Warnstreik gegen Jobverlust

Tausende Versicherungsangestellte demonstrieren in Köln und Düsseldorf gegen drohenden Arbeitsplatzabbau. Ver.di will die Proteste ausweiten, wenn die Arbeitgeber nicht einlenken

VON DIRK ECKERT

Keine Entlassungen, wenn das Unternehmen Gewinne macht – dafür gingen gestern in Nordrhein-Westfalen bei strömendem Regen tausende Beschäftigte der Versicherungsbranche auf die Straße: In Köln protestierten Angestellte der Allianz gegen den drohenden Arbeitsplatzabbau in ihrem Unternehmen. In der Landeshauptstadt Düsseldorf zogen im Rahmen eines bundesweiten Warnstreiks rund 800 Mitarbeiter der Hamburg-Mannheimer zur Zentrale des Mutterunternehmens, der Ergo-Versicherungsgruppe.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di in NRW kündigte gegenüber der taz weitere Warnstreiks in Nordrhein-Westfalen bis zum 28. November an. Für diesen Tag sind die nächsten Tarifverhandlungen mit der Versicherungswirtschaft angesetzt. Ver.di will in den laufenden Verhandlungen einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bei Umstrukturierungen sowie eine Gehaltserhöhung von 4,5 Prozent durchsetzen. „Die Arbeitgeber weigern sich, mit uns über Beschäftigungssicherung zu reden“, kritisierte Frank Fassin von Ver.di in NRW. „Sollten die Verhandlungen scheitern, wird es nicht bei kurzen, befristeten Streiks bleiben“, warnte der Gewerkschafter außerdem: „Die Kollegen sind nicht mehr bereit, sich auspressen zu lassen wie eine Zitrone.“

Nach Einschätzungen von Fassin, der auch Mitglied im Aufsichtsrat von Ergo ist, dürften in den nächsten zwei Jahren allein bei der Hamburg-Mannheimer 1.500 Arbeitsplätze gestrichen werden, was einem Viertel aller Beschäftigten entspricht. Dabei gehe es dem Unternehmen gut, kritisierte Fassin: „Die Hamburg-Mannheimer liefert im Jahr ca. 100 Millionen Euro an Ergo ab.“

Bei der Allianz ist die Lage ähnlich: Obwohl das Münchner Unternehmen im dritten Quartal 2005 mit 794 Millionen 326 Millionen Euro mehr Gewinn als im selben Zeitraum des Vorjahres verzeichnet, will der Versicherungskonzern im Zuge von Umstrukturierungen laut Presseberichten möglicherweise jeden fünften Arbeitsplatz streichen. Das Unternehmen hat die Zahl bislang zwar nicht bestätigt, aber trotzdem zogen gestern in Köln laut Betriebsrat 1.400 „Allianzer“ durch die Innenstadt. Dort hat die Allianz ihre NRW-Zentrale. Zuvor fand in der Domstadt eine Betriebsversammlung statt, zu der auch die Kölner Unternehmensspitze des Münchner Versicherungskonzerns erschienen war. „Die Geschäftsleitung hat keine Zusagen machen können“, bedauerte Betriebsratsvorsitzende Gabriele Burkhardt-Berg danach gegenüber der taz. Sie forderte, etwaigen Arbeitsplatzabbau durch Teilzeitarbeit oder den Verzicht auf Neueinstellungen aufzufangen. „Die Allianz ist ein so ertragreiches Unternehmen, dass das auch sozialverträglich geht“, sagte sie.

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