Prozess gegen 9/11-Chefplaner: Angeklagte wollen schnell sterben

Wendung im Vorzeigeprozess von Guantánamo wegen 9/11: Die Angeklagten haben ihr Schuldbekenntnis zurückgezogen, weil sie endlich hingerichtet werden wollen.

Wollen schnellstmöglichst sterben: Khalid Sheikh Mohammed (Mitte) und die Mitangeklagten. Bild: reuters

WASHINGTON taz Erst wollten die fünf Männer, denen die Planung der Terroranschläge des 11. September 2001 vorgeworfen wird, sich schuldig bekennen. Nach einer rechtlichen Belehrung erklärten sie am Montag dem US-Militärrichter im Gefangenenlager auf Guantánamo, dass sie ihr Angebot vorerst zurücknähmen, wenn es ihre Hinrichtung gefährde. Dass der juristische Wirrwarr um Guantánamo kaum noch aufzudröseln ist, zeigte dieser neuerliche Verhandlungstag im Vorzeigeprozess gegen al-Qaida deutlich. US-Juristen gehen nun davon aus, dass der zukünftige Präsident Barack Obama mit seinem Versprechen, Guantánamo schließen zu wollen, Probleme erben wird.

"Wollen Sie etwa sagen, dass wir, wenn wir uns alle gemeinsam schuldig bekennen, nicht zum Tode verurteilt werden können?", fragte der vermutete Strippenzieher der Anschläge und Hauptverdächtige, Khalid Sheikh Mohammed. Schließlich hatten die fünf keinen Zweifel daran gelassen, dass sie möglichst schnell als Märtyrer sterben wollen. Ihr Ziel hatten sie zuvor in einer gemeinsamen schriftlichen Erklärung vorgelegt, die Richter Stephen Henley zum Auftakt der Anhörung verlas. Auf die Frage, ob er sich schuldig bekennen wollte, antwortete der 43-jährige Sheikh Mohammed: "Ja, wir wollen keine Zeit verschwenden." Nachdem ein weiterer Militärrichter juristische Fragen aufgeworfen hatte, wonach das Schuldeingeständnis möglicherweise ihren Wunsch nach der Todesstrafe vereitele, zogen die fünf ihre Geständnisse wieder zurück.

Das Verfahren gegen Sheikh Mohammed und seine vier Mitverschwörer hatte im Juni begonnen. Sheikh Mohammed soll einst al-Qaidas "Nummer drei" gewesen sein. Schon zum Auftakt des Prozesses vor einem eigens geschaffenen Sondergericht hatte er für sich die Todesstrafe gefordert. Anwälte lehnte er ab. Auch der aus dem Jemen stammende Binalschib, der als Mitglied der "Hamburger Zelle" und einer der engsten Vertrauten des Todespiloten Mohammed Atta gilt, erklärte damals: "Ich will seit Jahren Märtyrer werden." Schnell sterben wollen auch Sheikh Mohammeds Neffe Ali Abdel Asis Ali, auch als Ammar al-Baluchi bekannt, sowie der Jemenit Walid bin Attasch.

Die Strategie der Angeklagten, den Prozess zu verzögern, hat die Aussichten torpediert, die Sache noch vor Ablauf der Amtszeit von George W. Bush zu Ende zu bringen. Sieben Jahre gibt es das umstrittene Gefangenenlager in Guantánamo für "feindliche Kämpfer" schon, und noch gelang den USA keine einzige Verurteilung. Und das, obgleich es dafür Sondertribunale der Armee sowie einen Spezial-Gerichtssaal auf Guantánamo gibt.

Käme es doch zum Todesurteil, müsste ausgerechnet Obama die Hinrichtungen ausführen. Andererseits besteht die Chance, dass die ursprünglichen Schuldbekenntnisse der Angeklagten ohnehin ungültig sind, da, das gab die CIA mittlerweile zu, Sheikh Mohammed gefoltert worden war - und Geständnisse unter Folter nicht anerkannt werden können. Ob dies jedoch auch auf Sondertribunale zutrifft, bleibt unklar, wie so vieles auf Guantánamo.

ADRIENNE WOLTERSDORF

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