Präsident gegen Entschädigung: Island lässt deutsche Sparer abblitzen
Der isländische Staatspräsident Grimsson will deutsche Sparer, die durch die Pleite der Kaupthing-Bank Geld verloren haben, nicht entschädigen. Es sei ungerecht, das zu erwarten, sagte er.
HAMBURG dpa Islands Staatspräsident Olafur Ragnar Grimsson hat sich vehement gegen eine Entschädigung deutscher Sparer durch die Kaupthing-Bank ausgesprochen. "Die Deutschen müssen begreifen, dass die Menschen in Island alles verloren haben", sagte Grimsson der Financial Times Deutschland. Vor diesem Hintergrund sei es den isländischen Steuerzahlern nicht zu vermitteln, dass sie jetzt auch noch für die Verluste deutscher Sparer aufkommen müssten.
Es sei ungerecht, dass ausländische Anleger erwarteten, dass Island die ganze Last der Finanzkrise trage, sagte das Staatsoberhaupt. "Ich bin überrascht von den Forderungen unserer Freunde im Ausland." Die weltweite Finanzkrise sei nicht allein eine isländische Angelegenheit, fügte Grimsson hinzu. Verantwortlich für den Bankencrash sei vielmehr das europäische Bankensystem, das dringend reformiert werden müsse, sagte Grimsson.
Island stand Anfang Oktober 2008 wegen der weltweiten Finanzkrise kurz vor einer Staatspleite. Die drei größten Banken des Inselstaates, darunter Kaupthing, mussten nach massiven Problemen verstaatlicht werden. Angelockt von hohen Zinsversprechungen hatten etwa 30 000 deutsche Sparer dort insgesamt 330 Millionen Euro angelegt. Seit dem Zusammenbruch der Bank ist dieses Vermögen eingefroren, deutsche Anleger bemühen sich bislang vergeblich um eine Auszahlung.
Allerdings hatte der Kaupthing-Zwangsverwalter vergangene Woche auf einer Gläubigerversammlung den deutschen Sparern Hoffnung gemacht. Kaupthing verfüge derzeit schon über 80 Prozent der insgesamt nötigen 330 Millionen Euro, sagte er. Die Bank wolle "so schnell wie möglich" in Absprache mit der deutschen Bankaufsicht Bafin mit den Auszahlungen beginnen.
Leser*innenkommentare
Amos
Gast
" Die Gier kommt vor dem Fall"! Aber meistens stehen
die Gierigen wieder auf. Nur die Anständigen bleiben
am Boden. Nur sind das bei den Gierigen die Dummen,
weil denen die kriminelle Energie fehlt.
David
Gast
Wir diskutieren hier tatsächlich nur eine fälschliche Berichterstattung der FTD.
Grimsson distanzierte sich inzwischen von der Darstellung der Zeitung, die er gegenüber dem Handelsblatt „irreführend“ nannte. Vielmehr habe er in dem Gespräch unterstrichen, dass es einen klaren und starken Willen gäbe, die Vereinbarungen der Banken mit den Gläubigern zu einem Abschluss zu bringen.
(http://www.handelsblatt.com/politik/international/wirbel-um-entschaedigung-fuer-kaupthing-sparer;2147105)
Martin
Gast
an David:
Der Vorgang bezieht sich nur auf die Anleger, die evtl. Verluste erleiden werden, also jene mit Anlagen über 20.000 Euro. Und genau diese sind selbst verantwortlich, weil es für ihr Geld über 20.000 Euro keine Sicherung gab. Ja, wer - wie Sie sagen wegen 0,1% mehr - sein Geld einer kleinen ausländischen Bank anvertraut, der ist gierig. Für 0,1% weniger bei einer deutschen Bank wäre alles abgesichert. Man wählt seine Bank nicht nach einer Lobskala, sondern zunächst anhand der Fakten. Wer sich nicht hinreichend auskennt, soll eben bei seiner Sparkasse oder Volksbank bleiben, um nicht auf die Schnauze zu fliegen.
virus-38
Gast
Dafür, dass der Isländische Staat zuvor für die Sicherheit der Einlagen garantiert hat, ist das jetzt ein glatter Wortbruch und dummdreister Betrug. Früher wär sowas ein Kriegsgrund gewesen. Und noch kurz zu dem teils tendeziösen Thread hier: Nicht die Anleger waren gierig, sondern die Banken. (Ersteres ist nicht umsonst das Rechtfertigungsargument der Banker.)Den Banken haben wir die Depression zu verdanken, die gerade auch für den Letzten sichtbar beginnt.
Hinterher sind vor allem immer diejenigen schlauer, die nix zum investieren haben. Aber auch denen wird ihre Bräsigkeit noch vergehen, wenn als nächstes die zentral-europäischen Staaten bankrott gehen. Alles noch dieses Jahr live mitzuerleben.
David
Gast
Ich bin selbst betroffen...
Und ich kann es nicht mehr hören dass ich risikofreudig sein soll...
Ich habe mich damals für die Kaupthing entschieden, weil die Bank allseits gelobt wurde (mit einer Ausnahme, wie ich aber erst im nachhinein herausfinden musste), die zuständige Bank in FFM, Deutschland war und eine Einlagensicherung bis 20.000€ bestand, was weit über meinen Anlagen ist... Und natürlich weil es 0,1% mehr Zinsen als bei anderen Banken gab, aber ich habe keine Aktien, Fonds oder Risikopapiere gekauft sondern ein einfaches KONTO eröffnet...
Abgesehen davon sind die Aussagen von Grimsson insofern für die Deutschen Sparer der Kaupthing irrelevant, als dass sie nicht vom Staate Island und seinen Steuerzahlern sondern vom Einlagen-Sicherungs-Fond entschädigt werden, und der ist nunmal dazu da Kunden auszubezahlen wenn die Bank hops geht...
casu
Gast
Das Geld ist ja gar nicht ganz futsch, sondern deutsche Sparer kriegen evt. nur 80 Prozent zurück. Das ist doch völlig ok für mehr Zinsen haben sie eben auch mehr risiken gehabt.
Wenn Risikosparer doch alles zurückbekommen, fragen sich andere doch zu recht, warum sie Geld sicher bei der Sparkasse deponieren.
Bert
Gast
Grimsson hat schon recht, wenn er nicht entschädigen will. Denn: Hohe Zinsen bedeuten hohes Risiko. Das sollten Zinszocker schon vorher gewusst haben; und wenn nicht, sind sie selber schuld.
Ede
Gast
Wer ein hohes Risiko eingeht muß auch mit den evtl Folgen rechnen bzw damit Leben können wenn diese eintreffen.
Martin
Gast
Mal ehrlich, wenn es umgekehrt wäre, würde Deutschland in der Not auch so handeln. Zumindest würde es die Mehrheit der Bürger auch so fordern. Letztlich sind die deutschen Anleger selbst verantwortlich. Sie waren gierig angesichts der hohen Zinsen jener Bank und haben die fehlende Einlagensicherung in Kauf genommen.