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Debatte NahostkonfliktAntisemitismus von links

Kommentar von Martin Altmeyer

Die Antiglobalisierungsbewegung täte gut daran, einmal ihr Weltbild zu überprüfen. Das zeigt Naomi Klein, die wegen des Gazakriegs zu einem Israel-Boykott aufgerufen hat.

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12 Kommentare

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  • MD
    Matthias Damm

    Es schmerzt mich, einen so unreflektierten und einseitigen Artikel in der taz lesen zu müssen.

    Ich will gar nicht erst auf die vielen falschen Schlüsse eingehen, die der Autor zieht, schon der Ausgangspunkt seiner Diskussion ist falsch:

    Es mag ja vereinzelt Antisemitismus der Linken geben, im Allgemeinen bewegt sich die Israelkritik (die angesichts dessen, was in den letzten Wochen geschehen ist, nicht nur legitim, sondern angebracht ist) sehr klar auf einem Niveau, das gerade nicht antisemitisch motiviert, sondern klar differenziert und sachlich ist.

    Altmeyer hingegen muß sich vorwerfen lassen, die Keule des Antisemitismusvorwurfs allzu undifferenziert zu schwingen. Nur ein Beispiel: Es ruft doch niemand dazu auf, "jüdische" Produkte zu boykottieren, sondern israelische. Die Parallele zum "Kauft nicht beim Juden" ist nicht nur falsch, sie ist auch durchschaubar und dumm -- ein Israelboykott richtet sich nicht (wie die vermeintliche Parallele im Dritten Reich) gegen Menschen in der eigenen Gesellschaft leben, sondern ist ein Versuch, Druck auf einen fernen Akteur auszuüben.

    Also, taz: Warum hebt Ihr einen Kommentar, der so meilenweit unter Eurem Niveau ist, ins Blatt? Totschlagkommentare wie diesen kann man derzeit andernorts zur Genüge lesen, von der taz bin ich anderes gewohnt.

  • M
    Max

    @ Jürgen Berger: alles gesagt! Stimme zu.

  • DG
    Dirk Gober

    Einmal mehr zeigt sich die Feigheit der roten Antisemiten, sich als solche zu outen, anstatt mit "Kritik" gegen Israel um sich zu werfen und "Humanität" gegenüber den Palästinensern einzufordern, während sie solche Forderungen an die befreundete, moslemische, Seite niemals stellen würden. Welch seltsamer Zufall, daß die Feindbilder der roten und braunen Faschisten die selben sind...

     

    Eins muß man den braunen Judenhassern allerdings lassen: sie sich ehrlicher und lügen ihren Hass nicht schön.

     

    Es hilft nichts, seitenlange Pamphlete abzusetzen, wenn diese immer nur auf eine Seite einschlagen, während die Verbrechen von Faschistenorganisationen wie Hams als "Widerstand" u.s.w. zurechtgelogen werden. Fehlt nur noch der Begriff, den die Heldin der Linken, Ulrike Meinhof zu gerne benutzte: "Kofferjuden".

     

    Ode rspielen da noch alte Bekanntschaften aus verschiedenen Terroristenausbildungscamps eine Rolle, in denen Rote und Braune einträchtig nebeneinander das Killen lernten?

  • BN
    Bernd Nitzschke

    Altmeyer, Spezialist für „relationale“ Psychoanalyse, wie es im Kasten zu seinem „Kommentar“ heißt (die Redaktion der TAZ wird wissen, warum sie hier Anführungszeichen gesetzt hat), macht doch nur nach, was andere vorgemacht haben: Er beschimpft eine Jüdin, die sich israel-kritisch geäußert hat. Altmeyer geht dabei allerdings geschickter vor als Broder, der Frau Hecht-Galinski offen „Antisemistismus“ vorwarf (weshalb er sich vor Gericht verantworten musste). Altmeyer wählt statt dessen die „relativ“ sichere Form der Beschimpfung, indem er die Person nicht direkt, sondern auf dem Umweg über deren Ansichten diffamiert. Er wirft Naomi Klein unter anderem vor: „Das dämonisierte Israelbild, das sie hier entwirft, enthält die ganze Palette antisemitischer Klischees, nur dass diese nicht den Juden, sondern dem Staat Israel angeheftet werden: die Geschäftstüchtigkeit und Habgier der Juden; ihre Gerissenheit und Hinterhältigkeit; der heimliche Einfluss, den sie in aller Welt ausüben, bis zur Wahnvorstellung von jüdischer Allmacht; das ‚Gerücht über die Juden’ (Adorno), dem Anspielungen genügen, um zu wissen, wer hinter der großen Weltverschwörung steckt; und schließlich der Vorwurf, die Juden seien selbst für den Antisemitismus verantwortlich.“

