FDP spielt Oppositionspartei

NRW-FDP lehnt den Berliner Koalitionsvertrag ab. Sie fordert, dass sich NRW im Bundesrat enthält, wenn es um Mehrwert- und Reichensteuer geht. Ministerpräsident Rüttgers: „Wir werden reden“

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Die nordrhein-westfälische FDP geht in die Opposition. Landeschef und Vize-Ministerpräsident Andreas Pinkwart kündigte gestern an, dass seine Partei eine von der neuen Bundesregierung geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht mittragen werde. Auch den Steuerzuschlag für Spitzenverdiener, die so genannte Reichensteuer, lehnt die FDP ab. Bei einer Abstimmung im Bundesrat müsse sich NRW enthalten, fordert Pinkwart.

Die FDP stützt sich dabei auf den Düsseldorfer Koalitionsvertrag mit der CDU. Dieser legt fest, dass sich im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Koalitionspartnern die Landesregierung im Bundesrat enthält. Die Bundesregierung könnte dadurch schnell in Bedrängnis geraten: Die schwarz-rote Mehrheit im Bundesrat ist denkbar knapp. Sollten sich neben NRW weitere von der FDP mitregierte Länder bei Steuerentscheidungen enthalten wollen, würde es eng für die große Koalition.

FDP und CDU in Nordrhein-Westfalen jedenfalls sind sich in einigen Punkten uneins: Während die Liberalen von einer „Steuererhöhungsorgie“ und von Gegenwind statt Rückenwind aus Berlin reden, rühmt Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) den Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD als gelungen: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen“, so Rüttgers.

Dass sein kleiner Koalitionspartner da anderer Auffassung ist, spielte Rüttgers herunter. Man könne es schließlich als gegeben voraussetzen, dass die FDP eine andere Sicht der Dinge in Berlin habe, so der Regierungschef. Zur Ablehnung der Steuererhöhung in der FDP sagte Rüttgers: „Wir werden darüber reden wie über alles andere auch.“ Auch FDP-Landeschef Pinkwart beteuerte, es gebe keinen Konflikt mit der CDU: „Herr Rüttgers und ich sind ständig im guten Gespräch miteinander.“

Streitpunkte gibt es dennoch, lediglich in der Ablehnung der Reichensteuer sind sich die beiden Parteien einig. Die FDP kritisiert etwa, dass im Berliner Koalitionsvertrag keine Vereinbarung über das Ende des Subventionsbergbaus getroffen wurde. Rüttgers hingegen sagt, CDU und SPD hätten sich an den Düsseldorfer Vereinbarungen orientiert. Es bleibe bei einer sozialverträglichen Rückführung der Subventionen. Da hätten die Berliner Koalitionäre eine realistische Position gefunden.

Als Chancen für Nordrhein-Westfalen wertet der Regierungschef vor allem die Föderalismusreform, die den Ländern mehr Kompetenzen zubilligt: unter anderem beim Ladenschluss, im Gaststätten- und Versammlungsrecht und in den Hochschulen. Auch verkehrspolitisch kommt der Berliner Koalitionsvertrag Rüttgers zupass: Umgehungsstraßen etwa lassen sich demnach künftig rascher bauen als unter Rot-Grün. Zudem können die Länder künftig in Teilen des Umweltrechts von Entscheidungen des Bundes abweichen. Auch davon will Ministerpräsident Rüttgers profitieren.