Kommentar Siemens: Manager müssen im Visier bleiben

Siemens kommt mit seiner 600-Millionen-Strafe, die an US-Behörden zu zahlen ist, ziemlich gut weg.

Siemens ist mit einem blauen Auge davongekommen. Mit der Zahlung von insgesamt rund 1 Milliarde Euro an US-Behörden und an die deutsche Justiz kann der Elektrokonzern jetzt mehr oder weniger einen Schlussstrich unter seine Korruptionsaffäre ziehen. Zur Erinnerung: Weltweit haben Siemens-Manager Schmiergelder in Milliardenhöhe gezahlt, um an lukrative Aufträge zu kommen; in Deutschland wurde die Pseudogewerkschaft AUB gepäppelt, um im Betriebsrat ein Gegengewicht zur IG Metall zu schaffen. Indem Siemens diese Strafe akzeptiert, hat sich der Konzern jetzt Luft verschafft. Die strafrechtlichen Ermittlungen und zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen gegen ehemalige Spitzenmanager gehen aber weiter - in den USA wie in Deutschland. Und das ist auch bitter nötig.

Denn dass der Konzern - also Aktionäre und Belegschaft - zur Kasse gebeten wird, die Urheber des Skandals aber weitgehend ungeschoren davonkommen könnten -, das wäre nur schwer zu akzeptieren. Immerhin hat das Landgericht Nürnberg den AUB-Gründer Wilhelm Schelsky, der zuletzt einen sehr ausschweifenden Lebensstil auf Konzernkosten pflegte, zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt; Ex-Siemensvorstand Johannes Feldmayer erhielt zwei Jahre auf Bewährung. Während des AUB-Prozesses tauchte immer wieder die Frage auf, wer in der Konzernspitze wann was gewusst haben könnte. Diese Spur muss - wie andere auch - intensiv weiter verfolgt werden. Schließlich sei Bestechung bei vielen Siemens-Geschäften überall auf der Welt Standard gewesen, hat US-Justizministervize Matthew Friedrich festgestellt.

Angesichts dieses Befunds kommt Siemens mit seiner 600-Millionen-Strafe, die an US-Behörden zu zahlen ist, ziemlich gut weg. Denn insgesamt dürfte der Konzern weniger an Strafen zahlen, als er zuvor an Bestechungsgeldern weltweit verteilt hat. Zudem wird Siemens der Zugang zu öffentlichen Aufträgen in den USA künftig nicht versperrt. Der Konzern könnte vom Konjunkturprogramm des neuen Präsidenten Barack Obama also noch gehörig profitieren.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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