministerkonferenz in Potsdam mit dem Gutachten. Schünemann glaubt, dass die Idee bei seinen Kollegen Zuspruch findet. "Im Ziel sind sich alle einig", sagte er, "nun haben wir auch einen Weg." Doch die ersten Reaktionen waren verhalten. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) kritisierte das Vorhaben. "Durch Grundgesetzänderung den Bundestagspräsidenten zu ermächtigen, zwischen Parteien erster und zweiter Klasse zu unterscheiden, ist ein fragwürdiger Ansatz", ließ er mitteilen. Das Parteienprivileg sei ein hohes Gut. Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) sagte: "Ich halte es für ausreichend, das Parteiengesetz zu ändern, um der NPD den Geldhahn zuzudrehen." Scharfe Ablehnung kam von der Linksfraktion im Bundestag. Innenpolitikerin Ulla Jelpke kritisierte den Vorstoß als "Flucht aus der eigenen Verantwortung für das Scheitern des NPD-Verbots".

Aus Angst, selbst belangt zu werden? Laut Schünemann wäre die Linke nicht betroffen, da dort allenfalls einzelne Personen oder Gruppen wie die Kommunistische Plattform gegen die Grundordnung seien, nicht aber die Partei als Ganzes. Der rechtsextremen DVU könne hingegen der Geldhahn sehr wohl zugedreht werden. Schon zur Bundestagswahl 2009 könne die neue Regelung greifen. Für eine Grundgesetzänderung müsste allerdings der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.

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