Kommentar China auf Piratenjagd: Maritimes Machtspiel mit Piraten

Mit dem Anti-Piraterie-Einsatz wird China zur normalen Großmacht. Taiwan und Chinas Nachbarn reagieren auf Chinas militärische Seeübungen besorgt.

Es markiert einen Epochenwandel: Auch China entsendet jetzt Kriegsschiffe, um die Piraterie vor Somalias Küste zu bekämpfen. Erstmals seit dem 15. Jahrhundert schickt Peking seine Marine zu einem Einsatz, der sich jenseits des Pazifiks abspielt. Bisher hatte auch unter den Kommunisten die Strategie gegolten, sich aus internationalen militärischen Konflikten rauszuhalten und sich stattdessen zunächst auf die eigene wirtschaftliche Entwicklung zu konzentrieren.

Wenn China diese Selbstbeschränkung jetzt aufgibt, so zeugt dies nicht nur von gewachsener wirtschaftlicher Stärke und neuem Selbstbewusstsein, sondern es ist auch eine logische Folge der Globalisierung. Als internationale Wirtschaftsmacht bezieht China heute seine Rohstoffe aus aller Welt, wie es auch dorthin seine Produkte exportiert. Daher ist es nur konsequent, dass sich das Land am Schutz der Transportwege beteiligt.

Längst ist es eine Binsenweisheit, dass kein internationales Problemfeld mehr ohne Chinas Beitrag zu lösen ist. Es war sowieso ein eigenartiger Widerspruch, dass Peking als ständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat saß, sich aber lange jeder Verantwortung entzog. Das hat sich nun sichtbar geändert. Inzwischen stellt China mehr Militär und Polizei bei UNO-Friedensmissionen als jedes westliche Land - von Frankreich abgesehen.

Wenn China nun auch im Indischen Ozean aktiv wird, verhält es sich wie jede andere Großmacht. Es bringt sich ein, macht aber auch eine eigene Politik. Zu den Zielen gehört, die eigenen Machtinteressen in Afrika abzusichern und den Pirateneinsatz als Training für spätere, womöglich aggressivere Zwecke zu nutzen. Taiwan und Chinas Nachbarn reagieren entsprechend besorgt.

Ob Taiwan künftig tatsächlich stärker gefährdet ist, wird sich im Gesamtkontext globaler Machtverschiebungen entscheiden - ob sich etwa die USA weiterhin als Schutzmacht Taiwans engagieren. Es sollte jedoch nicht übersehen werden, dass auch alle anderen Großmächte ihre Interessen im Indischen Ozean verfolgen. Es geht nie nur um Piraten.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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