Nach 50 Milliarden Dollar Schaden: Schneeballfirma wird aufgelöst

US-Behörden ordnen an, das Unternehmen des mutmaßlichen Betrügers Madoff zu liquidieren. Er soll die Renditen statt aus Gewinnen mit dem Geld neuer Klienten finanziert haben.

Nun werden die New Yorker Büros der Investmentfirma bald leer. Bild: reuters

Nach dem mutmaßlichen Milliardenbetrug des ehemaligen New Yorker Börsenchefs Bernard Madoff haben die US-Behörden angeordnet, seine Anlageberatungsfirma aufzulösen. Ein Amtsgericht in New York habe der Liquidation zugestimmt und einen Treuhänder beauftragt, teilte die Anlegerschutzorganisation SIPC am Montagabend mit.

Aufgrund des Ausmaßes des Betrugs sei es im Falle der Anlageberatungsfirma Bernard L. Madoff Investment Securities sehr unwahrscheinlich, dass Vermögenswerte gerettet werden könnten, erklärte SIPC-Chef Stephen Harbeck. Die SIPC verfügt über einen vom Kongress genehmigten Reservefonds, um die Investoren von bankrotten Finanzunternehmen zu unterstützen.

Nicht nur US-Anleger und Wohltätigkeitsorganisationen, auch europäische und japanische Großbanken und deren Kunden befürchten wegen Anlagen bei Madoffs Investmentfonds erhebliche Verluste. Deutsche Banken scheinen nach eigenen Auskünften vom Dienstag allerdings kaum betroffen zu sein. Dem früheren Chef der Technologiebörse Nasdaq wird von New Yorker Ermittlern vorgeworfen, Investoren mit einem Schneeballsystem um 50 Milliarden Dollar betrogen zu haben. Analysten und Kommentatoren sprechen von einem der größten Betrugsfälle in der Geschichte der Wall Street.

So kommt zur weltweiten Finanzkrise nun auch noch ein gigantischer Betrugsfall hinzu. Unter den Instituten, die auf Madoff hereingefallen sind, befinden sich die britische Royal Bank of Scotland, die ihr Risiko auf mehr als 446 Millionen Euro bezifferte. In ähnlichen Größenordnungen sind die belgisch-französische Natixis, die französische BNP Paribas und die spanische Bank BBVA betroffen. Der britische Hedgefonds Man Group investierte rund 240 Millionen Pfund. Kunden der spanischen Gruppe Santander waren am vertrauenvollsten: Über einen Fonds der Bank legten sie insgesamt 2,33 Milliarden Euro bei Madoff an. Nicola Horlick, Managerin von Bramdean Alternatives, die ebenfalls bei dem vertrauenerweckenden 70-Jährigen investiert hatte, sprach vom "wahrscheinlich größten Finanzskandal in der Geschichte des Marktes".

Unter den Geschädigten sind nicht nur Banken, sondern auch jüdische Stiftungen sowie Promis. So soll Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel Geld verloren haben, ebenso wie Regisseur Steven Spielberg. In der Schweiz scheinen vor allem reiche Privatkunden betroffen zu sein, die über Banken und Vermögensverwalter in die wohlklingenden Madoff-Produkte investierten. Allein bei der Genfer Vermögensverwaltungsbank Union Bancaire Privee (UBP) geht es um Anlagen in Milliardenhöhe.

Im Wesentlichen soll Madoff die von ihm gemachten hohen Renditeversprechen an seine Kunden und Anleger so finanziert haben, dass er das Geld neuer Kunden für die Renditezahlungen an bereits vorhandene Kunden nutzte - ohne dass Madoff zwischendurch eine echte Rendite erzielt hätte.

Nach Angaben der US-Ermittler hat Madoff bereits eingeräumt, dass es sich bei dem Geschäft um "eine einzige große Lüge" gehandelt habe. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft und eine Geldstrafe von bis zu 5 Millionen Dollar. Einstweilen sperrten die Behörden die Konten seiner Fonds. Der am Donnerstag zunächst festgenommene Madoff selbst kam noch am selben Tag gegen 10 Millionen Dollar Kaution frei.

Bislang rätseln die Ermittler jedoch, wo der Großteil der 50 Milliarden geblieben sein könnte. Zweifel an Madoff waren jedenfalls bis letzte Woche nicht angesagt. Der Mann galt als Investmentgenie, und wer wollte schon aufmüpfig werden, solange die Rendite floss?

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