     

    Das „Gericht über Naomi Klein“, das Herr Altmeyer abhält, ist nicht neu. Naomi Klein kennt es, seit sie 19 Jahre alt ist: „Klein ist die Tochter der Filmemacherin Bonnie Sherr Klein und des Arztes Michael Klein, die aus Protest gegen den Vietnamkrieg aus den USA nach Kanada emigriert waren. Ihre Großeltern, amerikanische Marxisten waren in den 30er und 40er Jahren politisch aktiv. Ihr Großvater verlor seinen Posten als Trickfilmer, nachdem er den ersten Streik bei den Disney Studios organisiert hatte. Nach eigener Aussage wurde sie aktive Feministin nach dem Amoklauf an der Polytechnischen Hochschule Montréal 1989, bei dem ein Algerokanadier aus Frauenhass 14 Menschen ermordete und sich anschließend selbst richtete. Nachdem sie mit 19 Jahren einen umstrittenen israelkritischen Artikel verfasst hatte (‘Victim to Victimizer’ …), wurde sie heftig kritisiert und nach eigenen Angaben gewalttätig bedroht. Sie habe unerkannt an einer Veranstaltung einer zionistisch orientierten Studentenorganisation gegen ihren Artikel teilgenommen und sich währenddessen zu der Autorenschaft wie ihrem Judentum bekannt mit den Worten: ‘Ich bin Naomi Klein. Ich habe Victim to Victimizer geschrieben, und ich bin so Jüdin wie ihr alle auch.’ Klein hätte niemals wieder so etwas wie das Schweigen danach erlebt, sie wäre damals 19 Jahre alt gewesen und es habe sie stark gemacht.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Naomi_Klein).

  • GH
    Gab Heller

    Ich habe es satt, sofort in die Antisemitismus- Falle gescheucht zu werden, sobald ich auch nur im Ansatz die menschenrechtswidrige Politik Israels (ich betone Israels, nicht die der Juden!) kritisiere, anprangere und dagegen protestiere.

    Martin Altmeyers Euphemismen lassen mich zudem staunen: Der mörderische Krieg gegen die durch die israelische Wirtschaftsblockade längst geschwächten Menschen in Gaza erscheint dabei als letzte Defensivlösung des israelischen Militärs. Martin Altmeyer fängt damit den Ping Pong Ball der israelischen und palästinensischen Machttaktiker auf und spielt ihn weiter. Immer hin und her, über die Köpfe Unschuldiger hinweg. Die möglicherweise durch Phosphorbomben verletzten und getöteten Menschen erwähnt er nicht einmal. Nachdem er in seinem Kommentar ein wenig differenziertes Feindbild der Hamas bestätigt hat, kehrt er am Ende zur Forderung einer Zweistaatenlösung zurück. Eine Hoffnung, die genau aufgrund dieser beschriebenen gegenseitigen Machtspielchen seit Jahrzehnten immer wieder enttäuscht wurde und vielleicht durch den massiven israelischen Siedlungs- und Mauerausbau (und der Dämonisierung der Palästinenser in nahezu allen israelischen Informationsmedien) heute verunmöglicht ist.

