Neuer Uni-Rektor sorgt für seine Familie: Die Unversität als Familienbetrieb

Dem neuen Rektor der Universität La Sapienza in Rom wird Vetternwirtschaft vorgeworfen. Frau, Sohn und Tochter sind mit Dozentenstellen gut versorgt.

Er liebt seine Familie und den Papst: Universitätsrektor Luigi Frati. Bild: reuters

ROM taz Als letzthin an der Universität La Sapienza in Rom der neue Rektor gewählt wurde, hatte einer der Kandidaten einen entscheidenden Startvorteil. Luigi Frati, bisher Dekan der Medizinischen Fakultät, konnte auf drei Stimmen ganz sicher zählen: auf die von Frau, Sohn und Tochter.

Schließlich sind sie ihm nicht bloß familiär verbunden, sondern auch zu tiefem Dank verpflichtet. Frati war es, der bei seinen Liebsten Neigung und Talent für die Medizin entdeckte und sie mit Dozentenstellen versorgte - die Frau, obwohl sie bis dato als Italienischlehrerin am Gymnasium unterrichtet hatte, und die Tochter, obgleich sie statt eines Medizinabschlusses bloß einen Juraabschluss vorweisen konnte. Unfaire Opponenten Fratis warfen ihm denn auch im Rektoren-Wahlkampf vor, der Kandidat sei ein übles Beispiel der Vetternwirtschaft. Frati zuckte mit den Schultern. Schließlich kann er nichts dafür, wenn Genie und Forscherdrang ausgerechnet seine Familie gesegnet haben.

Und er steht nicht allein. Das seltsame Phänomen, dass wissenschaftliche Passion immer wieder ganze Familien heimsucht, tritt in Italien gehäuft auf. Gleich 24 der 80 italienischen Rektoren haben Verwandte an ihrer eigenen Uni, meist in der eignen Fakultät. In Messina tragen etwa 40 Prozent der Professoren und Assistenten den gleichen Nachnamen wie Kollegen an der örtlichen Alma Mater oder an anderen sizilianischen Unis. In Neapel kommt die Zahl der Namens- (und meist auch wirklichen) Vettern auf 35, in Rom immer noch auf 30 Prozent.

Wahre Blitzkarrieren sind möglich, wenn Papa zu Hause beim Abendbrot die wissenschaftliche Brillanz des Sohnes oder der Tochter entdeckt. Ein Veterinärmediziner aus Messina hatte gegen den ehemaligen Dekan seiner Fakultät Anzeige erstattet. Letzterer hatte zu massiven Drohungen gegriffen, um seinem Filius den Weg zu ebnen - auch wenn dessen Begabung erst auf den zweiten Blick einleuchtete. Beim Bewerbungsgespräch hatte der Nachwuchs-Tiermediziner jedenfalls Schwierigkeiten zu erklären, was Karies ist.

Und während sich so Schmalspurkapazitäten mit in Italien sensationell jungen 35 Jahren schon mit dem Professorentitel schmücken können, bleiben die wahren Genies draußen vor der Tür. Besser: Sie gehen ins Ausland. In Italien dagegen wird so manche Uni zur provinziellen Veranstaltung im wahrsten Sinne des Wortes. An der Universität Palermo stammt mittlerweile mehr als die Hälfte der Dozenten aus Stadt und Provinz Palermo.

Immer wieder versuchten in den letzten Jahren die Regierungen, dem Nepotismus beizukommen, mit immer neuen Regeln für die Zusammensetzung der Berufungskommissionen. Doch was immer erdacht wurde - es funktionierte nicht. Der Ökonomieprofessor Tito Boeri beschwerte sich, die verbreitete und meist ganz legale Vetternwirtschaft stoße nicht auf die nötige "Sanktion durch die Gesellschaft". Boeri hat wohl recht. Luigi Frati jedenfalls gewann die Rektorenwahl in Rom trotz seines ausgeprägten und wohlbekannten Familiensinns mit triumphalen 53 Prozent. Er kündigte gleich nach dem Sieg an, er wolle die Uni öffnen und "internationalisieren". Da drängt sich eine Frage auf: Ob seine Tochter wohl einen ausländischen Verlobten hat?

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