Kritik am Prüfsystem für Hühnereier: Die Sorge ums Ei
Tierschützer kritisieren Prüfsystem für Eier und fordern eine strenge staatliche Kontrolle. Verbraucherschützer vertrauen Code weiterhin
Zehn Ziffern sollten die Macht des Verbrauchers stärken. 2004 führte die Verbraucherschutzministerin Renate Künast die Kennzeichnungspflicht von Eiern ein. Die aufgedruckte Zahlen-Buchstaben-Kombination verrät seitdem nicht nur etwas über die Haltung der Hennen, sondern weist direkt den Weg zum Hersteller. Seit Mittwoch allerdings ist das Vertrauen vieler Verbraucher in den Code erschüttert. Die Tierrechtsorganisation Peta veröffentlichte Filmaufnahmen, die die Falschetikettierung eines Großbauern aus Brandenburg belegen sollen. Für den Vorsitzenden Edmund Haferbeck ein klarer Beweis: "Das ganze Kontrollsystem funktioniert nicht."
Zurückverfolgen lässt sich der Code im Internet unter www.was-steht-auf-dem-ei.de. Die erste Zahl kennzeichnet die Haltungsform. 0 steht für Bio, das schließt Freilandhaltung mit ein. 1 steht für Freiland-, 2 für Boden- und 3 für Käfighaltung. Die Buchstaben geben das Herkunftsland an. Die letzten sieben Zahlen führen direkt zu Stall und Hersteller. Genutzt haben diesen Weg auch die Tierschützer: Die Zahlenkombination 1-DE-1267033 auf einem in Berlin gekauftem Ei führte sie zum Eierproduzenten Landkost im brandenburgischen Spreenhagen, der täglich 300.000 Eier produziert. Dort machten sie die Aufnahmen von eingesperrten Hühnern, dicht gedrängt in einer fensterlosen Halle.
Jedes zweite Berliner Ei soll laut Peta aus der Produktion des Eierproduzenten Landkost kommen. Dieser wies die Vorwürfe der Falschettikettierung der Tierschützer zurück. Und auch die zuständigen Behörden halten die Anschuldigung für haltlos. Peta hält an den Vorwürfen trotzdem fest. Haferbeck wirft den Prüfbehörden mangelnde Objektivität vor und fordert eine strenge staatliche Kontrolle. "Noch stellen sich die Hersteller ihr Zeugnis selber aus."
Tatsächlich drucken die Produzenten den Code selbst auf die Eier. Kontrolliert wird das von privaten Prüfstellen. Beauftragt werden diese wiederum vom Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen (KAT). "An unserem System nehmen alle Boden-, Freiland- und Bioeiererzeuger teil, die an den Handel liefern - außer Direktvermarkter", erklärt Geschäftsführer Casper von der Crone. Zweimal im Jahr werde unangemeldet überprüft. Zuständig ist KAT auch für Landkost. Derzeit kontrolliere eine Stelle den Betrieb, sagt von der Crone. Sollte der was finden, folgten ernsthafte Konsequenzen. "Die Verbraucher können sich zu 100 Prozent auf die Kennzeichnung verlassen."
Nicht ganz so sicher ist sich da Susanne Moosmann von der Verbraucher Initiative Berlin. Auch sie rät, dem Kennzeichnungssystem zu vertrauen - allerdings nicht blind. Moosmann selbst kauft Bioeier auf dem Markt. Wer kann, sollte beim Bauern nebenan kaufen. Für die Tierschützer von Peta hingegen gibt es nur eine logische Konsequenz: Der Verzicht auf Eierprodukte.
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