     

    Wer Verhandlungen mit der gewählten Hamas scheut, da diese zu radikal sei und Israel nicht anerkenne, soll sich einmal die Parteiprogramme der im israelischen Parlament vertretenen Parteien genauer anschauen. Selbst die als gemäßigt geltende Kadima spricht von Transfer (und damit von Vertreibung), wenn es um die Problematik der Palästinenser geht. Ganz zu schweigen von Parteien wie der religiös-orthodoxen Schas, mit der immer wieder koaliert wurde. Warum macht Altmeyer fehlendes Zugeständnis des Existenzrechts der Palästinenser nicht ebenso zum Ausschlusskriterium für die israelischen Verhandlungspartner? Wer eifrig gegen die von Palästinensern gewählte Hamas vorgeht, sollte sich fragen, warum sein Demokratieverständnis für Palästina und Israel zweierlei Maß bereithält.

     

    Weiterer Terror wird weitere Fanatisierung bewirken und tatsächlich dazu führen, irgendwann keine Verhandlungspartner mehr zu finden, sondern nur noch gefühllose, dem Jenseits verpflichtete Massenmörder, diese Gefahr sehe ich auf beiden Seiten.

    Möglicherweise ist die Schwächung und Umgehung der moderaten Teile der Hamas (wie schon zuvor mit der Fatah geschehen) Teil einer Taktik. Auffällig ist jedenfalls, dass der Terror der Hamas -offen und subtil- provoziert wird: Verhandlungsbereitschaft war hinsichtlich der israelischen Wirtschaftsblockade nicht zu erkennen. Nicht wenige NGOs haben auf die zerstörerischen Folgen dieser ökonomischen Gaza-Strangulierung hingewiesen. Während Altmeyer den militärischen Abzug Israels als "Freigabe" Gazas betont -eine weitere Schönfärberei- sind 25 Prozent der Kinder im Gazastreifen unterernährt. Der militärische Flügel der Hamas, gestärkt durch den ausbleibenden Verhandlungserfolg der Verhandlungswilligen, fuhr mit seiner Gewalt- Strategie fort, schoss weitere Kassamraketen, terrorisierte die Bevölkerung Südisraels und nahm Tote in Kauf. Und genau dadurch konnte die Regierung Israels in der Folge vor der Weltöffentlichkeit den aktuellen maßlosen, brutalen Militärschlag als notwendiges Selbstverteidigungsrecht legitimieren.

    Und? Wird diesem Angriff ein neuer mörderischer Gegenschlag erfolgen, geheiligt und gerechtfertigt im Namen der an die 1300 palästinensischen Toten und der unzähligen unheilbar, für immer verkrüppelten Verletzten und schwer Traumatisierten?

    Tatsächlich, es braucht einen Dritten, um aus dieser Rache- und Unterwerfungsdynamik herauszukommen. Eine Vermittlungsinstanz, die Recht beiden Seiten verschafft, eine ungeheure Aufgabe…

    Der Autor Altmeyer ist mir jedoch durch Ignoranz gegenüber der Geschichte und aktuellen Situation der Palästinenser aufgefallen. Das wäre keine gute Voraussetzung für Vernunftlösungen, die er am Ende seines Kommentars anspricht.

  • MS
    Michael Scheier

    Hr. Altmeyer, ich werde auch weiterhin danach schauen, ob Waren "made in Israel" sind. Weil die israelischen Behörden damit auch Waren kennzeichnen, die aus den völkerrechtswidrigen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten stammen. Die kaufe ich halt nicht, basta! Da können Sie mich noch so oft als Antisemiten beleidigen!

  • L
    l.A.WOMAN

    @jürgen berger:

    Vielen Dank, endlich inmitten der ganzen fast immer sehr einseitigen comments auch in anderen Zeitungen

    eine sachliche Darstellung der traurigen Tatsachen.

    Als Ergänzung zum Thema: Naomi Klein ist Jüdin.

    Ihr Verdienst ist es, die menschenverachtende Entwicklung des raffgierigen Privatisierungswahns seit Reagan, Thatcher, Blair, Clinton, zusammen mit Schröder in ihren Schriften aufzuzeigen.

    Die Verelendung weiter Teile der Weltbevölkerung ist die Folge der Politik seit den 80er Jahren.

    Hier bei uns: 2,6 Mio arme Kinder, 11 Mio Menschen gelten als arm.

