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Archiv-Artikel

„Bankentrennung hilft nicht“

KREDITWIRTSCHAFT Die Bundesregierung sollte den Instituten vorschreiben, ihre risikoreichen Geschäfte zu verringern, sagt Finanzprofessorin Mechthild Schrooten

Mechthild Schrooten

■ ist Professorin für Volkswirtschaft an der Hochschule Bremen und am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

INTERVIEW HANNES KOCH

taz: Frau Schrooten, die Bundesregierung will Banken verpflichten, ihre Geschäfte aufzuspalten. Macht das die Institute sicherer?

Mechthild Schrooten: Die Idee ist, große Banken in Holdinggesellschaften umzuwandeln, die unter einem gemeinsamen Dach getrennte Geschäftsfelder betreiben: zum einen das traditionelle Bankgeschäft mit Konten und Krediten für BürgerInnen und Unternehmen, zum anderen die risikoreiche Spekulation mit Wertpapieren – auch im Eigeninteresse des Instituts. Dieses könnte man dann notfalls pleitegehen lassen, ohne dass Staat und SteuerzahlerInnen Milliarden Euro zur Rettung zur Verfügung stellen, so die Theorie.

Sie halten diese Trennung für falsch?

Die Regierung unternimmt eine halbherzige Aktion. Sie möchte signalisieren, dass sie etwas tut, löst aber das Problem nicht. Auch als Holding mit getrennten Geschäftsbereichen bleibt eine große Bank eine große Bank. Bei manchen transnationalen Instituten übersteigt das Volumen des spekulativen Wertpapierhandels das Geschäft mit Konten und Krediten um ein Vielfaches. Gerät der Wertpapierhandel massiv in Schwierigkeiten, wird der Staat aus Angst vor Ansteckungseffekten nach wie vor einspringen. Daran wird diese halbherzige Trennung der Geschäftsfelder nichts ändern.

Würden etwa der Deutschen Bank Milliardenverluste aus dem Wertpapiergeschäft drohen, dann würde der Bund sie trotz Trennung retten?

Vermutlich ja. Sind große Teile einer großen Bank vom Bankrott bedroht, kann das eine Vertrauenskrise im gesamten deutschen Finanzsystem auslösen. AnlegerInnen werden ihr Geld aus dem Bankensektor abziehen. Über den Finanzmarkt sind alle Banken miteinander verbunden. Die Schockwellen und volkswirtschaftlichen Kosten wären immens.

Was empfehlen Sie stattdessen?

Die Regierung sollte die Finanzinstitute verpflichten, ihre risikoreichen Geschäfte zu verringern und einige davon ganz aufzugeben. Dafür könnte ein Finanz-TÜV sorgen. Die Institute dürften nur noch die Geschäfte machen, die die Bankenaufsicht genehmigt. Wertpapiere, die die Finanzkrise ab 2007 ausgelöst haben, sollte man beispielsweise verbieten. Denn Pakete aus Immobilienkrediten, die mehrfach neu zusammengestellt und weiterverkauft werden, beinhalten zu große Risiken. Sie dienen nur dazu, die Renditen der Banken zu erhöhen. Einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung schaden solche Produkte.

Sie wollen die Gewinnmarge der Banken verringern?

Ja. Wir müssen entscheiden, welche Aufgabe die Finanzinstitute erfüllen sollen. In erster Linie muss es darum gehen, den Zahlungsverkehr abzuwickeln und originäre Bankleistungen wie Einlagenbildung und Kreditbereitstellung zu gewährleisten. Dass die Banken mit risikoreichen Geschäften möglichst hohe Rendite erzielen, kann nicht das Ziel sein. Es liegt nicht im öffentlichen Interesse.

Wenn die Institute mehr Profit erwirtschaften, können sie aber der Wirtschaft mehr Kredit geben. Müssen wir uns entscheiden zwischen Stabilität des Finanzsystems und Wachstum?

Nein. Die Bankgewinne von gestern sind nicht die Kredite von morgen. Das Kreditvolumen hängt vielmehr davon ab, wie die Finanzierungsbedingungen aussehen. Da spielen die Zinsen der Europäischen Zentralbank eine größere Rolle. Gehen die Finanzmärkte zu hohe Risiken ein, verursachen sie übermorgen möglicherweise gigantische volkswirtschaftliche Kosten. Diese gefährden das Wirtschaftswachstum viel stärker als die Verringerung der Bankprofite auf ein moderates Niveau.