    In USA hat die Obdachlosigkeit in den letzten Jahren massiv zugenommen, es gibt im dort 'reichsten Land der Welt' - unfassbar

    - 32 Mio Analphabeten!! (ausUSA today).

     

    Diese Reihe ließe sich endlos fortsetzen, doch zum Konflikt :Für die Einwohner des Gaza bedeutet diese Verelendung durch das Aushungern und die konstante Demütigung durch die Abhängigkeit von Israel kaum einen Ausweg mehr außer sich durch das letzte Mittel - Selbstmordanschläge - auszudrücken.

    Inzwischen hat Obama Fakten auch hierzu geschaffen, kaum sind die Dekrete unterzeichnet, hagelt es schon Zweifel- hauptsächlich von unserer hochqualifizierten und so tatkräftigen Regierung.

    Ich rate sehr, bei seinen Ausführungen genau hinzuhören, ich denke, dass er schwer unterschätzt wird bzw. gern als 'Schönredner und pathetischer Heilsbringer' vor allem von uns Deutschen hingestellt wird. Die beste Lachnummer ist leider Merkel, indem sie ihn schon kaum im Amt darauf hinweisen möchte, dass er sich bitte schön sich auf die gemeinsame Anstrengung bez. der Finanzmärkte einstellen möge.

    Sie ist aber diejenige, die bisher nur schöne Reden geschwungen hat, aber es sind keine Fakten bzw. Gesetze zur Eindämmung der Finanzkrise geschaffen worden außer Milliarden-Bürgschaften für Banken und ein lächerliches Konjunkturpaket, aber keinerlei Gesetze zur Regulierung der Märkte.

    Nun schafft Obama Fakten, und vor allem leitet er mit Mitchell und Holbrooke einen neuen Prozess ein.

    Vor allem Mitchell, der zusammen mit Tony Blair (seine einzig gute Tat) das Friedensabkommen im Nordirland-Konflikt geschaffen hat.

    Es hat zwar 3 Jahre bis 1998 gedauert, aber es ist vor allem dadurch möglich geworden, dass er auf die beiden Parteien zugegangen ist und nicht nur die viel stärkere Position begünstigt hat. Hier sind Parallelen zu Nahost zu sehen, abgesehen von dem Umstand, dass durch viel mehr Parteien, die anderen arabischen _Staaten,

    ein zusätzlicher Schwierigkeitsfaktor besteht.

    Aber das bedeutet auch, dass Mitchell Kontakt mit Hamas aufnehmen wird , und nicht zu vernachlässigen:

    Die offizielle -Amtszeit von Präs. Abbas ist am 9. Januar 2009 abgelaufen.

    Ich denke, Obama hat allein durch seine Vita einen ganz anderen Zugang zum Weltgeschehen, er wird neue Türen aufstoßen und das bequeme Freund-Feind Bild speziell bei unserer dumpfen untätigen Regierung wird erschüttert werden.

  • B
    Bert

    Immer wieder stehen naive Emanzen geradezu Schlange, umd den frauenfeindlichsten Bärten in den Hintern zu kriechen. Wenn der Islam auch hier die Macht ergreift, werden sich manche wundern, dass sie als erste am Galgen landen!

     

    Die Israelis und die Juden insgesamt haben lange genug Erfahrung mit Verfolgung (seit Jahrtausenden!) und lassen sich nicht so leicht von naivem Menschenrechtsgeschwätz einlullen.

  • H
    hto

    Wo die Positionen schwach sind, bzw. in gleichermaßen Bewußtseinsschwäche funktionieren, da ist Populismus mit Reizwörtern natürlich ein hervorragendes Mittel um Punkte zu sammeln.

  • L
    Leser

    Die Argumente find ich alle richtig und auch die meisten Kritikpunkte von alles Seiten.

    Was aber immer ein bisschen schwach als Argument ist: Die radikale Kritik am Staat Isreal mit Antisemitismus zubegruenden. Saemtliche vom Autor zitierten linksradikalen Aeusserungen enthalten nirgendwo etwas wie: Juden.

    "Kauft keine Isrealischen Produkte" ist schon etwas anderes als "Kauft nicht bei Juden".

    Richtig finde ich die Forderungen gar nicht und Loesungen hab ich auch nicht anzubieten. Die Debatte wer wie versteckt antisemitisch ist, traegt aber nicht zur Loesung bei. Wenn es jetzt geheissen haette: "Kauft keine isrealischen Produkte weil die von Juden hergestellt werden", dann muss man natuerlich aufs haerteste protestieren.

  • JB
    Jürgen Berger

    Angesichts der massiven Völkerrechtsverbrechen durch die israelische Regierung und das israelische Militär kann ich diesen Artikel nur als einseitig bezeichnen. Sie erwecken mit diesem Artikel den Eindruck, als möchten Sie von diesen Verbrechen ablenken.

    Hier einige Anmerkungen zu Ihrem Artikel:

     

    1.) Sie schreiben:

     

    "So riefen zu Protestveranstaltungen gegen den Krieg neben palästinensischen und islamistischen Organisationen auch Gruppierungen aus dem linksradikalen Spektrum auf, die bekanntlich dazu neigen, Israel auf ihrer speziellen "Achse des Bösen" als Statthalter der imperialistischen USA, als Speerspitze des internationalen Finanzkapitals oder als rassistischen Apartheidstaat ins Visier zu nehmen."

     

    Selbst der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, wirft der israelischen Regierung vor, die Palästinensergebiete mit Apartheitmethoden zu regieren.

    Und die seit langen Jahren sehr unkritische Haltung der US-Regierung (auch und besonders unter Bush) gegenüber der israelischen Regierung darf durchaus kritisiert werden!

     

    2.) Sie schreiben:

     

    "Wer sich immer noch mit dem "palästinensischen Widerstand" gegen die israelische Besatzungsmacht identifizierte, musste freilich die jüngere Geschichte ignorieren: Dass die radikalislamische Hamas Raketen hinterherschoss, als Israel den Gazastreifen räumte."

     

    Sie verschweigen in Ihrem Beitrag, daß Israel den Waffenstillstand gebrochen hat. So schreibt z.B. der Spiegelfechter:

    "Die israelische Propagandamaschine und die westlichen Medien sind sich in der Kriegsschuldfrage weitestgehend einig. Die Hamas hat den Waffenstillstand gebrochen und Israel hatte keine Alternative, als die „terroristische Infrastruktur“ auszuschalten – dass es in einem dicht besiedelten Kriegsgebiet trotz „Präzisionsbomben“ zu Kollateralschäden kommt, sei unvermeidlich. Der Medienfokus richtete sich auf die 8.500 Raketen, die in den letzten acht Jahren vom Gaza-Streifen aus in das israelische Kernland abgefeuert wurden und dabei 20 Menschenleben auslöschten. Selbstverständlich wurde dabei verschwiegen, dass Israel im Gaza-Streifen seit dem Abzug der jüdischen Siedler 1.700 Palästinenser bei militärischen Angriffen getötet hat."

     

    3.) Sie schreiben:

     

    " Dass sie (die Hamas) dort eine Scharia-Gesellschaft aufzubauen begann und die säkulare Fatah mit Gewalt vertrieb."

     

    Der frühere US-Präsident Jimmy Carter hat sich in den vergangenen Jahren intensiv für eine friedliche Zukunft zwischen Israel und den Palästinensern engagiert. Er schreibt in einem Beitrag aus dem Mai 2008 (Titel: Menschenrechtsverbrechen in Gaza) im Zmag:

     

    "Die Welt wird Zeuge eines schrecklichen Menschenrechtsverbrechens in Gaza. 1,5 Millionen Menschen sind eingesperrt. Sie haben so gut wie keinen Zugang zur äußeren Welt - weder über das Meer, noch über den Luft- und Landweg. Eine ganze Bevölkerung wird brutal bestraft.

    Nachdem die politischen Kandidaten der Hamas bei den PA-Parlamentswahlen 2006 die Mehrheit der Sitze errungen hatten, eskalierte Israel – mit Rückendeckung der USA – die krasse Misshandlung der Palästinenser in Gaza dramatisch. Sämtliche internationalen Beobachter hatten die Wahl einstimmig als fair und ehrlich

    eingestuft.

    Israel und die USA weigerten sich, das Recht der Palästinenser anzuerkennen, eine Einheitsregierung aus Hamas und Fatah zu bilden. Nach internen Auseinandersetzungen kontrolliert mittlerweile die Hamas allein Gaza. 41 der 43 siegreichen Hamas-Kandidaten, die in der Westbank lebten, sitzen mittlerweile in israelischer Haft -sowie 10 weitere, die eine Position in der kurzlebigen Koalitionskabinett beansprucht

    hatten.

    Unabhängig davon, welche Haltung man zu dem Parteienkampf zwischen Fatah und Hamas im besetzten Palästina einnimmt, wir dürfen nicht vergessen, dass Wirtschaftssanktionen und Restriktionen bei der Lieferung von Wasser, Nahrung, Elektrizität und Treibstoff eine extreme Härte für die unschuldigen Menschen in Gaza darstellen. Eine Million von ihnen sind Flüchtlinge.

    Immer wieder schlagen israelische Bomben und Raketen auf dem abgekapselten Gebiet ein und fordern viele Opfer - unter Militanten wie unter unschuldigen Frauen und Kindern. Letzte Woche wurde eine Mutter mit ihren vier kleinen Kindern getötet - ein Vorfall, über den ausführlich berichtet wurde. Schon davor illustrierte ein Report der führenden israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem dieses Muster: zwischen dem 27. Februar und dem 3. März wurden 106 Palästinenser getötet. 54 dieser Toten waren Zivilisten, die nicht an den Kämpfen beteiligt waren, 25 waren unter 18 Jahre alt."

     

    4.) Sie schreiben:

     

    "Dass sie sich als Teil einer islamistischen Internationale begreift, die einen doppelten Feldzug führt: gegen Israel (dessen Existenzrecht sie nicht nur in ihrer Charta - einem einzigartigen Dokument des Judenhasses - bestreitet) und zugleich gegen den ungläubigen, moralisch verderbten, mammonistischen Westen."

     

    Die Politik "des Westens" macht es den Palästinensern (auch der Hamas) nicht gerade leicht, positiv wahrgenommen zu werden. Dies gilt im übrigen für den überwiegenden Teil der Bevölkerung in den arabischen Staaten.

     

    Beispiele:

     

    - Der Westen gestattet seit Jahrzehnten Israel die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik in den Palästinensergebieten. Würde ein "offizieller Feind" des Westens eine Politik nach dem Strickmuster Israels betreiben, dann wäre dieser längst zum "Schurkenstaat" erklärt worden.

    - Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg westlicher Staaten gegen den Irak hat das Ansehen des Westens in dieser Region weiter ramponiert.

    - Der Westen paktiert im Nahen Osten mit feudal-diktatorischen Regimen, denen in der eigenen Bevölkerung der Rückhalt fehlt. Auch dies macht das Gerede des Westens von "Demokratie" für die Menschen des Nahen Ostens sehr unglaubwürdig.

     

    Und was die Anerkennung des Existenzrechts Israels durch die Hamas anbelangt, so heißt es in dem schon zitierten Artikel Jimmy Carters:

     

    "Alle arabischen Nationen haben sich auf eine vollständige Anerkennung Israels geeinigt, sollte Israel die Schlüsselresolutionen der UNO erfüllen. Die Hamas ist bereit, jede verhandelte Friedensregelung zwischen der Palästinensischen Autonomiebehörde unter Präsident Mahmoud Abbas und dem israelischen Premierminister Ehud Olmert zu akzeptieren, vorausgesetzt das palästinensische Volk wird dieses Abkommen in einem Referendum anerkennen."

     

    5.) Sie schreiben:

     

    "Die antisemitische Radikalisierung erreichte ihren Höhepunkt, als Naomi Klein, Ikone der Antiglobalisierungsbewegung, im Guardian dazu aufrief, israelische Produkte, Firmen und Institutionen weltweit zu boykottieren, um endlich den von palästinensischen Gruppen erfundenen Israel-Boykott in der globalisierungskritischen Linken salonfähig zu machen. Umgehend übernahmen Professoren an britischen Universitäten den Aufruf und forderten einhellig Israels Niederlage ("Israel must lose!") - unter ihnen der unvermeidliche Slavoj Zizek und jener Ted Honderich, dem Micha Brumlik, weil er palästinensischen Terror gegen Israel moralphilosophisch zu begründen versucht hatte, einst "philosophischen Judenhass" attestierte."

     

    Wie kommen Sie zu der skandalösen Behauptung, der Aufruf zum Boykott israelischer Produkte, Firmen und Institutionen als "antisemitische Radikalisierung" zu bezeichnen? Wenn zum Boykott oder zu Wirtschaftssanktionen gegen andere Staaten aufgerufen wird, dann ist das ja auch kein "Antisemitismus" oder dergleichen. Ich bezeichne das, was Sie uns hier unterjubeln wollen, als "positiven Antisemitismus". Viele israelische Bürgerinnen und Bürger, die der israelischen Politik und dem Vorgehen des israelischen Militärs kritisch gegenüberstehen, würden sich von ihrer Antisemitismus-Definition distanzieren!

     

    Und Micha Brumlik zu erwähnen, macht die Sache auch nicht gerade besser, hat er sich in der Vergangenheit doch leider nur allzu häufig als unkritischer Lautsprecher der israelischen Regierung betätigt.

     

    6.) Sie schreiben:

     

    "Den ideologischen Boden für einen Israel-Boykott hatte Naomi Klein bereits mit ihrem letzten Buch gelegt (The Shock Doctrine: The Rise of Disaster Capitalism, 2007). Dort verbindet sie zwei abenteuerliche Behauptungen zu einem wahren Schauermärchen vom globalen Kapitalismus. Erstens: Dieser sei heute ein Katastrophenkapitalismus, der sich die Welt mittels Schocktherapien - seien es Kriege oder Umweltzerstörung, seien es neoliberale Sozial- und Wirtschaftsprogramme - gefügig mache. Zweitens: Nach 9/11 beziehe das internationale Kapital unter dem Vorwand des "Kriegs gegen den Terror" seine Profite vorwiegend aus der Vermarktung von Sicherheitstechnologie. Hauptprofiteur dieser Entwicklung sei der Staat Israel, der seinen einschlägigen Entwicklungsvorsprung in Sachen Sicherheit dank des Gazastreifens behalte, ein Freiluftgefängnis, das zugleich als "Labor für eine Festungswelt" diene, um an den Palästinensern als "Versuchskaninchen" die Mittel zur Einkerkerung, Überwachung und Ängstigung von Menschen zu testen ("Laboratory for a fortressed world", nachzulesen in The Nation)."

     

    Bei Naomi Klein scheinen bei Ihnen die Sicherungen durchzubrennen. Sie beschreibt in dem von Ihnen zitierten Buch, wie die Schockstrategie des "Katastrophen-Kapitalismus" in zahlreichen Ländern praktiziert wurde und wird. Die israelische Politik in den Palästinensergebieten ist nur eines von sehr vielen Länderbeispielen. Für Verschwörungstheorien, mit denen Sie in Ihrem Artikel operieren, eignet sich dieses Buch in keinster Weise!

  • F
    FreudsReinkarnation

    Das Handeln Israels ist Politik. Politik muß kritisierbar sein dürfen. Das dann mit dem Totschlagargument 'Antisemitusmus' abbügeln zu wollen, kann ich nicht nachvollziehen. Nur weil es Ihnen, Herrn Altmeyer, offensichtlich nicht paßt, dass Menschen über Nahost anders reflektieren als Sie, sind es keine als 'Antisemiten' zu beschimpfenden. Sie drücken sich zwar sehr gewählt aus in Ihrem Text, Herr Altmeyer,'Respekt' dem Andersdenkenden gegenüber fällt Ihnen nicht leicht. Ihre psychoanalytische Meinung durften Sie ja schon mal hier ablegen; wer Lust drauf hat, kann nachlesen: taz, 07.08.06. Titel: Kultur der Niederlage. (Über den Angriff Israels auf den Libanon)